Der Siegerentwurf des Büros Cukrowicz Nachbaur Architekten ZT GmbH aus Bregenz. (Bild: Hans-Joachim Wuthenow; www.wuthenow-photo.de)
Konzertsaal

Eine Kathedrale der Musik

Die Sieger des Architektenwettbewerbs für das neue Konzerthaus in München stehen fest. Den Zuschlag erhielten die Architekten Cukrowicz Nachbaur aus Österreich. Die Baugrube für den maximal 300 Millionen Euro teuren Bau soll 2018 ausgehoben werden.

Der Erste Preis im Architekturwettbewerb für das neue Konzerthaus in München geht an das Büro Cukrowicz Nachbaur Architekten ZT GmbH aus Bregenz. Die Jury stimmte mit nur einer Gegenstimme für den 45 Meter hohen Entwurf der Österreicher. Deren Gebäude erinnere an einen „funkelnden Eisberg“, schrieb der BR. Der Neubau im Werksviertel im Osten Münchens soll feste Spielstätte für das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks werden.

Heute ist ein sehr wichtiger Tag für München und den Kulturstandort Bayern.

Ludwig Spanele, Kultusminister

Für die Sieger ist es das erste Konzertgebäude. Im Wettbewerb haben sie sich gegen weltweit bekannte Büros wie etwa „Herzog&de Meuron“ durchgesetzt, die etwa in Hamburg die Elbphilharmonie entworfen haben. Das Büro Czucrowicz und Nachbaur hat sich dabei an Speicherbauten orientiert. „Eine Art Klangspeicher“, so die Leitidee. Das gläserne Gebäude soll „Erinnerungsbilder an ein großes Zelt, eine Werkshalle, einen Speicher oder eine Markthalle, vielleicht sogar an einen Tempel oder eine Kathedrale“ wecken. Im Neubau soll es übereinander liegend einen großen und einen kleinen Konzertsaal für zusammen rund 2400 Besucher geben. Weitere Räume soll es für die Hochschule für Musik und Theater sowie für Gastronomie, Läden und Büros geben, dazu eine Tiefgarage.

Ein eindeutiger Sieger

„Es war eine schwierige Wahl für uns alle. Es sind starke Entwürfe dabei. Der Siegerentwurf hat die vielfältigen An­sprüche und Herausforderungen mit Überzeugung gelöst. Jetzt gehört zur weiteren Entwicklung eine überzeugende Ausarbeitung in Sachen Wirtschaftlichkeit, Akustik und die umfängliche Berücksichtigung der Ansprüche des Symphonieorchesters“, sagte Innen- und Bauminister Joachim Herrmann. Kultusminister Ludwig Spaenle ergänzte: „Heute ist ein sehr wichtiger Tag für München und den Kulturstandort Bayern auf dem Weg zu einem neuen Konzerthaus, das höchsten akustischen Ansprüchen genügen und als äußerst attraktiver Aufführungsort das musikalische Leben im Freistaat spürbar bereichern soll.“ Der Siegerentwurf sei für ihn die ideale Verbindung „für das gemeinsame Erlebnis hochkarätiger Musik mit exzellenter Architektur und erstklassiger Akustik“, betonte Spaenle.

Für den Vorsitzenden des Preisgerichts und Architekten Professor Arno Lederer ist der Siegerentwurf prägend für das Werksviertel: „Zurückhaltend und ausdrucksstark zugleich, in dieser Form an keinem anderen Ort zu finden.“ Chefdirigent Mariss Jansons nannte den Entwurf vielversprechend. Nun komme es darauf an, einen hervorragenden Akustiker für den optimalen Klang zu finden.

Auf den Plätzen

Auf dem zweiten Platz kam die PFP aus Hamburg, der dritte Platz ging an David Chipperfield aus Berlin. Den vierten Platz belegt 3XN A/S aus Kopenhagen vor den Staab Architekten aus Berlin.

Eine Anerkennung erhielten vier weitere Büros: Henning Larsen Architects aus Kopenhagen/München, Zaha Hadid Architects aus London, Mecanoo aus Delft, Christ & Gantenbein aus Basel.

Die nächsten Schritte

Im nächsten Schritt lädt das Staatliche Bauamt alle Preisträger zu Verhandlungen ein. „Parallel sollen alle weiteren Ausschreibungen wie zum Beispiel die Verga­ben der Akustikplanung, Tragwerksplanung und Gebäudetechnik auf Basis des Sieger­entwurfs vorbereitet werden“, so Bauminister Herrmann. Ab Frühsommer 2018 wird das Erdreich im Bauareal auf bis zu vier Meter Tiefe auf Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg sowie auf Schadstoffe untersucht. In fünf bis sechs Jahren, so die Hoffnung, könnte Münchens neuer Konzertsaal fertig sein.

300 Millionen Euro soll das Bauwerk maximal kosten. Die Stiftung „Neues Konzerthaus München“ will Geld für den Neubau einwerben. Die Kosten sollten im Rahmen bleiben, sagte Herrmann. Der Landtag müsse zudem noch zustimmen. Seriöse Kostenschätzungen seien in diesem Planungsstadium nicht möglich, so Jury-Chef Lederer.

Keine leichte Entscheidung

„Das Preisgericht hat sich intensiv mit allen eingereichten Entwürfen auseinandergesetzt und sich die Entscheidung nicht leicht gemacht“, betonte Herrmann. Insgesamt 25 Preisrichter berieten zwei Tage, um über 31 Entwürfe aus der ganzen Welt zu entscheiden. Neben den Vertretern der Staatsregierung und dem Münchner OB Dieter Reiter hatten auch die Architekten Kai-Uwe Bergmann aus New York, Professor Finn Geipel aus Paris, die Münchner Stadtbaurätin Elisabeth Merk sowie BR-Intendant Ulrich Wilhelm und viele mehr ein Stimmrecht. Unterstützt wurde das Preisgericht von mehr als 30 Beratern und Sachverständigen.

Das letzte Wort scheint beim Sieger noch nicht gesprochen: In der Preisbegründung wird ausdrücklich eine „andere Fassadenlösung“ erwähnt. Ausschlaggebend für den Sieg dürften wohl Akustik und Funktionalität gewesen sein, auch wenn die Größe der Bühne als „viel zu klein“ beurteilt wurde. Denn die Akustik entfaltet sich nach herrschender Meinung am besten wie beim Sieger in einem rechteckigen Schuhschachtel-Baukörper. Die Vertreter des BR-Symphonieorchesters plädierten deshalb offenbar stark für die Österreicher.

Eher Ablehnung im Netz

Im Netz gibt es dagegen meist Kritik für den Siegerentwurf. So überbieten sich viele Social Media-Kommentatoren mit Spitznamen wie „Schneewittchens Glassarg“, „Zeppelin-Montagehalle“, „Kunstsarg Ost“, „Hipster-Eiswürfel“, „Gewächshäusli“ oder „Toblerone“. Andere nennen es einen „hässlichen Klotz“, „geschmacklos“ und „äußerst gewöhnungsbedürftig“. Man sollte dabei aber nicht vergessen: Auch gegen die Elbphilharmonie in Hamburg gab es anfangs einen veritablen „Shitstorm“. Nach der Fertigstellung wurde der Bau jedoch als neues Wahrzeichen der Stadt gefeiert.

Ausstellung

Alle Wettbewerbsarbeiten werden bis 26. November in der Atelierstraße 18 im Werksviertel in der „White Box“ ausgestellt. Die Öffnungszeiten sind Montag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr.