Das Schwarze Moor liegt in der Bayerischen Rhön am Dreiländereck von Hessen, Thüringen und Bayern. (Bild: Imago/Chromorange)
Nationalpark

Wer macht das Rennen?

Die Rhön und die Donau-Auen kommen in die engere Wahl für einen dritten Nationalpark in Bayern. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Ministerpräsident Horst Seehofer bedauert die teils unsachliche Debatte und auch den Widerstand in den eigenen Reihen.

Ein offenes Rennen zwischen der Rhön und den Donau-Auen um den Titel „Dritter Nationalpark Bayerns“ kündigte die bayerische Umweltministerin Ulrike Scharf an. Die Regionen Frankenwald und Spessart sind nach der ersten Dialogphase nicht mehr in der näheren Auswahl. So lautet das Zwischenfazit des bayerischen Kabinetts nach einjähriger Diskussion.

Wir wollen die Menschen in der Region mitnehmen.

Ulrike Scharf, bayerische Umweltministerin

Der Frankenwald scheide wegen seiner Fichtenbestände und der damit einhergehenden Gefährdung durch den Borkenkäfer aus, der in einem Nationalpark nicht umfassend bekämpft werden könnte. Außerdem stellten sich viele Bürger gegen die Pläne.

Ein Nationalpark soll aber nur dort entstehen, wo ihn die Mehrheit der Menschen befürwortet. „Wir wollen nichts über die Köpfe der Menschen in der Region hinweg entscheiden, sondern sie mitnehmen“, sagte Scharf. Auch der Spessart ist keine Option mehr. Grund seien die vielen individuellen Holznutzungsrechte. Auch negative Auswirkungen auf die heimische Holzwirtschaft werden nicht ausgeschlossen, insbesondere bei der Verarbeitung der Furniereiche.

Der Kandidat Donau-Auen

Bei den Donau-Auen werde auch eine mögliche Ausweitung nach Schwaben geprüft. Die Auenbereiche zwischen Neuburg an der Donau und Ingolstadt zählen zu einer naturschutzfachlich besonders wertvollen Fluss- und Auenlandschaft. „Der Nationalpark ist ein Angebot an die Regionen. Das Ja zum Nationalpark muss am Ende des Dialogs aus der Region heraus kommen. Wir setzen auf Offenheit und Transparenz“, so Scharf.

Das Interesse der Menschen in den Donau-Auen ist sehr hoch, weiterhin im Gespräch zu bleiben.

Ulrike Scharf, bayerische Umweltministerin

Insbesondere spielt dabei die Suche nach möglichen Partner-Regionen eine wichtige Rolle. Denn die Auwälder in Neuburg-Schrobenhausen decken alleine die erforderlichen 10.000 Hektar Mindestgröße für einen Nationalpark nicht ab. Gemeinsam mit Vertretern aus der Region soll nun an einem entsprechenden vollständigen Gebietsvorschlag gearbeitet werden.

Rhön: Verluste für die Holzwirtschaft

Welche Auswirkungen ein Nationalpark auf die Wirtschaft und den Tourismus haben, zeigt eine aktuelle Studie der Universität Würzburg. So prognostizierten die Wissenschaftler für die Rhön Rückgänge im Bereich Holzwirtschaft Mindereinnahmen von bis zu 2,5 Millionen Euro. Ein Teil dieser relativ geringen Summe verbleibe bisher in Form von Lohn in der Region, erklärt Rhön-Grabfelds Landrat Thomas Habermann (CSU), der Erlös aus dem Holzverkauf floss beziehungsweise fließt jedoch in den Haushalt der Staatsforsten ab. „Zusätzliche regionale Arbeitsplätze der Nationalparkverwaltung könnten den Wegfall des dann fehlenden Anteils wahrscheinlich gänzlich kompensieren“, sagte Habermann der Onlineplattform inFranken.de. So schaffe eine solche Verwaltung rund 100 zusätzliche Arbeitsplätze in der Region.

