Seehofer sagt, was die Menschen denken
Mit seiner Aussage, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, gibt Bundesinnenminister Horst Seehofer die Meinung der allermeisten Bundesbürger wieder. Zustimmung erhält der CSU-Vorsitzende dafür nicht nur aus der eigenen Partei.
Islam-Debatte

Seehofer sagt, was die Menschen denken

Mit seiner Aussage, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, gibt Bundesinnenminister Horst Seehofer die Meinung der allermeisten Bundesbürger wieder. Zustimmung erhält der CSU-Vorsitzende dafür nicht nur aus der eigenen Partei.

Für seine Aussage, der Islam gehöre nicht zu Deutschland erhält Bundesinnenminister Horst Seehofer viel Unterstützung aber auch Kritik. „Horst Seehofer spricht das aus, was die übergroße Mehrheit in unserem Land denkt: Der Islam gehört nicht zu Deutschland“, sagte CSU-Generalsekretär Markus Blume dem Spiegel. „Das ist keine Frage der Religionsfreiheit, sondern der kulturellen Prägung: Deutschland ist christlich-abendländisch geprägt und nicht durch den Islam.“ Wer solche Wahrheiten ausspreche, der spalte nicht, sondern führe eine ehrliche und notwendige Debatte. „Für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft ist die kulturelle Identität zentral. Nur eine Gesellschaft, die weiß, wofür sie steht, kann auch offen für andere sein“, so Blume weiter.

Der Islam hat keine Wurzeln in Deutschland.

CDU-Innenexperte Patrick Sensburg

Ähnlich argumentiert auch der ehemalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich. „Es ist gut, dass ein wichtiges Regierungsmitglied Dinge ausspricht, die von der großen Mehrheit des Volkes als selbstverständlich angesehen werden.“ Das schaffe das Vertrauen, das in den vergangenen Jahren verloren gegangen sei, sagte Friedrich gegenüber der Bild-Zeitung.

Seehofer warnt vor falscher Rücksichtnahme

Seehofer hatte in einem Interview mit der Bild gesagt, für ihn gehöre der Islam nicht zu Deutschland. Die hierzulande lebenden Muslime gehörten aber selbstverständlich zu Deutschland. Dies bedeute natürlich nicht, „dass wir deswegen aus falscher Rücksichtnahme unsere landestypischen Traditionen und Gebräuche aufgeben“.

Auch die neue Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) stützt Seehofer: „Ich bin der Meinung, wir sollten differenzieren. Es gibt nicht den Islam und das hat Herr Seehofer so auch gesagt“, sagte die stellvertretende CDU-Vorsitzende. Sie warnte vor Pauschalisierung: „Zu uns in Deutschland gehört keine Radikalisierung, gehören keine Fundamentalisten. Unsere Wurzel ist die christlich-jüdische. Aber natürlich gehören auch Menschen muslimischen Glaubens zu uns.“

Eindeutige Haltung der Bevölkerung

Der CDU-Innenexperte Patrick Sensburg erklärte ebenfalls gegenüber der Bild: „Der Islam hat keine Wurzeln in Deutschland, und daher sollte die Diskussion um offizielle muslimische Feiertage auch beendet sein. Gerade die Islamverbände sollten in nächster Zeit zeigen, dass die hier lebenden Muslime eine friedliche Bereicherung sind. Integration muss maßgeblich von ihnen ausgehen und ist eine Bringschuld.“

Auch eine deutliche Mehrheit der Bundesbürger stimmt mit Seehofer überein. Erst im vergangenen Jahr ergab eine Umfrage für das Magazin Cicero, dass nicht einmal jeder sechste Deutsche (17,9 Prozent) der Meinung ist, dass der Islam zu Deutschland gehöre. Zwei Drittel der Befragten (64,2 Prozent) lehnen diese Aussage ab. In den Jahren davor hatten zahlreiche Umfragen ähnliche Ergebnisse erbracht.

Merkel widerspricht Seehofer

Widerspruch erntete Seehofer dagegen unter anderem von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie erklärte, Deutschland sei zwar stark vom Christentum geprägt, aber inzwischen lebten auch vier Millionen Muslime in Deutschland. „Diese Muslime gehören auch zu Deutschland, und genauso gehört ihre Religion damit zu Deutschland, also auch der Islam.“ Man wolle einen Islam, der auf der Grundlage des Grundgesetzes basiert. „Wir müssen alles tun, um das Zusammenleben gut zu gestalten zwischen den Religionen“, sagte Merkel.

Unser Land Deutschland ist über Jahrhunderte vom Christentum kulturell geprägt worden.

Horst Seehofer, Bundesinnenminister

Seehofer selbst kommentierte die von ihm angestoßene Diskussion gelassen. Am Rande der Sitzung des Landtages in München, in der sein Nachfolger Markus Söder zum bayerischen Ministerpräsidenten gewählt wurde, sagte er, seine Interview-Aussage sei eine Meinung, die er seit Jahren vertrete. „Unser Land Deutschland ist über Jahrhunderte vom Christentum kulturell geprägt worden. Und deshalb ist der Satz, der Islam gehöre zu Deutschland, in dieser Form falsch. Das habe ich immer vertreten über lange Zeit in den letzten Jahren.“

Debatte um Christian Wulff

Seehofer weiter: „Natürlich haben wir die Toleranz und den Respekt vor anderen Religionsgemeinschaften.“ Und natürlich gehörten die hierzulande lebenden Muslime zu Deutschland. Er habe auch „ausdrücklich“ gesagt, „dass wir und ich persönlich sehr für den Dialog eintreten, für die Islam-Konferenz, damit wir hier eine Gemeinschaft bilden, miteinander leben und nicht nebeneinander her“, fügte er hinzu.

Wer so etwas sagt, hat keine Ahnung von Deutschland oder vom Islam.

Bassam Tibi über Christian Wulff

Der Satz „Der Islam gehört zu Deutschland“ war 2010 durch den damaligen Bundespräsidenten Christian Wulff geprägt worden. Er hatte heftige Debatten und Widerspruch ausgelöst. So reagierte der deutsch-syrische Islamologe Bassam Tibi auf Wulffs Aussage mit dem Satz: „Wer so etwas sagt, hat keine Ahnung von Deutschland oder vom Islam“. Auf Distanz zu Wulff ging auch dessen Nachfolger als Bundespräsident. „Nein“, er übernehme den Satz nicht, antwortete Joachim Gauck im Mai 2012 auf eine entsprechende Frage in einem Interview und fügte hinzu: „Ich hätte einfach gesagt, die Muslime, die hier leben, gehören zu Deutschland.“ Damit gebrauchte Gauck nahezu wörtlich die Formulierung, die auch Horst Seehofer jetzt verwendet hat.