„Der Rechtsstaat muss Biss haben“: Bundesinnenminister Horst Seehofer (r.) spricht Klartext bei Maischberger. (Foto: Imago/Eibner)
Seehofer

„Der Rechtsstaat muss Biss haben“

Klartext von Horst Seehofer: Deutschland muss seine Gesetze durchsetzen und Zuwanderer an der Grenze abweisen, die bereits anderswo Asyl beantragt haben. Diese Position der CSU unterstützt eine deutliche Mehrheit der Bundesbürger.

„Es geht um die Funktionsfähigkeit unseres Rechtsstaates. Der Rechtsstaat muss den Biss haben, die Dinge, die er aufgrund von Gesetzen vorschreibt, auch durchzusetzen“, erklärte Bundesinnenminister Horst Seehofer am Mittwoch in der ARD-Sendung „Maischberger“. Insbesondere müssten Menschen, gegen die Deutschland eine Einreisesperre verhängt hat, direkt an der Grenze abgewiesen werden. Das geschehe seit letzter Woche, da er im Einvernehmen mit der Kanzlerin genau dies angewiesen habe. Laut Schätzung der Bundespolizei handle es sich bei dieser Gruppe um rund 100 Menschen im Monat.

Wenn jemand in Tschechien seinen Antrag gestellt hat, dann soll er dort sei Verfahren bekommen, er ist in Sicherheit und hat seinen Schutz. Der soll nicht nach Deutschland und das Verfahren noch einmal einleiten.

Horst Seehofer, CSU-Vorsitzender und Bundesinnenminister

Um wesentlich höhere Zahlen geht es bei der zweiten Gruppe von Migranten, die Seehofer ebenfalls direkt an der Grenze abweisen will: Diejenigen, die bereits in einem anderen EU-Staat Asyl beantragt haben oder sich dort als Asylbewerber haben registrieren lassen. 46.000 Migranten gehörten laut Zahlen der Bundespolizei 2017 zu dieser Gruppe. „Das geht meiner Meinung nach nicht, dass man einfach raussucht: Da einen Antrag, dort einen Antrag. Überall die Verfahren, die Kosten, die Abschiebungen und so weiter“, sagte der Bundesinnenminister. „Wenn jemand in Tschechien seinen Antrag gestellt hat, dann soll er dort sei Verfahren bekommen, er ist in Sicherheit und hat seinen Schutz. Der soll nicht nach Deutschland und das Verfahren noch einmal einleiten.“

Weiteres Vorgehen hängt vom Ergebnis des EU-Gipfels ab

Seehofer erklärte gleichzeitig, dass er sich im Ziel ganz einig sei mit der Bundeskanzlerin, diese Art des „Asyltourismus“ zu unterbinden. Die Ursprungsidee in Europa sei ja gewesen, dass die Staaten an der EU-Außengrenze die Migranten erst einmal aufnehmen und die Frage klären: Besteht Schutzbedarf oder nicht? Danach sollte in den EU-Staaten verteilt werden. Seehofer unterstrich, er wünsche sich und der Kanzlerin, dass sie auf dem EU-Gipfel in Brüssel eine Einigung im Asylstreit erreicht. „Wenn eine wirkungsgleiche europäische Lösung gelingt, dann ist die Frage eines nationalen Alleingangs erledigt. Wenn es nicht gelingt, werden wir am Sonntag, CDU und CSU, in ihren Parteigremien beraten und dann entscheiden, wie es weitergeht. Das hängt vom Inhalt des Ergebnisses ab.“

Ich möchte alle politische Kraft darauf verwenden, dass wir uns verständigen.

Horst Seehofer

Seehofer betonte: „Ich möchte alle politische Kraft darauf verwenden, dass wir uns verständigen.“ Und: „Wir werden das vernünftig, unter Aufrechterhaltung der beiderseitigen Glaubwürdigkeit, versuchen, aufzulösen.“ Zudem habe die CSU überhaupt kein Interesse daran, Kanzlerin Angela Merkel zu stürzen: „Ich kenne in meiner Partei niemanden, der die Regierung gefährden will in Berlin, der die Fraktionsgemeinschaft mit der CDU auflösen möchte, oder der gar die Kanzlerin stürzen möchte. Das Anliegen ist, eine Migrationspolitik der Zukunft zu formulieren, nachdem der Migrationsdruck an den Außengrenzen ja aufrecht erhalten ist, dass wir der Bevölkerung sagen können: Wir haben diese Sache jetzt im Griff.“

73 Prozent für Seehofers Asylplan

Zwar würden derzeit nur die drei Autobahn-Grenzübergänge von Österreich nach Bayern beinahe ständig kontrolliert, doch könne die Bundespolizei jederzeit anlassbezogen auch an den übrigen rund 60 Grenzübergängen kontrollieren. Seehofer wörtlich: „Wir kalkulieren auch mit der präventiven Wirkung. Wenn ein Staat zu erkennen gibt, das läuft nicht mehr so wie in der Vergangenheit, glauben Sie gar nicht, wie schnell sich das herumspricht, wie rasch die Reaktionen sein werden.“

Unterdessen gibt es demoskopischen Rückenwind für die CSU. In einer Umfrage für die BILD-Zeitung unterstützen 54,3 Prozent der befragten Bayern Seehofers Position im Asylstreit. Die Meinung der Kanzlerin vertreten nur 23,2 Prozent. Insgesamt sagen 55 Prozent der Bayern, sie könnten sich vorstellen, CSU zu wählen. Von den Anhängern der AfD waren es sogar 66 Prozent. In einer deutschlandweiten Erhebung von YouGov für das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) befürworten 51 Prozent der Bundesbürger „voll und ganz“, Flüchtlinge – wie von Seehofer geplant – an den Grenzen Deutschlands zurückzuweisen, die bereits anderswo in Europa registriert sind oder Asyl beantragt haben. Weitere 22 Prozent befürworteten dies „eher“. Also eine tendenzielle Mehrheit von 73 Prozent für die CSU-Position.