In Bayern sollen laut Innenminister Joachim Herrmann deutlich mehr Polizisten mit Elektroschockern („Tasern“) ausgerüstet werden. (Foto: Imago/Reiner Zensen)
Sicherheit

Polizei erhält mehr „Taser“

Die bayerische Polizei soll laut Innenminister Herrmann mehr Elektroschocker („Taser“) erhalten – allerdings nicht im normalen Streifendienst. Nach den Spezialeinsatzkommandos (SEK) sollen nun die Unterstützungskommandos (USK) die Geräte testen.

Ab Mitte 2018 sollen nach den Spezialeinsatzkommandos (SEK) auch die Unterstützungskommandos (USK) der bayerischen Polizei den Einsatz von Distanz-Elektroimpulsgeräten, auch „Taser“ genannt, testen. „Wir beabsichtigen, im Rahmen eines einjährigen Pilotversuchs unsere Unterstützungskommandos bei der Bereitschaftspolizei und bei den Polizeipräsidien München und Mittelfranken mit Tasern auszustatten“, erklärte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann bei der Vorstellung der Planungen in Nürnberg. „Ebenfalls miteingebunden werden die Einsatzzüge in Aschaffenburg, Kempten, Regensburg und Straubing.“

Die Geiselnahme hat erneut unter Beweis gestellt, dass der Einsatz von Tasern in bestimmten Situationen eine sehr sinnvolle Ergänzung zu den schon jetzt vorhandenen Einsatzmitteln der Polizei ist.

Joachim Herrmann, Bayerns Innenminister

Wie Herrmann erklärte, werden die Taser bereits seit 2006 von den bayerischen SEKs im Probebetrieb verwendet: „In allen bislang rund 40 Fällen hat sich der Taser bewährt“, so Herrmann. Eine Ausrüstung des normalen Wach- und Streifendiensts ist laut dem Innenminister nicht vorgesehen. „Der Taser ist kein Allerwelts-Einsatzmittel“, machte er deutlich. „Ganz im Gegenteil: Der Taser wird auch in Zukunft nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen zum Einsatz kommen.“ Er dürfe wie alle Waffen nur dann eingesetzt werden, wenn kein anderes gleichwirksames und milderes Einsatzmittel zur Verfügung steht.

Auch bei der jüngsten Geiselnahme in Pfaffenhofen/Ilm hat sich der Taser-Einsatz bewährt. Der Täter hatte eine Mitarbeiterin des Landratsamts im Amtsgebäude mit einem Messer bedroht und über mehrere Stunden in seiner Gewalt gehalten. Wie Herrmann mitteilte, überwältigten ihn Spezialeinheiten letztlich mit Hilfe eines Tasers. „Die Geiselnahme hat erneut unter Beweis gestellt, dass der Einsatz von Tasern in bestimmten Situationen eine sehr sinnvolle Ergänzung zu den schon jetzt vorhandenen Einsatzmitteln der bayerischen Polizei ist“, bilanziert der Innenminister. Außerdem werde nun – nach dem Pfaffenhofener Einsatz – genau analysiert, inwieweit die bislang getroffenen Maßnahmen zum Schutz der Behörden und ihrer Mitarbeiter ausreichen.

Einsatz gegen Gewalttäter im Drogenrausch

Wie der bayerische Innenminister weiter erläuterte, ist der Taser eine zusätzliche Handlungsalternative der Polizei – über Einsatzmittel wie Pfefferspray, Einsatzstock und Schusswaffe hinaus. Aufgrund der positiven Erfahrungen der SEK habe das Innenministerium eine Expertengruppe der Polizei eingesetzt, die sich in den letzten Monaten intensiv mit einer Ausweitung der Nutzung des Tasers beschäftigt hat. Auch die Polizeigewerkschaften unterstützen das Vorhaben, wie Herrmann erklärte. „Beispielsweise könnte der Taser bei einer Person hilfreich sein, die unter dem Einfluss berauschender Mittel steht und eine Gefahr für sich oder andere darstellt“, sagte Herrmann.

Mit unserem Pilotversuch können wir wertvolle Praxiserfahrungen sammeln. Wir wollen wissen, ob unsere Polizisten mit dem Taser in bestimmten Situationen Gefahren noch besser eindämmen können, indem sie den Angreifer schlagartig außer Gefecht setzen können.

Joachim Herrmann

In anderen Fällen dürfte jedoch weiterhin der Einsatz der Schusswaffe unverzichtbar sein, betonte der Innenminister: „Die Verwendung eines Tasers kommt bei absolut lebensbedrohlichen Notwehr- und Nothilfe-Situationen nicht in Frage.“ Herrmann verwies darauf, dass der Taser unter bestimmten Umständen keine Wirkung zeige, beispielsweise wenn die Elektroden die Kleidung des Angreifers nicht durchdringen können. „In diesen Situationen müssen unsere Polizisten auch künftig grundsätzlich zur Schusswaffe greifen, um schnellstmöglich ihr eigenes Leben oder das von bedrohten Personen zu schützen.“

Taser-Einsatz nur mit sofortigem Zugriff

Grundsätzlich sei der Taser-Einsatz nur im Vier-Mann-Team sinnvoll, insbesondere weil sofort im Anschluss an die Taser-Schussabgabe durch weitere Beamte ein Zugriff auf den Täter erfolgen müsse, der nach einem Elektroschock im Regelfall schnell wieder handlungsfähig ist. „Derzeit sind unsere Polizeiexperten dabei, ein ausgefeiltes taktisches Konzept sowie ein umfassendes Schulungskonzept für die Einsatzkräfte zu erstellen“, erklärte Herrmann.

Herrmann rechnet für die zusätzlichen Taser mit Kosten in Höhe von etwa 90.000 Euro. Dazu komme die Beschaffung von Kartuschen und Übungskartuschen, speziellen Trainingsanzügen sowie sonstiger Ausstattung wie Holster. Für den Innenminister ist das gut angelegtes Geld: „Mit unserem Pilotversuch können wir wertvolle Praxiserfahrungen sammeln. Wir wollen wissen, ob unsere Polizisten mit dem Taser in bestimmten Situationen Gefahren noch besser eindämmen können, indem sie den Angreifer schlagartig außer Gefecht setzen können.“