Gewaltätige Demo beim Hamburger G20-Gipfel im Juli - mit Unterstützung von linken Webseiten wie "linksunten.indymedia". (Foto: Imago/ZUMA press)
Internet

Radikale Webseite abgeschaltet

Das Bundesinnenministerium kippt "linksunten.indymedia.org" aus dem Netz. Die von drei Freiburgern betriebene linke Blogseite war nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes "das wichtigste Medium des gewaltorientierten Linksextremismus".

Die „Antifa-Berlin“ protokolliert in ihrem aktuellen Eintrag auf der Internetseite, welche NPD-Funktionäre bei einem Gedenkmarsch für Rudolf Heß mitgelaufen sind. Eine „Aktionsgruppe Attacke“ dokumentiert ihre Graffiti-Schmierereien auf dem Haus der Burschenschaft Germania in Darmstadt. Und ein User namens Erik schreibt, er habe bloß mal nachschauen wollen, „wie es sich anfühlt, einen Artikel auf einer Webseite zu veröffentlichen, die laut Innenministerium schon abgeschaltet sein müsste“.

Sieben Wochen nach den linksextremen Krawallen am Rande des G20-Gipfels in Hamburg hat das Bundesinnenministerium die linksextremistische Internetplattform «linksunten.indymedia.org» verboten. Am Freitag-Morgen noch war die Seite online, wurde dann aber abgeschaltet. „Wir sind zur Zeit offline“, meldet „linksunten.indymedia.org“.

Aufrufe zur Gewalt

Bei den Dursuchungen am Freitagmorgen in Freiburg wurden zahlreiche Waffen gefunden. Darunter seien Messer, Schlagstöcke, Rohre und Zwillen, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Eine Verbotsverfügung wurde den in Freiburg lebenden Betreibern der Plattform am Morgen zugestellt, wie die Deutsche Presse-Agentur in Berlin aus Sicherheitskreisen erfuhr. „Es darf keine Rückzugsräume für Extremisten von links und von rechts geben – weder außerhalb noch innerhalb des Internets“, sagte de Maizière. Es gebe auf dem Portal etwa Veröffentlichungen, die zu Angriffen auf Polizisten mit Pyrotechnik aufrufen. Das überschreite die Grenze der tolerierbaren Protestkultur. Im Januar 2016 hatte der Innenminister bereits die rechtsextremistische Plattform „Altermedia“ verboten.

Den Sicherheitsbehörden gilt die Anfang 2009 gestartete Seite als einflussreichstes Medium der linksextremen Szene in Deutschland – und als Forum für gewaltbereite Autonome. Im Zusammenhang mit den Krawallen am Rande des G20-Gipfels spielte die Seite eine wichtige Rolle, auf ihr wurde nach Angaben des Verfassungsschutzes auch zu gewalttätigen Protesten aufgerufen. Auf der Seite können Nutzer anonym Beiträge veröffentlichen. Die Seite laufe „nach Zweck und Tätigkeit den Strafgesetzen zuwider“ und richte sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung, heißt es laut Spiegel Online in einer Bekanntmachung des Ministeriums. Die Kennzeichen des Vereins wurden ebenfalls verboten.

Diese Maßnahmen sind ein schwerer Schlag gegen die linksextremistische Szene in Deutschland.

Thomas Strobel, Innenminister Baden-Württemberg

Am Morgen wurden nach dpa-Informationen aus Sicherheitskreisen im Zusammenhang mit dem Verbot Räumlichkeiten in Freiburg durchsucht. „Aktuell finden noch Durchsuchungen mehrerer Objekte statt“, sagte Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU). Festnahmen oder Verhaftungen waren demnach nicht geplant. Es sollte aber Beweismaterial wie Computer sichergestellt und mögliches Vereinsvermögen beschlagnahmt werden.

Beim Verbotsverfahren gegen die Plattform wandten die Sicherheitsbehörden einen Kniff an: Förmlich soll es sich um ein Vereinsverbot handeln – die Betreiber wurden demnach von den Behörden als Verein eingestuft. Strobl sagte: „Diese Maßnahmen sind ein schwerer Schlag gegen die linksextremistische Szene in Deutschland.“

Agitation und Straftaten

Im aktuellen Verfassungsschutzbericht heißt es: „Bei ‚linksunten.indymedia‘ handelt es sich um das inzwischen wichtigste Medium des gewaltorientierten Linksextremismus. Seit Jahren bietet es ein Forum für weitgehend distanzlose Berichte über linksextremistische Agitation und Straftaten.“ Der Verfassungsschutz schreibt weiter, die Plattform sei „inzwischen das am meisten genutzte Forum für Selbstbezichtigungsschreiben gewaltorientierter Linksextremisten“. Die meisten der dort veröffentlichten Taterklärungen blieben länger auf der Plattform eingestellt. Zudem würden dort auch Solidaritätserklärungen für die drei flüchtigen Mitglieder der ehemaligen „Rote Armee Fraktion“ (RAF), Daniela Klette, Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg, veröffentlicht. Die drei sind Tatverdächtige im Zusammenhang mit schweren Verbrechen, sie werden seit langem von der Polizei gesucht.

Nach Angaben des Verfassungsschutzes hat das „linksextremistische Personenpotenzial“ mit 28.500 Menschen im Jahr 2016 den höchsten Stand seit 2012 erreicht. Den größten Zuwachs gebe es bei gewaltorientierten Linken.

(dpa/BK)