In Schleswig-Holstein regiert künftig ein „Jamaika“-Bündnis aus CDU, Grünen und FDP. (Foto: Imago/Christian Ohde)
Koalition

„Jamaika“ an der Küste

CDU, Grüne und FDP haben sich in Schleswig-Holstein auf eine „Jamaika-Koalition“ geeinigt. Deutlich höhere Investitionen in Straßen und Infrastruktur, mehr Polizisten und mehr Lehrer sind die Kernpunkte der Vereinbarung.

Mehr als 500 Millionen Euro zusätzlich für Investitionen, der Großteil in Straßen, digitale Infrastruktur, Krankenhäuser und Universitäten, außerdem 500 neue Polizisten-Stellen und zusätzliche Lehrer: Das sind die Kernpunkte des Koalitionsvertrags von CDU, FDP und Grünen in Schleswig-Holstein, den der künftige Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) jetzt vorstellte. „Ökonomie und Ökologie zu verbinden“, sei das Ziel der Koalitionäre gewesen, zudem seien Digitalisierung und Infrastruktur im Mittelpunkt gestanden. Der 114 Seiten umfassende Koalitionsvertrag trägt den Titel „Das Ziel verbindet – weltoffen – wirtschaftlich wie ökologisch stark – menschlich“.

Falls ein Landesparteitag der CDU sowie die Basis von FDP und Grünen bei einer Urwahl dem Vertrag zustimmen, soll Günther am 28.Juni zum neuen Ministerpräsidenten an der Küste und damit zum Nachfolger des glücklosen Torsten Albig (SPD) gewählt werden. Auffällig war, dass für Grüne und FDP nicht die tatsächlichen Wortführer und Wahlkampflokomotiven, Robert Habeck und Wolfgang Kubicki, das Programm vorstellten, sondern die nominellen Landesvorsitzenden, Finanzministerin Monika Heinold und Heiner Garg, die bundesweit eher unbekannt sind.

Staatskanzlei, Innen, Justiz und Bildung für die CDU

Wie Günther aufzählte, wird die CDU vier Ministerien besetzen, die FDP und die Grünen je zwei. Neben der Staatskanzlei erhält die CDU das Innen-, das Justiz- und das Bildungsministerium, die Grünen besetzen das Finanzministerium sowie ein umfangreiches Ressort für Energie, Umwelt und Landwirtschaft, die FDP erhält ein Superministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie sowie – ungewöhnlich für die Liberalen – das Ministerium für Soziales und Gesundheit.

Wie der künftige Ministerpräsident Günther berichtete, sollen von den 500 Millionen Euro zusätzlicher Investitionen 120 Millionen in den Straßenbau fließen, 100 Millionen in die Hochschulen, 50 Millionen in die digitale Infrastruktur, 50 Millionen in die Krankenhäuser sowie 7,5 Millionen Euro in modernere Sportstätten. In der Bildungspolitik solle das neunjährige Gymnasium wieder zum Regelfall werden, wie die CDU im Wahlkampf versprochen hatte. Allerdings sollten diejenigen Schulen auch das G8 behalten dürfen, bei denen Schüler, Eltern und Lehrer dies mit 75-prozentiger Mehrheit fordern. Ab 2020 solle dann endgültig feststehen, welche Gymnasien das G8 und welche das G9 anbieten.

Straßenbau-Investition gegen grünen Widerstand durchgesetzt

Weiter erklärte Günther, man sei übereingekommen, die Autobahn A20 fertigzubauen, die bisher zwischen Lübeck und Bad Segeberg mitten in der Landschaft endet, und die Fehmarnbelt-Querung in Angriff zu nehmen. FDP-Mann Garg berichtete, es habe bei den Verhandlungen kurz vor Schluss „gerumst“ – und zwar bei der Frage der Investitionen in den Straßenbau, bei dem sich offenbar die Grünen querstellten. Allerdings habe man ihnen klarmachen können, dass reparierte und fertig gebaute Straßen auch für die Förderung der Elektromobilität unerlässlich seien.

Konservative Kommentatoren monieren, insgesamt hätten die Grünen und FDP gesellschaftspolitisch zu viele linke Projekte durchgesetzt. So will Schleswig-Holstein über eine Bundesratsinitiative die „Ehe für alle“, also mit vollem Adoptionsrecht auch für Homosexuelle, beantragen. Außerdem gibt sich die neue Koalition ebenso wie ihre abgewählte Vorgängerin ausgesprochen „weltoffen“ – was faktisch eine Bundesratsinitiative für ein Einwanderungsgesetz bedeutet.  Es bleibt fraglich, ob sich Schleswig-Holstein unter der Jamaika-Regierung wieder an Abschiebungen für ausreisepflichtige afghanische Asylbewerbern beteiligt. SPD-Ministerpräsident Albig hatte während des Wahlkampfs im Februar 2017 Abschiebungen aus Schleswig-Holstein gestoppt – was Analytiker als einen der Gründe für seine Wahlniederlage identifizierten.