Trotz bislang fehlender Beschlüsse hinkt die große Koalition nach Ansicht von Bundesinnenminister Horst Seehofer in der Wohnungspolitik keineswegs hinter den eigenen Ansprüchen hinterher. Mit Blick auf das Treffen der Koalitionsspitzen von SPD und Union auf der Zugspitze sagte der CSU-Chef, es sei falsch, bei dem Treffen von einem Krisengipfel zu sprechen. Unter anderem sollen Entscheidungen zum Wohnungsprogramm des Bundes und zum Mietrecht getroffen werden, betonte Seehofer. „Ich sage noch mal: wir sind da voll im Plan.“ Es sei ein Arbeitstreffen und nichts anderes, erklärte er.
Wir müssen vor allem die Voraussetzungen schaffen, dass mehr gebaut wird und dass junge Familien eher Wohneigentum erwerben können.
Volker Kauder, CDU/CSU-Fraktionschef
Hoch oben auf der Zugspitze wollen die Spitzen der Bundestagsfraktionen von Union und SPD den Weg ebnen, dass nicht immer mehr Geld für Wohnungskauf und Mieten draufgeht. Bei einer Klausurtagung auf Deutschlands höchstem Berg, der Zugspitze, unter Leitung der Fraktionsvorsitzenden von Union und SPD soll unter anderem der Weg bereitet werden für eine Wohnungsbauoffensive und Maßnahmen gegen stark steigende Mieten. Weitere Themen sind der dramatische Fachkräftemangel, der Klimaschutz und die Herausforderungen in der Arbeitswelt durch den zunehmenden Einsatz intelligenter Roboter. Am Dienstag sollen die Beratungen im oberbayerischen Murnau am Staffelsee fortgesetzt werden.
Baukindergeld und Wohnungsbau-Offensive
Die beiden Fraktionschefs und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt demonstrierten vor dem Treffen Einigkeit und äußerten sich ähnlich wie Seehofer. Die geplanten Vereinbarungen würden „wichtige Zeichen für die gesamte Legislaturperiode setzen“, sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU). Er betonte: „Wir müssen vor allem die Voraussetzungen schaffen, dass mehr gebaut wird und dass junge Familien eher Wohneigentum erwerben können.“ Dies sei die beste Altersvorsorge. Die SPD-Partei- und Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles setzt auf ein rasches Paket der großen Koalition zur Dämpfung des Mietenanstiegs in Städten und für eine Wohnungsbau-Offensive. „Wir haben uns viel vorgenommen. Gerade beim Thema bezahlbares Wohnen und Mieten wollen wir zügig vorankommen und erste Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag umsetzen“, sagte Nahles. „Das Wohnen ist die soziale Frage unserer Zeit, die Menschen warten darauf, dass jetzt etwas passiert.“ Sie betonte, es sei gut, dass Bauminister Seehofer das Thema zügig angehe.
Ich hielte das für eine gute Idee.
Annegret Kramp-Karrenbauer, CDU-Generalsekretärin, zu Steuersenkungen
„Die notwendigen Änderungen des Grundgesetzes für den sozialen Wohnungsbau hat Finanzminister Olaf Scholz bereits im Kabinett auf den Weg gebracht“, sagte Nahles. Dabei geht es darum, dass der Bund auch über 2019 hinaus den sozialen Wohnungsbau mit Milliardensummen fördern darf. Sonst wäre das Ländersache. Geplant sind zusätzliche Mittel von zwei Milliarden Euro. Union und SPD haben sich vorgenommen, den Wohnungsbau so anzukurbeln, dass bis 2021 in Deutschland rund 1,5 Millionen neue Wohnungen entstehen. Mangel an Wohnungen gerade in Städten gilt als Hauptgrund für die gestiegenen Immobilienkosten und den vielerorts ebenfalls starken Mietenanstieg.
Beobachter erwarten, dass die Fraktionsspitzen um Nahles, Kauder und Dobrindt konkrete Pläne präsentieren werden, die dann rasch gesetzlich geregelt werden sollen. Um junge Familien beim Hauskauf oder Hausbau zu unterstützen, sollen die Details eines Baukindergelds geregelt werden: Es soll rückwirkend ab dem 1. Januar 2018 gelten, wie CSU-Landesgruppenchef Dobrindt erklärte. Anspruch darauf sollen Familien haben, die unter einer Einkommensgrenze von 75.000 Euro pro Jahr liegen. Diese Grenze verschiebt sich um 15.000 Euro pro Kind nach oben. Für den Kauf einer Wohnung sollen über einen Zeitraum von zehn Jahren 1200 Euro pro Kind und Jahr gezahlt werden, also 12.000 Euro – bei drei Kindern 36.000 Euro. Bundesbauminister Seehofer schätzt, dass davon bis zu 200.000 Familien profitieren könnten.
Steuerschätzer erwarten 60 Milliarden Euro Mehreinnahmen – Steuersenkung?
Mit Blick auf sich andeutende Steuermehreinnahmen hat CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer eine finanzielle Entlastung der Bürger gefordert. „Ich hielte das für eine gute Idee“, sagte die CDU-Politikerin im ZDF. Nach ihrer Auffassung hat die „Mitte unserer Leistungsträger“ das Gefühl, dass sie im Moment etwas zu kurz komme. Auf die Frage, wie die Mehreinnahmen verwendet werden sollen, sagte Kramp-Karrenbauer: „Es muss aus meiner Sicht ein Dreiklang sein: solide Haushaltsführung, schwarze Null; aber auch vielleicht in einem stärkeren Maße Entlastung der Bürgerinnen und Bürger direkt; und natürlich auch notwendige Investitionen.“
Nach einem Bericht des Handelsblatts zeichnet sich ab, dass Bund, Länder und Gemeinden dank der guten Konjunktur bis 2022 mit Steuermehreinnahmen von 60 Milliarden Euro rechnen können – gemessen an der letzten Schätzung vom vergangenen November. Auf den Bund entfielen davon rund 26 Milliarden Euro. Zur Berechnung der Steuereinnahmen sind in Mainz Experten des Arbeitskreises Steuerschätzung zusammengekommen. Drei Tage lang gehen sie die erwarteten staatlichen Einnahmen bei allen Steuerarten durch und rechnen diese dann zusammen. Dem Arbeitskreis Steuerschätzung gehören Experten von Ministerien, Forschungsinstituten und weitere Sachverständige an. Die Steuerschätzung bildet die Basis für die Haushalts- und Finanzplanung von Bund, Ländern und Kommunen.