Linksextremisten und Gewalttouristen suchten in Hamburg die Konfrontation mit der Polizei. (Foto: Imago/Zuma Press)
Extremismus

Die Gewaltbereitschaft steigt

Innenminister Joachim Herrmann warnt vor einer Bedrohung durch Extremisten und Terroristen. Vor allem die wachsende Akzeptanz von Gewalt erfülle ihn mit Sorge, sagte er bei der Vorstellung der Halbjahresbilanz des Verfassungsschutzes.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann sieht eine besorgniserregende Entwicklung bei Extremismus und Terrorismus. Die Konfrontationsbereitschaft in allen Bereichen nehme zu, sagte Herrmann bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts für das erste Halbjahr 2017. „Es gilt deswegen, der steigenden Enthemmung und der Akzeptanz von Gewalt und Eskalation unterschiedslos entschieden entgegen zu treten“, sagte der Minister.

Deutschland und Europa sind weiterhin im Fokus von Demokratiefeinden religiöser oder weltanschaulicher Ausrichtung.

Joachim Herrmann, bayerischer Innenminister

Die Bedrohung durch den islamistischen Terror nannte Herrmann unverändert hoch. Neben der Gefahr durch islamistische Rückkehrer aus Syrien oder dem Irak könne auch der Zustrom der schutzsuchenden Flüchtlinge dazu genutzt werden, Terroristen nach Deutschland zu schleusen. Herrmann setzt deshalb auf eine Verbesserung des internationalen Datenaustausches. Die zweifelsfreie Feststellung der Identität von Flüchtlingen sei ebenfalls „unverzichtbar“.

Erschreckende G20-Bilanz

„Deutschland und Europa sind weiterhin im Fokus von Demokratiefeinden religiöser oder weltanschaulicher Ausrichtung“, warnt Bayerns Innenminister. Sie alle würde das Ziel einen, mit allen Mitteln ihre Ideologien durchzusetzen. „Dabei schrecken sie auch vor größtmöglichen Schäden für Bürger, Gesellschaft und Staat bis hin zu Massenmorden an Unschuldigen nicht zurück.“

Der Linksextremismus dürfe ebenfalls nicht kleingeredet werden, sagte Herrmann. Beim G20-Gipfel in Hamburg hätten „massive, an roher und sinnloser Gewalt kaum zu übertreffende Ausschreitungen der linksextremistischen Szene Deutschland und die Welt erschüttert“. Mehrere hundert durch Fremdeinwirkung verletzte Polizeibeamte, darunter allein 75 aus Bayern sowie Sachschäden in Millionenhöhe seien die Bilanz der Krawalle.

Gewaltaufruf von Links

Herrmann verwies darauf, dass die linksextremistische Szene monatelang mit großer Intensität zu Gewaltprotesten aufgerufen und umfangreiche Aktionspläne geschmiedet habe. „Wer in gewohnter Manier jetzt die Schuld für die Eskalation bei den eingesetzten Polizeikräften sucht, verleugnet die problematischen Entwicklungen im Linksextremismus, insbesondere seine extreme Gewaltbereitschaft.“

Besonders intensiv widmen wir uns den Reichsbürgern, die – noch – Waffen besitzen.

Joachim Herrmann

In Bayern bestimmten insbesondere die „Interventionistische Linke Nürnberg“ und „Antifa-NT München“ die Aktivitäten der linksextremistischen Szene. Die Staatsanwaltschaft Hamburg habe gegen zwei bayerische Linksextremisten wegen des Verdachts des schweren Landfriedensbruchs und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte ein Strafverfahren eingeleitet.

Nach dem G20-Gipfel, berichtete Herrmann, hätten sich Autonome vor der Nürnberger Jakobswache unter dem Motto ‚Gegen Polizeigewalt und Staatsterrorismus‘ zu einer „Solidaritätskundgebung“ versammelt. „Dies ist eine Verhöhnung der Opfer des Gewaltexzesses – unter ihnen Kleingewerbetreibende und Rentner“, kritisierte Herrmann.

Konsequent gegen Reichbürger

Bei den Übergriffen auf Asylbewerber und ihre Unterkünfte setzt sich der seit März 2016 zu beobachtende rückläufige Trend fort. In den ersten Monaten dieses Jahres registrierte der Verfassungsschutz insgesamt 14 rechtsextremistisch motivierte Übergriffe auf Asylbewerberunterkünfte und acht rechtsextremistisch motivierte Gewalttaten gegen Asylbewerber. Im Vorzeitraum wurden mehr als 60 solcher Übergriffe auf Unterkünfte und mehr als 20 auf Asylbewerber gemeldet. Herrmann: „So erfreulich dieser Rückgang auch ist: Jeder Übergriff ist einer zu viel.“

Mit großer Besorgnis sehe er die Verfestigung der Strukturen der rechten „Identitären Bewegung Deutschland“ (IBD), sagte Herrmann. Konsequent würden die Behörden auch gegen die Reichsbürgerszene vorgehen. Die Zahl der szeneangehörigen Reichsbürger und Selbstverwalter in Bayern belaufe sich derzeit auf 3000 Personen. Nach Angaben des Ministers kämen noch 1900 Personen hinzu, bei denen die Prüfung nicht abgeschlossen sei. „Besonders intensiv widmen wir uns den Reichsbürgern, die – noch – Waffen besitzen“, sagte Herrmann. 235 Waffenbesitzer seien bislang eindeutig der Reichsbürgerszene zugeordnet, bei bisher 209 Fällen Entzugsverfahren eingeleitet worden. In 138 Fällen seien bereits die Widerrufsbescheide erlassen worden.