Staatssekretär Johannes Hintersberger beim Festakt der CSU-Landesgruppe für die Russlanddeutsche Landsmannschaft. (Foto: Wolfram Göll)
Rußlanddeutsche

Wichtiger Teil Bayerns

Mit einem fröhlichen Festakt auf der Nürnberger Kaiserburg hat die CSU-Landtagsfraktion das 60-jährige Bestehen der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland gewürdigt. In die feierliche Stimmung mischte sich aber auch Kritik.

Unter dem Titel „Tradition bewahren, Zukunft gestalten“ hat die CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag das 60-jährige Bestehen der Landesgruppe Bayern der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland gefeiert. Zu dem Festakt auf der Nürnberger Kaiserburg sind nicht nur zahlreiche Vertreter der CSU – aus dem Landtag und kommunalen Vertretungen – sowie Vertriebenenfunktionäre gekommen, sondern auch sehr viele „einfache“ Russlanddeutsche, die sich der alten Heimat ebenso verbunden fühlen wie dem Freistaat Bayern und Deutschland insgesamt.

Sie sind die größte Gruppe an Wahlberechtigten in Deutschland, die nicht in Deutschland geboren ist. Das muss entsprechend gewürdigt werden.

Josef Zellmeier, CSU-Landtagsfraktionsvize

„450.000 Deutsche aus Russland leben und arbeiten in Bayern. Sie sind ein wichtiger Teil unserer Gesellschaft und bereichern unser Leben“, betonte der stellvertretende CSU-Landtagsfaktionschef Josef Zellmeier. Zellmeier betonte, er bedauere es sehr, dass die Deutschen aus Russland „nicht stärker in der Politik vertreten sind“. Unter Verweis auf Bemühungen, die politische Vertretung von Türken und anderen ausländischen Zuwanderer zu verstärken, sagte der Fraktionsvize, er würde es im Gegenzug sehr begrüßen, endlich einen Russlanddeutschen Abgeordneten im Landtag begrüßen zu können: „Sie sind die größte Gruppe an Wahlberechtigten in Deutschland, die nicht in Deutschland geboren ist. Das muss entsprechend gewürdigt werden.“

Fester Platz im Herzen

Nur zu gern wäre auch der designierte Ministerpräsident Bayerns, Markus Söder, zu dem Festakt im Rittersaal „seiner“ Kaiserburg gekommen. „Ihr wisst, Ihr habt einen festen Platz in meinem Herzen“, rief der Finanz- und Heimatminister den Besuchern des Festakts in seiner Videobotschaft zu. Schließlich ist Söder, wie er unterstrich, schon seit vielen Jahren Mitglied der Landsmannschaft. Doch leider musste er in Berlin die Koalitionsverhandlungen unterstützen: „Leider kann ich net dabei sein. Wer ist schuld? Die SPD“, sagte Söder zur Erheiterung des Auditoriums.

Der Unterschied ist: Die Deutschen aus Russland sind unsere Landsleute.

Markus Söder, designierter Ministerpräsident

Schon in der Schulzeit in Nürnberg habe er heftige Streitigkeiten mit linken Zeitgenossen ausfechten müssen, erzählte der designierte Ministerpräsident, um klarzumachen, dass Spätaussiedler keine Gastarbeiter sind: „Der Unterschied ist: Die Deutschen aus Russland sind unsere Landsleute.“ Vordringlich sei nun ein Diskurs über die deutsche Leitkultur: „Wir müssen darüber reden, was unser Land ausmacht. Nicht, dass wir uns hier anpassen müssen“, betonte Söder.

Schicksal der Vertriebenen im Geschichtsunterricht

Auch Sozial-Staatssekretär Johannes Hintersberger (CSU) lobte den Beitrag der Russlanddeutschen für das bayerische Gemeinwesen und der Landsmannschaft als deren Vertreter: „Wenn heute 450.000 Bürger ihre neue Heimat in Bayern gefunden haben und wichtige Aufgaben in der Gemeinschaft übernehmen, ist das auch Ihr Verdienst.“ Das Gedenken an Flucht und Vertreibung der Deutschen im Osten sei eben nicht etwas für die Ewiggestrigen, wie die linke Presse vorgaukle, sondern eine wichtige Grundlage des Zusammenlebens, so Hintersberger.

Viele Russlanddeutsche haben nach wie vor mit Vorurteilen zu kämpfen.

Adolf Fetsch, Ehrenvorsitzender der Landsmannschaft

Neben Lob für die starke politische Unterstützung der Russlanddeutschen durch die CSU artikulierten die Spitzenvertreter der Landsmannschaft auch Kritik – am deutlichsten der Ehrenvorsitzende der Landsmannschaft, Adolf Fetsch, der viele Jahre Vorsitzender des CSU-Ortsverbandes München-Nord/Am Hart war. „Viele unserer Landsleute waren schockiert, als sie merkten, dass die hiesigen Deutschen sie im Grunde nicht akzeptierten. Sie bekamen den Eindruck, dass manche es lieber gesehen hätten, dass die Russlanddeutschen dort im Osten geblieben wären und nicht nach Deutschland gekommen wären“, sagte Fetsch bei dem Treffen.

Tendenziöse Berichterstattung in linken Medien

Zudem habe ihn die „tendenziöse Berichterstattung“ linker Medien über die angebliche Rechtslastigkeit und AfD-Affinität der Russlanddeutschen geärgert, sagte Fetsch – wie auch über die angeblichen Reaktionen der Russlanddeutschen auf den „Fall Lisa“, der 13-jährigen Russlanddeutschen, die 2015 eine Vergewaltigung durch einen Flüchtling vorgetäuscht hatte. „Da wurden angebliche Repräsentanten der Russlanddeutschen interviewt, die niemanden repräsentieren als sich selbst“, kritisierte der langjährige Vorsitzende der Landsmannschaft.

Bundesvorsitzender Waldemar Eisenbraun kritisierte ebenfalls das verzerrte Bild, das manche Medien von den Russlanddeutschen zeichnen. Er regte an, das schwere Schicksal der Russlanddeutschen und anderen Heimatvertriebenen stärker im Geschichtsunterricht zu behandeln. Die Verfolgung in der Sowjetunion aufgrund der deutschen Volkszugehörigkeit sowie das Verbot, Deutsch zu sprechen, seien in Deutschland kaum bekannt. Zudem solle der Bund die pauschale Kürzung der Ostrenten um 40 Prozent aufheben. „Wir fordern kein Privileg, sondern die Abschaffung einer Diskriminierung“, so Eisenbraun.

Der bayerische Landesvorsitzende der Landsmannschaft, Ewald Oster, lobte den engen Kontakt zur CSU-Landtagsfraktion – vor allem für die Einrichtung einer Vollzeitstelle im Haus der Deutschen Ostens in München als Anlaufstelle für Kulturpflege, Geschichte, Anerkennung Berufsabschlüsse und binationale Gesetzgebung. „Das ist bereits beschlossen, dafür herzlichen Dank“, betonte Oster.