„Deutschland braucht eine kritische Islam-Debatte“
Der Islam-Experte Bassam Tibi warnt eindringlich vor scheiternder Integration und vor arabischem Judenhass in Europa. Dass die sogenannte Islam-Konferenz nur mit vier eher strenggläubigen Islam-Verbänden geführt wird, hält er für falsch.
Islam

„Deutschland braucht eine kritische Islam-Debatte“

Der Islam-Experte Bassam Tibi warnt eindringlich vor scheiternder Integration und vor arabischem Judenhass in Europa. Dass die sogenannte Islam-Konferenz nur mit vier eher strenggläubigen Islam-Verbänden geführt wird, hält er für falsch.

„Den Islam“ an sich gibt es gar nicht. Das sagt im Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung Bassam Tibi, Göttinger Politikwissenschaftler syrischer Herkunft. In der aktuellen Islam-Debatte gibt er Innenminister Horst Seehofer recht. „Nein, der Islam gehört nicht zu Deutschland“, hatte Seehofer Mitte März der Tageszeitung Bild gesagt.

Dazu Tibi: „Es gibt 57 Länder mit vorwiegend islamischer Bevölkerung, zwei Milliarden Muslime und vierzehn Jahrhunderte islamische Geschichte. Gehört das alles zu Deutschland? Man kann das schlecht behaupten.“

Gefährdete Integration

Auch den von Seehofer-Kritikern erhobenen Vorwurf, der Innenminister spalte die Gesellschaft weist der Muslim Tibi zurück: „Die Gesellschaft ist schon gespalten. Zehn Prozent der Muslime in Deutschland sind beruflich und gesellschaftlich eingegliedert. 90 Prozent leben in Parallelgesellschaften.“ Die meisten von ihnen, so Tibi, „möchten auch gar nicht dazugehören“.

Fakt ist, dass die arabischen Flüchtlinge Deutschland verändern und nicht umgekehrt.

Bassam Tibi

Tibi hält die Integration muslimischer – vor allem arabischer – Zuwanderer für weitgehend gescheitert. Das läge allerdings „nicht nur an den Einwanderern, sondern auch an den Deutschen“. Denn die verstünden unter Integration nur Registrierung, Alimentierung, Unterbringung und Sprachkurse. Tibi: „Integration heißt aber, dass man eine Bürgeridentität annimmt. Zu einer Heimat gehört Identität. Wenn dieser Faktor ausgeschlossen wird bleibt nichts.“

Arabischer Judenhass

Mit Blick auf die seit 2015 hinzugekommenen syrischen Migranten warnt Tibi in einem Namensartikel in der Basler Zeitung vor einer Verschärfung der Integrationsproblematik. Der deutsche Professor syrischer Herkunft zeigt sich erschrocken über das, er heute auf Deutschlands Straßen hört: „Ich höre ein bäuerliches beziehungsweise ein Slum-Arabisch.“ Tibi warnt: „Fakt ist, dass die arabischen Flüchtlinge Deutschland verändern und nicht umgekehrt.“

Es gibt einen arabischen Antisemitismus unter den Migranten.

Bassam Tibi

Tibi warnt in diesem Zusammenhang vor tief verinnerlichtem Antisemitismus, denn gerade syrische Flüchtlinge nun nach Europa tragen: „Ich bin Damaskus ausgewachsen, da war Judenhass selbstverständlich: in der Schule, im Fernsehen, überall.“ Er selber sei als Antisemit nach Deutschland gekommen und erst in Frankfurt sozusagen umerzogen worden. Die Deutschen, so Tibi, müssten endlich begreifen: „Es gibt einen arabischen Antisemitismus unter den Migranten.“ Um dagegen vorzugehen brauche es Integrationskurse, „die mehr sind als Sprachkurse“.

Islamkonferenz mit Islamisten

Wie Seehofer plädiert auch Tibi nachdrücklich für „eine kritische Islam-Debatte“. Die aber werde von einem Teil der Politik unterdrückt und von einer „links-grünen Minderheit“, die die Medien dominiere. Nicht die Politik, sondern „die mächtigen muslimischen Verbände bestimmen, wo es langgeht“.

Die Islam-Konferenz ist deutsche Unterwerfung.

Bassam Tibi

Als „Veranstaltung der Unehrlichkeit“ kritisiert Tibi in diesem Zusammenhang die sogenannte Islam-Konferenz. Am Anfang hat er selber daran teilgenommen. Aber die Islamverbände hätten am Schluss durchgesetzt, dass keine individuellen Muslime – also nicht-organisierte moderate und liberale Einzelpersonen – mehr daran teilnehmen durften, berichtet Tibi. „Deutschland führt seinen Dialog nur noch mit vier Verbänden, die aus dem Ausland finanziert werden und islamistisch und schriftgläubig sind.“

An die deutsche Politik schickt Tibi eine eindringliche Warnung: „In der Islamkonferenz geht es nicht um die Integration von Muslimen, sondern um die Minderheitsrechte des organisierten Islams.“