Kommt im Netz zu den jungen Wählern: Kanzlerin Angela Merkel im YouTube-Interview. (Screenshot: BK)
YouTube

Merkel im Netz

Kanzlerin Angela Merkel hat sich den Fragen deutscher YouTube-Stars gestellt, um junge Leute zu erreichen. Der BAYERNKURIER hat das einstündige Interview zusammengefasst - wer's verpasst hat, kann das gesamte Video hier sehen.

Bildung

Bildungschancen beginnen schon bei kleinen Kindern, sagt Kanzlerin Angela Merkel. Deswegen mache sie sich zum Beispiel stark für Kita-Plätze oder Nachmittagsbetreuung in Grundschulen. Vor allem wolle sie die digitale Bildung verbessern, auch im Bereich der Lehrer-Fortbildung. Unterschiedliche Standards zwischen den Bundesländern müssten nicht sein, nur weil Bildung Ländersache ist. „Wir müssen uns darauf dringen, Standards durchzusetzen“, sagt sie.

Soziale Unterschiede

„Wir werden auch in Zukunft Unterschiede haben“, sagt Merkel zum Thema unterschiedliche Einkommen. Aber: Die Arbeit mit Menschen müsse besser bezahlt werden, sagt die Kanzlerin mit Blick auf die Pflegebranche. Die Bundesregierung habe bereits Tarife mitverbessert und die Kosten für Ausbildung in der Pflege abgeschafft. Dass das alles noch nicht reiche, wisse sie, so die Kanzlerin. Aber gerade die Vereinfachung der Bürokratie erleichtere die Arbeit im Pflegebereich.

Ehe für alle

„Für mich ist die Ehe eine Verbindung von Mann und Frau“, macht die Kanzlerin auch im YouTube-Interview wieder deutlich. Trotzdem habe sie sich für die Abstimmung stark gemacht, weil sie gemerkt habe, dass die Mehrheit in der Gesellschaft anderer Ansicht ist. „Die Abstimmung hat die Gesellschaft befriedet“, sagt Merkel.

Auto-Nation

Sie hoffe, dass Deutschland trotz aktueller Krisen Vorbild in Sachen Mobilität bleibe. „Wir müssen zurück zu Ehrlichkeit und Transparenz. Es können nicht die die Zeche bezahlen, die nichts damit zu tun haben“, sagt sie mit Blick auf die Dieselbesitzer und die aktuellen Skandale der deutschen Autokonzerne.

Digitalisierung

Der Ausbau des Breitband-Netzes komme in die Gänge, in den Großstädten sei der Zugang schon gut, der ländliche Raum schließe auf, sagt Merkel. Ziel: Mitte der 2020er Jahre soll es in Deutschland flächendeckend 5G-Netz gebe, auch um Telemedizin und autonomes Fahren möglich zu machen.

Erstwähler

Warum befassen sich so wenige junge Menschen mit Politik? „Es ist mühselig, zu wählen. Aber die Möglichkeit zu haben, davon träumen viele auf der Welt“, sagt die Kanzlerin. Auch vor ihrem eigenen Hintergrund als frühere Bürgerin der DDR. Die CDU versuche, ihre Programme verständlich zu halten, trotzdem sei für viele der Zugang zu den oft komplexen Themen schwer. Über soziale Medien versuche Merkel trotzdem, den Kontakt zu den Jungen herzustellen. „Was wir nicht ändern können, ist, dass viele Dinge eben kompliziert sind“, sagt Merkel. Sie ermutigt trotzdem alle, sich zu informieren und sich eine Meinung zu bilden.

Feminismus

Körperliche Merkmale dürfen in der Sache keine Rolle spielen, sagt die Kanzlerin. „Bei vermeintlich weiblichen Themen, da ändern wir oft den Ton. Ich bemühe mich, mehr Ernsthaftigkeit und Nachdruck in diese Themen bringen.“ Für ihre Partei strebe Merkel 50 Prozent Frauenquote nach der Wahl in den Ministerämtern an. „Ich werde darauf achten, dass wir das zumindest fast erreichen.“

Hass

Wie geht die Kanzlerin mit dem Hass um, der in unserer Gesellschaft immer öfter durchschlägt? „Ich versuche, meine Positionen zu durchdenken und dann auch dazu zu stehen“, sagt die Kanzlerin. „Hass ist ein Zeichen von Unfähigkeit, Argumente vorzubringen.“ Sie habe große Hochachtung vor Leuten, die auf sie zukämen und ihr sagten, dass sie ihre Position nicht teilen. Auf der anderen Seite sei sie traurig und erschüttert, wie viele Leute sich gar nicht mehr anders als hasserfüllt ausdrücken können.

Türkei

„Mit Erdogan gibt es viele Meinungsverschiedenheiten, und wir scheuen uns nicht, diese auszutragen“, sagt Merkel. In den vergangenen zwei Jahren seien noch mehr Probleme hinzugekommen. „Wir müssen weiter für inhaftierte Deutsche in der Türkei eintreten“, sagt Merkel. Solange gebe es keine neuen Kapitel für Beitrittsverhandlungen und die Vorbeitrittshilfen würden zurückgefahren. Merkel mahnt aber auch: „Es gibt auch viele Menschen in der Türkei, die zum Beispiel gegen Erdogans Referendum gestimmt haben. An die müssen wir auch denken. Die hoffen auf uns, wollen mit uns im Gespräch bleiben.“

Angst vor Krieg

Müssen wir Angst vor einem Dritten Weltkrieg haben? „Nein“, sagt Merkel klar. Aber: „Ich spreche mich klar gegen das rhetorische Aufrüsten aus.“ Sprache sei oft die Vorstufe zur Eskalation, die in Gewalt münden kann, „das will ich nicht“. Deswegen trete sie mit allem, was sie zur Verfügung habe, gegen sprachliche Eskalation ein.

Flüchtlinge

2015 habe für die Gesellschaft eine humanitäre Notlage dargestellt, sagt Merkel. Trotzdem sei klar, dass sich 2015 nicht wiederholen dürfe. „Also muss Politik handeln. Und zum Beispiel Schleppern das Handwerk legen.“

Die Interviewer

Die Internet-Stars MrWissen2Go, ItsColeslaw, Alexi Bexi und Ischtar Isik sind Betreiber populärer Kanäle bei der Google-Videoplattform. Zusammen haben die vier um die drei Millionen Abonnenten im Netz.

Das Interview in voller Länge (Einstieg bei Minute 30):

https://www.youtube.com/watch?v=Uq2zIzscPgY