Wirbt mit einer energischen Rede beim CDU-Parteitag für die Große Koalition: CDU-Chefin Angela Merkel. (Foto: Imago/Markus Heine)
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Große Mehrheit für Koalition

Der CDU-Parteitag hat nach ungewöhnlich intensiver Debatte dem GroKo-Koalitionsvertrag mit überwältigender Mehrheit zugestimmt. Kanzlerin Merkel warb entschlossen für die Annahme und kündigte eine umfassende Debatte über die CDU-Programmatik an.

In einer ungewöhnlich energischen Rede hat Parteichefin Angela Merkel auf dem CDU-Parteitag in Berlin für die Annahme des Vertrages für eine neue große Koalition geworben. Fünf Monate nach der Bundestagswahl versprach Merkel, Konsequenzen aus dem schlechten Ergebnis zu ziehen. „Wir wollen wieder besser abschneiden und Vertrauen zurückzugewinnen“, sagte Merkel unter Verweis auf die Verluste von 1,3 Millionen Stimmen an die FDP und eine Million an die AfD. Bei nur 27 Neinstimmen nahmen die 975 anwesenden Delegierten den Koalitionsvertrag mit überwältigender Mehrheit an.

Peter Tauber musste viel Kritik einstecken, die eigentlich mir galt.

Angela Merkel, CDU-Chefin, zum scheidenden Generalsekretär

„Wir alle haben gekämpft und wir alle waren enttäuscht“, sagte Merkel. „Die Verluste spornen uns an, die richtigen Antworten auf Sorgen und Unzufriedenheiten zu geben“. Dazu werde die umfangreiche programmatische Arbeit bis zum nächsten Parteitag im Dezember beitragen, für die die neue Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer sorgen werde. Zentrale Frage müsse sein, was das Land und die CDU ausmache, was sie stark mache. „Wir wären nicht die CDU, wenn wir uns ins Jammertal zurückzögen. Wir werden den Regierungsauftrag nicht den Wählern vor die Füße werfen, nur weil wir uns ein besseres Ergebnis erwartet haben“, betonte die CDU-Chefin.

Traumergebnis für „AKK“

Den stärksten Applaus des ganzen Parteitags erhielt Annegret Kramp-Karrenbauer, die schließlich mit 98,87 Prozent zur neuen CDU-Generalsekretärin gewählt wurde. In einer mitreißenden und kämpferischen Rede kündigte „AKK“ an, sie werde für inhaltliche Erneuerung und Einheit der CDU kämpfen: „Wir sind nur dann stark, wenn wir all unsere Wurzeln bespielen: christlich-sozial, konservativ und liberal. Diejenigen, die nur versuchen, uns in die eine oder andere Richtung zu drängen, haben alles im Sinn, aber keine starke Volkspartei CDU.“ Die CDU habe „viele Stimmen verloren, aber das werden wir nicht akzeptieren. Wir werden um diese Stimmen kämpfen“, rief die neue Generalsekretärin unter dem heftigen Applaus der Delegierten.

Das neue Grundsatzprogramm wird kein Beschäftigungsprogramm für die Partei werden nach dem Motto: Die Partei soll diskutieren, wir können in Ruhe regieren.

Annegret Kramp-Karrenbauer, neue CDU-Generalsekretärin

Zugleich hielt „AKK“ ein flammendes Plädoyer für starke Volksparteien: „Stabile Regierungen gibt es nur mit stabilen Parteien. Wir wollen wertebasierte starke Volksparteien. Wir wollen keine Sammlungsbewegung sein, die inhaltsleer irgendjemandem hinterherläuft, sondern eine starke Volkspartei.“ Hart attackierte „AKK“ die Konkurrenten FDP und AfD. Zum beginnenden Dialogprozess zum neuen CDU-Grundsatzprogramm versprach sie, der Basis genau zuzuhören. Die errungenen Positionen müssten dann aber auch im Regierungshandeln durchgesetzt werden, forderte die Generalsekretärin: „Das neue Grundsatzprogramm wird kein Beschäftigungsprogramm für die Partei werden nach dem Motto: Die Partei soll diskutieren, wir können in Ruhe regieren. Sondern wir werden das auch durchsetzen.“

Mehr als 50 Debattenbeiträge

Minutenlangen Applaus von den rund 1000 Delegierten erhielten die scheidenden Bundesminister Thomas de Maizière, Hermann Gröhe, Johanna Wanka – sowie in Abwesenheit der scheidende CDU-Generalsekretär Peter Tauber. „Peter Tauber musste viel Kritik einstecken, die eigentlich mir galt“, zeigte sich die CDU-Chefin selbstkritisch. Merkel warb auch um Unterstützung für ihre neue Kabinettsliste: Peter Altmaier soll Wirtschaftsminister, Jens Spahn Gesundheitsminister, Anja Karliczek Bildungsministerin, Julia Klöckner Landwirtschaftsministerin und Helge Braun Kanzleramtsminister werden. Ursula von der Leyen soll Verteidigungsministerin bleiben.

