Asylbewerber zurückweisen als neue Aufgabe: Verstärkte Grenzkontrollen durch die Polizei, hier bei Kiefersfelden. (Bild: Imago/Roland Mühlanger)
Umfrage

Bayern stehen hinter der CSU

Die Mehrheit der Bayern stützt den Kurs der CSU: Fast 71 Prozent wollen sogar, dass die CSU die große Koalition beendet, wenn sich Horst Seehofer nicht mit dem Plan durchsetzen kann, Flüchtlinge an der deutschen Grenze zurückzuweisen.

Die CSU hat für ihre standhafte Haltung im Asylstreit mit der CDU nach einer Meinungsumfrage die Rückendeckung der großen Mehrheit der Bürger in Bayern. Dort befürworten fast 71 Prozent der Menschen einen Bruch der großen Koalition im Bund, wenn sich die CSU nicht mit ihrer Forderung durchsetzen sollte, künftig jene Flüchtlinge an der Grenze abzuweisen, die bereits in einem anderen EU-Staat registriert worden sind. Das ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag der Augsburger Allgemeinen ergeben. Nur rund 24 Prozent sind demnach anderer Auffassung.

Nur Grüne und SPD stützen Merkel-Kurs

Für die Aufkündigung sind 74,2 Prozent der CSU-Wähler, 61,1 Prozent der FDP-Wähler, 70,8 Prozent der FW-Wähler und sogar 57,7 Prozent der Linke-Wähler. Nur bei SPD (32,8 Prozent) und Grünen (25,4 Prozent) findet sich keine Mehrheit. Bundesweit liegt die Zustimmung zu einem Bruch der Koalition aus CDU/CSU und SPD der Umfrage zufolge immer noch bei rund 53 Prozent, rund 40 Prozent sind dagegen.

Die Frage lautete: „Sollte die CSU die große Koalition aufkündigen, wenn sie sich nicht damit durchsetzt, Flüchtlinge an der deutschen Grenze abzuweisen?“ Darauf antworteten in Bayern 55,0 Prozent der Befragten mit „ja, auf jeden Fall“ und weitere 15,6 Prozent mit „eher ja“. Nur 15,4 Prozent der Befragten antworteten „nein, auf keinen Fall“ und 8,7 Prozent „eher nein“. Unentschieden waren in Bayern 5,3 Prozent der Befragten.

CSU will keinen Bruch der Union

Ein Ende der Koalition ist aber nicht im Sinne der CSU, wie Bundesinnenminister Seehofer der Bild am Sonntag sagte: „Niemand in der CSU hat Interesse, die Kanzlerin zu stürzen, die CDU/CSU-Fraktionsgemeinschaft aufzulösen oder die Koalition zu sprengen.“ Aber er betonte auch die Notwendigkeit seines Masterplans: „Wir wollen endlich eine zukunftsfähige Lösung für die Zurückweisung von Flüchtlingen an unseren Grenzen.“

Wir wollen endlich eine zukunftsfähige Lösung für die Zurückweisung von Flüchtlingen an unseren Grenzen.

Horst Seehofer

In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom Montag schrieb er, die Lage sei „ernst, aber bewältigbar“. Es sei von entscheidender Bedeutung, „dass der EU-Gipfel Ende Juni endlich zu Beschlüssen kommt, die Deutschlands Lasten in der Migrationspolitik anerkennen und einen wirksamen Schutz der EU-Außengrenzen und eine faire Verteilung der Menschen mit Bleiberecht ebenso gewährleisten wie eine schnelle Rückführung der Menschen ohne Bleiberecht“. Als Innenminister müsse er das Recht haben, Migranten, denen „nach Auslegung europäischen Rechts“ eine Zuwanderung nach Deutschland nicht zustehe, an der Grenze zurückweisen zu lassen. „Darüber sollten wir in CDU und CSU diskutieren, gemeinsam und mit dem Ziel einer einvernehmlichen Lösung. Es geht nicht um ein Bundesland, es geht um den Zusammenhalt in Deutschland und Europa.“

Seehofer machte deutlich, warum er das so sieht: „Gefühlter Kontrollverlust und teilweise auch Kontrollverzicht haben zu einem Erstarken populistischer Kräfte in Deutschland und Europa geführt. Daher muss politische Führung in Deutschland und Europa den Bürgern wieder glaubhaft machen, dass wir Migration steuern können, dass wir Kontrolle über die Geschehnisse haben und dass die Bürger sich nicht sorgen müssen und ihrem Leben nachgehen können.“

Signale der Entspannung

Auch der CSU-Vizevorsitzende und Vorsitzende der EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber, zeigte sich in der FAZ optimistisch: „Ich bin zuversichtlich, dass CDU und CSU einen gemeinsamen Weg finden werden.“ Die CSU ist und bleibe Europapartei. „Auch wir wollen eine europäische Lösung der Migrationsherausforderung.“ Weber forderte: „Wir wollen Frontex zu einem echten europäischen Grenzschutz ausbauen.“ Zudem brauche Europa gemeinsame Standards bei der Anerkennung und Versorgung von Asylbewerbern. Direkt an der EU-Außengrenze müsse künftig festgestellt werden, wer eine Bleibeperspektive habe und wer nicht. Darüber hinaus brauche es eine europäische Strategie für die Entwicklung Afrikas.

Wir sind gerecht, humanitär, christlich. Aber Deutschland kann das Flüchtlingsproblem nicht allein schultern.

Andreas Scheuer

„Ich gehe davon aus, dass der CSU-Parteivorstand die Linie Horst Seehofers stärkt, dass jetzt zeitnah das Problem gelöst werden muss, es aber nicht um zwei Wochen geht“, sagte CSU-Parteivize Angelika Niebler dem Handelsblatt. Mit der geplanten Zurückweisung von Flüchtlingen, die bereits in einem anderen EU-Land registriert sind, könne aus technischen Gründen „ohnehin erst in zwei Wochen begonnen werden“.

Druck der CSU zeigt Wirkung

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer sagte der WamS, der CSU gehe es nicht darum, ein Ende der Unionsfraktion im Bundestag oder der Regierung zu provozieren. Die CSU wolle Einigkeit innerhalb der Union, aber sie wolle auch „Haltung und Handlung“. Es müsse in Ordnung gebracht werden, was seit Jahren nicht richtig laufe, sagte er zur Flüchtlingspolitik. Die CSU reagiere mit dem Masterplan auf die Stimmung in der Bevölkerung, nicht auf den Landtagswahlkampf in Bayern. Von einem deutschen Alleingang könne ohnehin keine Rede sein, so Scheuer. Schließlich nehme Deutschland mehr Flüchtlinge als alle anderen EU-Mitgliedstaaten zusammen auf. „Wir sind gerecht, humanitär, christlich. Aber Deutschland kann das Flüchtlingsproblem nicht allein schultern.“ Zurückweisungen seien notwendig. „Die Staatsgewalt muss das Staatsvolk und das Staatsgebiet schützen.“

Der Druck der CSU zeigt offenbar Wirkung: Die Bild berichtete, dass Kanzlerin Angela Merkel an einem kurzfristigen Spitzentreffen noch vor dem EU-Gipfel Ende Juni mit Vertretern mehrerer EU-Staaten arbeite, unter anderem mit Griechenland, Italien und Österreich. Das Thema: Lösungen für die Flüchtlingskrise.

(dpa/Augsburger Allgemeine)