Profite für den Tourismus

Und der Tourismus profitiert stark von einem Nationalpark. So brächte ein Nationalpark der Region mittelfristig Mehreinnahmen von über 27 Millionen Euro, berichtet Habermann. In den Kurorten Bad Kissingen und Bad Bocklet würden die Einnahmen um 13 Prozent zunehmen, in der restlichen Nationalparkregion, die bisher eher schwach touristisch geprägt ist, sogar um 137 Prozent. Das Biosphärenreservat Rhön im Dreiländereck Thüringen, Hessen und Bayern ist bereits seit 2014 als Sternenpark anerkannt. Weltweit gibt es nur acht solcher anerkannter Reservate. Sabine Frank, Projektleiterin im Sternenpark, begrüßt daher die mögliche zusätzliche Anerkennung als Nationalpark. „Das wäre ein echtes Prädikat und gibt weitere Impulse für die länderübergreifende Zusammenarbeit und den Schutz der Nacht“, sagt sie.

Zeit für Nachtschwärmer

Europaweit gibt es nur noch wenige Orte, an denen der Blick in den Himmel nicht durch zu viel künstliches Licht gestört wird. Einer davon ist der Sternenpark in der Rhön. Projektleiterin Sabine Frank gibt Führungen. Lesen Sie hier mehr: Zeit für Nachtschwärmer.

Zeit zum Reden ist für den Bad Kissinger Kreissprecher des Bayerischen Gemeindetags, Gotthard Schlereth, jetzt wichtig. „Der Zeitdruck muss weg, wir entscheiden schließlich für die nächsten 50 Jahre. Es ist eine Jahrhundertentscheidung“, sagte er inFranken.de. Von oben verordnete Konzepte würden Angst erzeugen, glaubt der Gemeindetagssprecher und plädiert daher im Vorfeld der Entscheidung auch für Bürgerversammlungen. „Der Reifungsprozess des Gedankens Nationalpark hat gerade erst begonnen.“

Seehofer bedauert Flucht vor Diskussionen

Zu einem ersten Gespräch zur Rhön trafen sich die Ministerpräsidenten und Umweltministerinnen von Bayern und Hessen Anfang Juli. Seehofer bedauerte Widerstände gegen die Idee eines dritten Nationalparks sowie falsche Argumente, auch in den eigenen Reihen. „Die Flucht vor einem Thema, weil es Diskussionen auslösen könnte, das ist keine Politik“, sagte Seehofer. Er zitierte mehrere Umfragen, wonach 75 bis 85 Prozent der Bevölkerung für einen Nationalpark seien – auch in den Regionen, die für einen Nationalpark infrage kommen.

Sobald ein förmliches Verfahren eingeleitet werde, dauere es noch mindestens ein Jahr, bis es zur fixen Entscheidung käme, kündigte Scharf an. Auf eine Entscheidung noch vor der Landtagswahl im Herbst 2018 wollte sie sich nicht festlegen, betonte aber, sie wünsche sich möglichst schnell ein endgültiges Ergebnis. Welche der beiden Regionen sie bevorzugen würde, sagte die CSU-Politikerin auch nicht.

Naturschützer wollen mehr Nationalparks

Nach der Entscheidung des Kabinetts für die Rhön und die Donau-Auen als Nationalpark-Kandidaten will der Bund Naturschutz (BN) weiter für Steigerwald und Spessart kämpfen. Der Freistaat habe das Potenzial für mehr als nur drei Nationalparks, sagte der BN. Für das weitere Vorgehen mit den ausgewählten Nationalpark-Kandidaten sei laut WWF nun die transparente Zusammenarbeit aller Interessensgruppen nötig, wie Wirtschaftsverbänden, der Landwirtschaft, dem Tourismus, Naturschutzverbänden und  der Bevölkerung.

Bayerns Naturschätze

Bayern hat 1970 mit dem Nationalpark Bayerischer Wald den ersten Nationalpark Deutschlands gegründet, der die größte nicht zerschnittene Waldfläche Mitteleuropas umfasst. 1978 folgte Deutschlands einziger Alpen-Nationalpark in Berchtesgaden.

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Juwel der Alpen: Nationalpark Berchtesgaden