Merkel lehnt CSU-Kompromisse ab
Im Streit um die Zurückweisung bestimmter Migranten an der deutschen Grenze hat Bundeskanzlerin Merkel zwei Einigungsvorschläge der CSU abgelehnt. Einer aktuellen Umfrage zufolge fordert die klare Mehrheit der Deutschen eine härtere Asylpolitik.
Zuwanderung

Merkel lehnt CSU-Kompromisse ab

Im Streit um die Zurückweisung bestimmter Migranten an der deutschen Grenze hat Bundeskanzlerin Merkel zwei Einigungsvorschläge der CSU abgelehnt. Einer aktuellen Umfrage zufolge fordert die klare Mehrheit der Deutschen eine härtere Asylpolitik.

In der Auseinandersetzung zwischen CDU und CSU über die Flüchtlingspolitik ist noch keine Einigung abzusehen. Die CSU beharrt darauf, dass künftig bestimmte Migranten an der deutschen Grenze zurückgewiesen werden. CSU-Generalsekretär Markus Blume sagte dem Bayerischen Rundfunk, man müsse „die Zeit des Redens beenden und in den Modus des Handelns kommen“. Nach den Worten Blumes sei jetzt eine „echte Asylwende“ nötig. Er nannte den kommenden Montag entscheidend, dann werde der CSU-Vorstand Parteichef und Bundesinnenminister Horst Seehofer volle Rückendeckung geben. Nach Aussage Blumes kann Seehofer auch aus eigener Verantwortung seinen „Masterplan Migration“ umsetzen.

CSU machte Vorschläge zur Einigung

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will dagegen in den kommenden zwei Wochen eine Lösung auf europäischer Ebene suchen. Nach übereinstimmenden Berichten hat die Bundeskanzlerin zwei Kompromissangebote der CSU abgelehnt. Die CSU habe bei dem Krisentreffen am Mittwoch im Bundeskanzleramt zunächst vorgeschlagen, sofort mit Zurückweisungen weiterer Asylbewerber an den deutschen Grenzen zu beginnen – dies aber bei einem Erfolg des EU-Gipfels in zwei Wochen wieder zu beenden.

Es gilt jetzt endlich, alte Fehler zu beheben und das Richtige zu tun. Dazu gehört ganz klar, deutsches und europäisches Recht wieder anzuwenden und die Grenzen zu sichern.

Markus Söder, bayerischer Ministerpräsident

Außerdem habe die CSU den Vorschlag gemacht, jetzt schon weitere Zurückweisungen an den Grenzen zu beschließen – aber nur für den Fall, dass die Verhandlungen auf europäischer Ebene scheitern. Dies hätte Merkel also faktisch zwei Wochen Zeit gegeben. Auch diesen zweiten Vorschlag habe die Kanzlerin abgelehnt, hieß es aus CSU-Kreisen.

Eine Frage der Glaubwürdigkeit

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder begründete am Donnerstagabend in den ARD-Tagesthemen das Vorgehen der CSU. Wenn man den Satz ernst nehme, dass sich 2015 nicht wiederholen dürfe, brauche man eine grundlegende Veränderung – und dazu gehöre die Sicherung der Grenzen, so Söder. Merkel hatte diesen Satz zuletzt immer wiederholt. Es gehe dabei nicht um Eitelkeiten, so Söder, sondern darum, „was richtig ist“. Zu einem möglichen Bruch der Koalition sagte er: „Wir wollen auf keinen Fall riskieren, Glaubwürdigkeit zu verlieren.“

Wir müssen endlich den Asyl-Tourismus beenden.

Markus Söder

Der Bild-Zeitung sagte Söder, die CSU werde Seehofer am Montag im Parteivorstand „Rückendeckung für die Zurückweisung an der Grenze geben“. Es gehe jetzt darum, alte Fehler zu beheben. „Dazu gehört ganz klar, deutsches und europäisches Recht wieder anzuwenden und die Grenzen zu sichern“, sagte Söder. „Wir müssen endlich den Asyl-Tourismus beenden.“ Die CSU sei überzeugt, so Söder, „dass das Schicksal der Demokratie in Deutschland“ davon abhänge, ob Politik und Regierung in der Lage seien, die Sorgen der Bevölkerung aufzunehmen.

Unterstützung aus der CDU

Seit Tagen streiten CDU und CSU darüber, ob auch Asylbewerber ohne Papiere und solche, die bereits in anderen EU-Ländern als Asylbewerber registriert sind, nicht mehr über die deutsche Grenze gelangen dürfen. Die CSU will diese künftig zurückweisen, Merkel lehnt dies ab. Lediglich bei Personen, deren Asylantrag in Deutschland bereits abgelehnt wurde, signalisierte das CDU-Präsidium Kompromissbereitschaft: Diese sollen bei einem zweiten Versuch der Einreise sofort zurückgewiesen werden. Das betrifft allerdings nur sehr wenige Menschen.

Raum für Kompromisse in dieser Sache sieht der CDU-Bundestagsabgeordnete Christian von Stetten nicht. „Die gesamte Politik besteht aus Kompromissen, aber die Frage, ob wir an der Grenze bestimmte Personengruppen abweisen, kann nur mit Ja oder Nein beantwortet werden“, sagte er der Heilbronner Stimme. Die Unionsfraktion sei klar auf der Seite Seehofers und werde seinem Asyl-Masterplan zustimmen, falls dieser zur Abstimmung gestellt würde. Zwar sei eine europäische Lösung immer die bessere, sagte von Stetten. „Aber auf diese warten wir bereits seit zweieinhalb Jahren – und deshalb muss jetzt gehandelt werden.“

Auch der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) verlangt, das Dublin-Abkommen wieder anzuwenden. „Es existieren gültige Verträge, die eingehalten werden müssen“, sagte Kretschmer dem Münchner Merkur. Es gehe darum, wieder geordnete Verfahren in Kraft zu setzen. „Die Bereitschaft der Schengen-Staaten, Kraft und Geld in die Sicherung der EU-Außengrenzen zu investieren, steigt  proportional mit der Wahrscheinlichkeit, dass die Flüchtlinge nicht einfach weiter in andere Staaten reisen können.“

Umfrage stärkt CSU-Kurs

Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass auch die Mehrheit der Bundesbürger eine härtere Asylpolitik unterstützt. Im ARD-Deutschland-Trend sagen 86 Prozent der Deutschen, sie hielten eine konsequentere Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern für richtig. Ähnlich deutlich ist die Haltung in anderen Fragen zum Umgang mit Zuwanderern. So befürworten 69 Prozent der Befragten Sachleistungen statt Geldleistungen für Asylbewerber. Für die Einrichtung von Anker-Zentren, wie sie Bundesinnenminister Seehofer vorbereitet, sind 61 Prozent der Deutschen. Auch bei der strittigen Zurückweisung an der Grenze zeichnet sich ein eindeutiges Meinungsbild ab: 62 Prozent der Bundesbürger sagen, dass Flüchtlinge ohne Papiere nicht nach Deutschland einreisen dürfen.

(dpa/BK)