Jagd auf Polizisten
Linksautonome rufen im Netz zur Gewalt gegen Polizisten auf. Dazu haben sie gezielt Fotos von Beamten veröffentlicht. In der Politik löst die Aktion Entsetzen aus. Zuvor startete die Polizei eine Fahndung nach Randalierern des G20-Gipfels.
Extremismus

Jagd auf Polizisten

Linksautonome rufen im Netz zur Gewalt gegen Polizisten auf. Dazu haben sie gezielt Fotos von Beamten veröffentlicht. In der Politik löst die Aktion Entsetzen aus. Zuvor startete die Polizei eine Fahndung nach Randalierern des G20-Gipfels.

Die Hamburger Gewaltorgie im Juli anlässlich des G20-Gipfels hat dem ultralinken Spektrum Aufwind gegeben. Ein Beweis für die zunehmende Gewaltbereitschaft liegt jetzt vor. Auf dem Szeneportal „indymedia.org“, das im Gegensatz zu „indymedia.linksunten“ weiterhin online ist, veröffentlichten Linksextremisten anonym einen Gewaltaufruf. Er enthält Fotos von 54 Berliner Polizisten und Polizistinnen, die an Häuserräumungen im Stadtteil Friedrichshain teilgenommen haben sollen. Dazu schrieben die Linksextremisten auf indymedia.org: „Wir freuen uns über Hinweise, wo sie wohnen oder privat anzutreffen sind. Neben der Teilnahme an der Räumung können sie bedenkenlos für die Gewalt der drei Wochen der Belagerung verantwortlich gemacht werden.“

Die Bewohner des Hauses hatten im Sommer 2016, als noch SPD und CDU regierten, von einem „permanenten Belagerungszustand“ rund um die Rigaer Straße 94 gesprochen. Das teilbesetzte Gebäude gilt in der Szene als „Freiraum“ und Symbol des „Widerstands gegen den totalitären Polizeistaat“.

Entsetzen in der Politik

Der CDU-Innenpolitiker Armin Schuster verurteilte die Veröffentlichung von Fotos von Polizisten durch Linksautonome scharf. „Das ist der Beginn von Terror“, sagte Schuster im ZDF-Morgenmagazin. Der Staat könne es sich nicht bieten lassen, „wenn Jagd gemacht wird auf Polizeibeamte“. Die Polizeigewerkschaften reagierten entsetzt. „Das muss strafrechtliche und politische Konsequenzen haben“, verlangte die Gewerkschaft der Polizei (GdP).

Der CDU-Politiker Kurt Wansner, der den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg im Abgeordnetenhaus vertritt, zeigte sich ebenfalls empört: „Das kommt einem Mordaufruf gleich.“ Er lenkte den Blick auf die Rigaer Straße 94. „Solange wir diese brutale Unruhestätte haben, von der Gewalt ausgeht und proklamiert wird, ändert sich nichts.“

Größte Fahndung dieser Art

Der Aufruf ist eine Reaktion auf die öffentliche Fahndung der Polizei. Mit zum Teil gestochen scharfen Bildern sucht die Polizei seit dem 18. Dezember nach 104 mutmaßlichen Beteiligten an den G20-Krawallen in Hamburg. Die Fotos wurden zusammen mit Videosequenzen des Tatgeschehens auf die Internetseite polizei.hamburg.de gestellt. Die Aufnahmen seien aus der vorliegenden Datenmenge von mehr als zwölf Terabyte extrahiert worden, sagte Polizeisprecher Timo Zill. Sie hätten teilweise die Qualität von Passbildern. Es sei eine der größten Fahndungen dieser Art. Polizeipräsident Ralf Martin Meyer bat die Bevölkerung um Mithilfe.

Vorwurf: gefährliche Körperverletzung

Den 104 Gesuchten werden jeweils erhebliche Straftaten vorgeworfen. In den meisten Fällen gehe es um gefährliche Körperverletzung, schweren Landfriedensbruch oder Brandstiftung. Nach den Tatverdächtigen habe die Polizei zuvor erfolglos gefahndet. In allen 104 Fällen hätten Amtsrichter der öffentlichen Fahndung zugestimmt.

Die Polizei schätzt, dass in den drei Tagen vom 6. bis zum 8. Juli 5000 bis 6000 Täter aktiv waren. Die Soko „Schwarzer Block“ habe bislang 3340 Ermittlungsvorgänge eingeleitet, sagte Polizeisprecher Zill. Bei mehreren Hundert Verfahren seien Beschuldigte bereits namentlich festgemacht worden.

CSU stellt sich hinter die Aktion

Bereits einen Tag nach Beginn der öffentlichen Fahndung erhielt die Hamburger Polizei 80 Hinweise. Ein Verdächtiger meldete sich freiwillig. Ein Polizeisprecher bestätigte Medienberichte, wonach der Mann gestanden habe, an der Plünderung eines Supermarkts beteiligt gewesen zu sein. Unterstützung für die Aktion gab es vor allem von der CSU. Das sei die „die richtige Antwort auf die brutalen Gewalttäter“, sagte der CSU-Landesgruppenchef im Deutschen Bundestag, Alexander Dobrindt. „Wer die Öffentlichkeitsfahndung für verfehlt hält, stellt offensichtlich den Täterschutz vor den Opferschutz.“

Unterstützung für die Polizei

In der Politik gibt es für die öffentliche Fahndung der Polizei auch neben der CSU breite Unterstützung. Die Strafprozessordnung erlaube eine Öffentlichkeitsfahndung, wenn zuvor alle Schritte zur Identifizierung einer Person erfolglos blieben und wenn es um Straftaten von erheblicher Bedeutung gehe, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Armin Schuster. Dies habe die Staatsanwaltschaft sorgfältig abgewogen, Richter hätten der Maßnahme zugestimmt.

Baden-Württembergs schwarz-grüne Regierungsspitze stellte sich ebenfalls hinter die öffentlichen Fahndung. Innenminister Thomas Strobl (CDU) sagte, er finde es sehr gut, dass der Rechtsstaat einen langen Atem habe und konsequent diesen Straftaten nachgehe. „Ich finde es sehr richtig und sehr notwendig.“ Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) schloss sich dem an.

Schäden in Millionenhöhe

Der Härtefallfonds von Bund und Stadt Hamburg zum Ausgleich von Schäden durch die G20-Krawalle hat bislang 605.000 Euro an Unternehmen und Privatpersonen ausgezahlt. Damit ist der 40 Millionen Euro schwere Fonds bei weitem nicht ausgeschöpft. Das geht aus der Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage der FDP in der Bürgerschaft hervor. Das Citymanagement hatte die Umsatzeinbußen durch die Ausschreitungen vom 6. bis 8. Juli auf 18 Millionen Euro beziffert. Darin seien die Kosten für privat ergriffene Sicherungsmaßnahmen nicht enthalten.

Das Ende von „linksunten.indymedia.org“

Ende August 2017, sieben Wochen nach den linksextremen Krawallen am Rande des G20-Gipfels in Hamburg, hatte das Bundesinnenministerium die linksextremistische Internetplattform „linksunten.indymedia.org“ verboten. Die von drei Freiburgern betriebene linke Blogseite war nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes „das wichtigste Medium des gewaltorientierten Linksextremismus“. Dort hieß es etwa: „Wir freuen uns über jedes zusammengebrochene Bullenschwein.“ Lesen Sie hier mehr dazu: Radikale Website abgeschaltet.

dpa/AS