Die Bundespolizei kontrolliert, ob sich Menschen in den Güterzügen verstecken. (Bild: Imago/Roland Mühlanger)
Migration

Flucht zwischen Waggons

Trotz Lebensgefahr und eisiger Temperaturen wagen Flüchtlinge die illegale Einreise von Italien nach Deutschland mit dem Güterzug. Der BAYERNKURIER hat bei der Bundespolizei nachgefragt, wie die Beamten über die Grenzen hinweg zusammen arbeiten.

Zwischen den Waggons von Güterzügen, unter Sattelaufliegern oder in aufgeschlitzten Anhängern von Lastwagen verstecken sich immer öfter blinde Passagiere, um unbemerkt nach Deutschland zu kommen. So griffen Mitarbeiter der Bahn allein in München am vergangenen Wochenende 26 Afrikaner auf dem Rangierbahnhof in Laim auf – was zur zeitweisen Sperrung der S-Bahn-Stammstrecke führte. Bereits im Sommer häuften sich die Fälle, bei denen Migranten unerlaubt auf Güterzügen von Italien über Österreich nach Deutschland einreisten. Das warme Wetter und die geschlossene Balkanroute nannte die Bundespolizei damals als Gründe dafür, warum sich vor allem junge, alleinreisende Afrikaner auf die gefährliche Reise machen. Doch auch mit zunehmend eisigen Temperaturen wagen immer wieder Flüchtlinge die extrem gefährliche Einreise. Sie tragen warme Kleidung und suchen sich windgeschützte Verstecke, wenn sie sich bei Minusgraden durch die Alpen schleusen lassen. Insgesamt reisten seit Anfang des Jahres laut Bundespolizei rund 850 Migranten illegal in Bayern mit dem Güterzug ein (Stand 20. November).

Der BAYERNKURIER hat bei Matthias Knott, Pressesprecher der Bundespolizeidirektion München, nachgefragt, wie die Beamten das Problem der illegalen Einreise per Güterzug in den Griff bekommen wollen.

Was passiert mit den Migranten, nachdem sie von der Bundes- beziehungsweise Landespolizei aufgegriffen werden?

Knott: Das hängt vom Einzelfall ab. Die Bundespolizei überprüft an der Grenze die Migranten polizeilich und führt die notwendigen polizeilichen Maßnahmen durch. Sofern diese nicht über die nötigen Einreisedokumente verfügen, erfolgt eine Zurückweisung nach Österreich. Sollten die Personen ein Schutzersuchen in Deutschland stellen, erfolgt die Weiterleitung an das zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Außerhalb des Grenzbereiches, zum Beispiel in München, werden die Migranten nach den ersten polizeilichen Maßnahmen zuständigkeitshalber an die bayerische Polizei übergeben.

Warum werden die Migranten erst in München aufgegriffen? Gibt es am Grenzübergang keine Kontrollen?

Knott: Die Bundespolizei kontrolliert in Schwerpunkteinsätzen an der Grenze regelmäßig Güterzüge im Bereich Rosenheim. Bis vor kurzem war das der Bahnhof Raubling, jetzt ist es der Bahnhof in Rosenheim.

Wie gefährlich ist die illegale Einreise in Güterzügen für die Menschen während der Wintermonate?

Knott: Die Reise auf Güterzügen ist grundsätzlich lebensgefährlich. Die Witterungsbedingungen insbesondere während der Wintermonate sorgen für zusätzliche Lebensgefahren.

Welche Maßnahmen sind wichtig, damit weniger Menschen diese Gefahr eingehen?

Knott: Seit dem 8. November 2017 gibt es einen trilateralen Probebetrieb zur Verhinderung der unerlaubten Sekundärmigration mittels Güterzügen. Unter Führung der italienischen Behörden werden in Zusammenarbeit mit der österreichischen Polizei sowie der Bundespolizei trilaterale Güterzugkontrollen am Bahnhof Brenner auf italienischem Hoheitsgebiet durchgeführt. Die Beamten der österreichischen Seite und der Bundespolizei unterstützen die Maßnahme, ohne selbst hoheitliche Maßnahmen zu treffen. Die trilateralen Güterzugkontrollen auf italienischem Hoheitsgebiet verfolgen das Ziel, der illegalen Migration möglichst frühzeitig entgegenzuwirken und Gefahren für Leib und Leben der Migranten frühzeitig abzuwehren.

Soldaten unterstützen Polizei in Tirol

Seit August unterstützen im österreichischen Bundesland Tirol Soldaten die Polizei bei der Suche nach illegal eingereisten Migranten. In Tirol wurden im Sommer rund 700 bis 1000 Migranten pro Monat bei Zug- und Schwerpunktkontrollen aufgegriffen. „Es gilt, nicht nur illegaler Migration vorzubeugen, sondern vor allem Menschenleben zu retten“, sagte Landespolizeidirektor Helmut Tomac.

In Bayern arbeiten Landes- und Bundespolizei Hand in Hand. Auf den kontrollierten Autobahnabschnitten sind täglich Zehntausende von Fahrzeugen unterwegs. Dabei machen sich Kriminelle – wie Drogenschmuggler oder Einbrecherbanden sowie Schleuser – die großen Verkehrsströme zu Nutze, um unentdeckt nach Deutschland einzureisen. Bayern stellt der Bundespolizei seit Mitte Dezember 2016 bis auf Weiteres eine Hundertschaft der Bayerischen Bereitschaftspolizei zur Unterstützung der Grenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze zur Verfügung. Bereits seit September 2015 gibt es dort trotz der im Schengen-Abkommen verankerten Freizügigkeit temporäre Grenzkontrollen. Seit Mitte Dezember wird stellenweise rund um die Uhr kontrolliert.