Die Koalitionäre von CDU, CSU und SPD kommen gut voran. Störend sind nur die Meckereien vom linken SPD-Flügel. (Foto: Imago/STPP)
Große Koalition

Einigung bei Pflege und Rente

Während die Verhandler von CDU, CSU und SPD sich bei den Themen Pflege und Rente einigen, hadert der linke Flügel der SPD mit dem Kompromiss zum Familiennachzug. Deutlich gestärkt wird die Pflege, die Rentenpläne sollen bezahlbar bleiben.

CDU, CSU und SPD kommen bei ihren Koalitionsverhandlungen voran. Für Alten- und Krankenpfleger soll eine bessere Bezahlung durchgesetzt werden. Auch bei der Rente kommen die Delegationen nach Angaben aus Koalitionskreisen in großen Schritten vorwärts.

Wir haben jetzt die ersten Vereinbarungen getroffen: beim Familiennachzug, bei der Rente, bei der Pflege. Ich denke, wir sind auch atmosphärisch auf einem guten Weg.

Horst Seehofer, CSU-Parteichef

Der für Gesundheit zuständige Unionsfraktionsvize Georg Nüßlein (CSU) sagte, man wolle auch die größeren Distanzen im ländlichen Bereich berücksichtigen. Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) erklärte, die Zahl der Pflegebedürftigen wachse, daher sollen pflegende Angehörige gestärkt sowie Leistungen zusammengefasst werden. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) betonte, Sofortmaßnahmen sollten für eine bessere Personalausstattung eingeleitet werden.

Rentenbeitragssatz bis 2025 maximal 20 Prozent

Die Unterhändler von CDU, CSU und SPD haben sich offenbar darauf geeinigt, dass der Rentenbeitragssatz bis 2025 nicht über 20 Prozent steigen soll. Bereits in den Sondierungen war vereinbart worden, dass bis 2025 auch das heutige Niveau der gesetzlichen Rente von 48 Prozent eines Durchschnittslohns festgeschrieben werden soll. Diese Festschreibung gilt als möglich, weil mit weiter sinkenden Arbeitslosenzahlen und einer Zunahme von sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen gerechnet werde, hieß es zur Begründung.

Wir alle kennen den Kollegen Stegner, der ist eine ausgesprochene Konsensbremse.

Horst Seehofer

Bei dem von der CSU durchgesetzten Plan einer ausgeweiteten Mütterrente sollen die Mehrausgaben nicht aus zusätzlichen Steuermitteln bestritten werden. Mütter, die vor 1992 drei oder mehr Kinder zur Welt gebracht haben, sollen künftig auch das dritte Jahr Erziehungszeit in der Rente angerechnet bekommen. Erwartet werden dafür Kosten von 3,4 Milliarden Euro. Die geplante Grundrente „10 Prozent oberhalb der Grundsicherung“ dürfte vergleichsweise niedrige Kosten im dreistelligen Millionenbereich verursachen, hieß es.

SPD-Linke unzufrieden

CSU-Chef Horst Seehofer zog insgesamt ein positives Zwischenfazit der Koalitionsgespräche. „Wir haben jetzt die ersten Vereinbarungen getroffen: beim Familiennachzug, bei der Rente, bei der Pflege. Ich denke, wir sind auch atmosphärisch auf einem guten Weg“, sagte Seehofer in Berlin. „Ich habe den Eindruck, dass in den Parteispitzen und -führungen viel Wille da ist, diese gemeinsamen Lösungen auch gemeinsam zu vertreten.“

Der linke Flügel der SPD hadert aber weiter mit dem Kompromiss zur Flüchtlingspolitik. Über SPD-Vize Ralf Stegner sagte deshalb Seehofer: „Wir alle kennen den Kollegen Stegner, der ist eine ausgesprochene Konsensbremse. Und deshalb hat es auch keinen Sinn, sich furchtbar lange und tief damit zu beschäftigen, was Herr Stegner sagt.“ Der SPD-Linke hatte zuvor die Nachzugsregel kritisiert und gesagt, bei einer Neuauflage von Schwarz-Rot gehe es „maximal“ um eine Lebensabschnittspartnerschaft, „die dann hoffentlich bald auch wieder enden wird“. Auch Juso-Chef Kevin Kühnert bemängelte, der Kompromiss folge nicht den Forderungen des Bonner SPD-Parteitags.

Wenn man etwas vereinbart, dann muss man auch mit Überzeugung anschließend dazu stehen und es so vertreten.

Joachim Herrmann, Bayerns Innenminister, zur SPD

Union und SPD hatten sich zuvor über den Familiennachzug von Flüchtlingen mit eingeschränktem Schutzstatus verständigt. Demnach bleibt der Zuzug bis Juli ausgesetzt, danach gilt eine Höchstzahl von 1000 Familienangehörigen pro Monat plus einer sehr eng gefassten Härtefallregelung, die bereits bestand.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann sagte im ZDF, eines der Probleme der Sozialdemokraten sei, „dass man sich einerseits auf etwas einigt, es aber anschließend Teile der SPD gibt, die dann erklären, dass sie nicht zufrieden sind“, so der beim Thema Migration federführende CSU-Unterhändler. „Wenn man etwas vereinbart, dann muss man auch mit Überzeugung anschließend dazu stehen und es so vertreten. Wenn man es anschließend immer wieder in Frage stellt, ist das für eine künftige Regierung nicht ganz einfach.“

Koalitionsvereinbarung zur Pflege

SOFORTPROGRAMM: 8000 neue Fachkräfte für Behandlungspflege sollen in den Heimen angestellt werden. Gemeint ist unter anderem Wundversorgung, Verbandswechsel, Arzneigabe. Zwischen Grund- und Behandlungspflegern wird in Altenheimen heute nicht unterschieden, 400.000 gibt es, der Paritätische Gesamtverband schätzt den Zusatzbedarf mittelfristig auf 100.000. Union und SPD haben vereinbart, dass die Mehrkosten nicht zulasten der Pflegebedürftigen gehen sollen.

KONZERTIERTE AKTION: Die soll nach dem Sofortprogramm kommen. Instrumente zur Personalbemessung sollen entwickelt, eine Ausbildungsoffensive gestartet, Anreize für verstärkte Rückkehr von Teil- in Vollzeit geschaffen, das Schulgeld in allen Gesundheitsberufen abgeschafft werden.

BESSERE BEZAHLUNG: Tarifverträge in der Pflege sollen flächendeckend angewendet und bundesweit angeglichen werden. Der Pflege-Mindeststundenlohn in West (10,55 Euro) und Ost (10,05 Euro) soll angeglichen werden. Heute sind die Unterschiede bei der Bezahlung zwischen den Ländern oft deutlich.

PFLEGENDE ANGEHÖRIGE: Angehörige von Pflegebedürftigen sollen einen Rechtsanspruch auf eine Auszeit mit Reha-Leistungen bekommen. Pflegeangebote sollen in einem jährlichen Budget zusammengefasst werden, so dass sie flexibel in Anspruch genommen werden können. Kurzzeit-, Verhinderungs-, Tages- und Nachtpflege sollen zusammengelegt werden: Ein Antrag für alles. Wenn Vater oder Mutter ins Heim müssen, soll auf das Einkommen von Angehörigen erst ab 100.000 Euro zurückgegriffen werden.