Das verändert das neue Gesetz nicht: Die Polizei bleibt Freund und Helfer. (Bild: Münchner Polizei)
Polizeirecht

„Freiheit braucht Sicherheit“

Neuen Gefahren und Bedrohungen begegnet Bayern mit einem angepassten Polizeiaufgabengesetz. Ein Teil der Reform sind mehr Möglichkeiten zur Prävention. "Der Staat ist Garant der Freiheit", begründet CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer das Vorhaben.

„Es geht darum, die Befugnisse der Polizei zu modernisieren: für neue Bedrohungslagen, für neue Bedrohungsszenarien – Stichwort Terrorismus, Stichwort Cybercrime“, so begründete vor kurzem der CSU-Innenexperte und heutige Staatskanzleichef Florian Herrmann, die geplante Reform des Polizeiaufgabengesetzes. Dort wo Straftäter nur noch digitale Spuren hinterließen, müssten diese auch ermittelt werden können. „Das Ganze aber auf rechtstaatlicher Basis. Deshalb bedarf es entsprechender Regelungen im Gesetz“, führte Herrmann weiter aus.  Anfang Januar hatte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann den Gesetzentwurf im Landtag bereits vorgestellt. Nun diskutierten die Abgeordneten erneut über die Reform.

Freiheit braucht Sicherheit. Der Staat ist nicht der Feind der Freiheit der Bürger, sondern der Garant dafür.

Thomas Kreuzer

„Unsere Grundeinstellung dabei lautet: Freiheit braucht Sicherheit. Der Staat ist nicht der Feind der Freiheit der Bürger, sondern der Garant dafür. Er ist zur Risikovorsorge und Risikominimierung für die Bevölkerung verpflichtet“, sagte Thomas Kreuzer, der Vorsitzende der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag, vor der Beratung im federführenden Innenausschuss.

Opposition macht Gesellschaft „wehrlos“

Scharf griff Kreuzer die Opposition an. Indem sie der Polizei die von der Staatsregierung vorgesehenen präventiven Mittel verweigere, mache sie „unsere Gemeinschaft wehrlos“, kritisierte Kreuzer. „Es ist aber die oberste Aufgabe des Staates, für die Sicherheit seiner Bürger zu sorgen und Terroranschläge zu verhindern. Wir tun dafür alles Menschenmögliche auf der Basis des Grundgesetzes und der Bayerischen Verfassung“, erklärte der CSU-Fraktionschef. „Dadurch unterscheidet sich unsere erfolgreiche Sicherheitspolitik im Freistaat massiv von den Konzepten von SPD und Grünen. In Bayern leben, heißt sicherer leben als anderswo.“

Der Hintergrund: Die Grünen haben mit einer Verfassungsbeschwerde gedroht, weil sie befürchten, die Polizei bekäme „Geheimdienstkompetenzen“. Innenminister Herrmann nannte das eine „Desinformationskampagne“, CSU-Abgeordnete sprachen von unbegründeten „Übertreibungen“.

Auf Augenhöhe mit den Möglichkeiten der Kriminellen

Die Sicherheitsbehörden dürften nicht hinter den Möglichkeiten der Täter zurückbleiben, was auch im Vorfeld der Begehung schwerster Straftaten gelte, so Kreuzer weiter. „Die gesetzlichen Neuregelungen beachten dabei alle rechtsstaatlichen und verfassungsrechtlichen Vorgaben: Im neuen Polizeiaufgabengesetz sind vielfältige rechtsstaatliche Eingrenzungen der Befugnisse, wie Eingriffsschwellen, Richtervorbehalte, Verhältnismäßigkeitsgebote und Rechtsschutzmöglichkeiten vorgesehen, so dass ein Höchstmaß an Rechtssicherheit gewährleistet ist. Die Vorwürfe der Opposition, es werde hier ein Überwachungsstaat geschaffen, sind vollkommen haltlos.“

Wir stärken die Handlungsmöglichkeiten der Polizei und geben ihr zeitgemäße Befugnisse.

Thomas Kreuzer

Der Gesetzentwurf setze zudem die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, das 2016 eine BKA-Überwachung von Terroristen schon bei drohender Gefahr im Grundsatz erlaubt hatte, in verfassungskonformer Weise um und passe das Polizeiaufgabengesetz an die sogenannte EU-Datenschutzrichtlinie an. Weitere Änderungen tragen dem technischen Fortschritt Rechnung.

Mit Vorbildfunktion

Wenn die aktuellen Regelungen im PAG-Neuordnungsgesetz nicht erlassen werden würden, bestünde eine Gefahr für den Rechtsstaat, lautete auch das Fazit von Professor Kyrill-Alexander Schwarz von der Universität Würzburg bei der Expertenanhörung am 21. März im Bayerischen Landtag.

„Wir stärken die Handlungsmöglichkeiten der Polizei und geben ihr zeitgemäße Befugnisse, um die Bekämpfung von Kriminellen und Terroristen noch effektiver zu gestalten“, sagt Kreuzer abschließend. „Das bayerische Polizeigesetz könnte damit bald als Vorbild für Gesetzesnovellen in anderen Bundesländern dienen.“

Das neue Polizeiaufgabengesetz

Hier einige der wesentlichen Änderungen:

  • Die bayerische Polizei darf künftig schon bei einer „drohenden Gefahr“ aktiv werden, also wenn sie erwartet, jemand könnte in Zukunft eine Straftat begehen, ohne dass aber konkrete Pläne vorliegen. Dies ist besonders im Kampf gegen Terroristen wichtig, aber auch gegen Kriminelle.
  • Mehr Rechte bei der Ver- und Auswertung von DNA-Spuren.
  • Klare Regeln für den Grenzschutz, den Einsatz von Drohnen und ‚Bodycams‘. Die Bayerische Polizei soll die gleichen Befugnisse wie die Bundespolizei haben, wenn sie für den Bund grenzpolizeiliche Aufgaben wahrnimmt – etwa Illegale an der Grenze zurückweisen. Drohnen sollen bei der Ortung von Handysignalen oder bei der Vermisstensuche Hilfe leisten. Der Bodycam-Einsatz soll immer dann möglich sein, wenn dies zum Schutz von potentiellen Opfern und Polizeibeamten erforderlich ist.
  • Videotechnik soll für Muster- und Personenerkennung genutzt werden.
  • Bessere Cybercrime-Bekämpfung.
  • Bisher durften bayerische Polizisten im Ernstfall Handgranaten und Maschinengewehre einsetzen, künftig auch „Sprenggeschosse“. Im Kampf gegen schwer bewaffnete Terroristen kann dieser Einsatz notwendig werden.

Datenschutz und Bürgerrechte werden im neuen Gesetz gestärkt. So sollen europäische Datenschutzvorgaben (darunter Auskunfts- und Löschpflichten der Polizei) und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in seinem BKA-Urteil umgesetzt werden. Künftig ist für deutlich mehr polizeiliche Eingriffe die Zustimmung eines Richters erforderlich. Eine „Zentrale Datenprüfstelle“ wird eingerichtet, die sicherstellt, dass nur Daten für die Ermittlungsarbeit verwendet werden, die nicht den Kernbereich privater Lebensgestaltung betreffen.