Die SPD hat ganz andere Ziele als wir. Wir wollen keine Transferunion, keine Schuldenunion.

Carsten Linnemann, MIT-Bundesvorsitzender

Die meisten der mehr als 50 Wortmeldungen signalisierten grundsätzliche Zustimmung zum Koalitionsvertrag, verbanden dies aber mit teils deutlicher Kritik an Merkel und ihrem Linkskurs. Die schärfste Ablehnung kam insbesondere aus dem christlich-konservativen, dem nationalkonservativen Lager sowie der Mittelstandsunion (MIT). MIT-Bundeschef Carsten Linnemann kritisierte insbesondere die Ressortverteilung: So habe die SPD, die wesentlich weniger Stimmen als die Union erhalten habe, den Erstzugriff auf die drei zentral wichtigen Ministerien Außen, Arbeit und Soziales sowie Finanzen gehabt.

Drastische Warnungen vor Moslem-Immigration

In Sachen Europa warnte Linnemann: „Die SPD hat ganz andere Ziele als wir. Wir wollen keine Transferunion, keine Schuldenunion.“ Jeder Mitgliedstaat müsse für sich selbst verantwortlich bleiben, es dürfe nur Hilfe zur Selbsthilfe geben. Falls es zu einem EU-Währungsfonds komme, müsse der Bundestag „immer das letzte Wort haben“, forderte Linnemann. Eugen Abler aus Baden-Württemberg kritisierte: „Die CDU hat das Profil eines abgefahrenen Reifens“, insbesondere durch die Gender-Ideologie, die Ehe für alle und den mangelhaften Einsatz für den Schutz des Lebens. Durch weitere massive Einwanderung insbesondere von Moslems, „die sich nur zu einem geringen Teil in Deutschland integrieren wollen“, werde sich Deutschland deutlich verändern, so Abler. Der Islam sei keine tolerante Religion.

Tausendfacher Rechtsbruch an den deutschen Grenzen.

CDU-Parteitagsdelegierter Dirk Nowak zur Flüchtlingspolitik

Der CDU-Delegierte Dirk Nowak aus Sachsen-Anhalt kritisierte, dass in der Aussprache bisher der „rosarote Elefant der deutschen Politik“ kaum erwähnt worden sei, nämlich die Flüchtlingspolitik und dem „tausendfachen Rechtsbruch an deutschen Grenzen“. Der Koalitionsvertrag ignoriere damit die größten Sorgen der Bevölkerung. Eine Minderheitenregierung wäre besser als eine Koalition mit SPD, so Nowak. Frank Oesterhelweg, Delegierter aus Niedersachsen, nannte es „peinlich“, dass die Bundesregierung nicht in der Lage sei, „unsere Soldaten vernünftig ausrüsten“. Führende Leute der Regierung sollten sich auch dann schützend vor die Soldaten stellen, wenn die öffentliche Kritik an der Bundeswehr wegen einzelner Skandale laut werde.

Merkel lobt Schulterschluss mit CSU

Merkel betonte, bei den „harten und intensiven“ Koalitionsverhandlungen sei „hart gerungen, Kompromisse eingegangen, aber auch viel durchgesetzt“ worden – unter anderem im engen Schulterschluss mit der CSU, denn zu keinem Zeitpunkt habe es „Zweifel über die Einigkeit der Union“ gegeben. So habe man den SPD-„Irrweg einer Bürgerversicherung abgewehrt – und das mit Recht“. In der Inneren Sicherheit bekannte Merkel sich zum Grundsatz der „Null-Toleranz“ gegen Kriminalität: „Sicherheit ist für die Union nicht verhandelbar.“

Antisemitismus habe in Deutschland absolut keinen Platz – egal ob „von Muslimen, von der AfD oder von Linksradikalen“, sagte Merkel. Zum Verlust des Finanzministeriums verwies Merkel auf das neu gewonnene Wirtschaftsministerium: Dieses sei das „Haus Ludwig Erhards, das Kraftzentrum der Sozialen Marktwirtschaft“, und überdies das Ministerium für Mittelstand, Energie, Digitalisierung, Handel sowie Bürokratieabbau. Das Wirtschaftsministerium bedeute eine „große Chance“ für die CDU: „Es liegt doch an uns, etwas daraus zu machen“, so Merkel.