Inkonsequenter Kurs: Die Berliner Polizei setzt am Drogenschwerpunkt Kottbusser Tor auf mehr Streifen. Im Görlitzer Park dagegen will die rot-rot-grüne Stadtregierung freie Hand lassen. (Bild: Imago/Olaf Wagner)
Nürnberg

Städte fordern mehr Polizei

Der Deutsche Städtetag hat bei seiner Hauptversammlung in Nürnberg mehr Polizeipräsenz im öffentlichen Raum gefordert. Am Vorabend hatten sich die Unions-Kommunalpolitiker beim Empfang der CSU-Stadtratsfraktion in einem Biergarten ausgetauscht.

Zur Abwehr von Terror und Gewalt hat der Deutsche Städtetag eine stärkere Präsenz der Polizei im öffentlichen Raum gefordert. Das Sicherheitsempfinden der Bürger sei durch Anschläge wie jüngst in Manchester und Auseinandersetzungen bei Fußballspielen oder Demonstrationen beeinträchtigt, sagte Städtetagspräsidentin Eva Lohse (CDU) bei der Hauptversammlung des kommunalen Spitzenverbands, bei der sich 1200 Bürgermeister in der Nürnberger Messe versammelt haben. Sie nahm besonders Polizei und Justiz in die Pflicht: Sie müssten ausreichend Personal einsetzen, um für öffentliche Sicherheit und Ordnung zu sorgen.

Wir erzählen, wie viel Geld irgendwo sein müsste. Und in der Summe ist es einfach nicht da.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beim Deutschen Städtetag

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) versprach, sie werde strukturschwache Regionen stärken. Neue Verteilungsmechanismen seien nötig, um die betroffenen Kommunen besser zu unterstützen. Außerdem sagte sie den Städten zusätzliche Hilfe für Investitionen in Schulen und Infrastruktur und bei der Digitalisierung in der Verwaltung zu – und kam den Städtetag damit bei einer von dessen Hauptforderungen entgegen. Laut Merkel müssten die Kommunen von der geplanten Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen profitieren.

Es sei oft nicht klar, wie viel Geld die Länder an die Kommunen weiterreichten. Man müsse den Bürgern erklären können, nach welchem Muster das funktioniere, sagte die Kanzlerin. „Wir erzählen, wie viel Geld irgendwo sein müsste. Und in der Summe ist es einfach nicht da.“ Merkel verwies auf die gute deutsche Haushaltslage mit einem Überschuss von 5,4 Milliarden Euro. Gerade deswegen seien Verbesserungen nötig.

Bayerische Kommunen können dreimal mehr investieren als Saarländische

Der Hauptgeschäftsführer des Städtetags, Helmut Dedy, forderte eine nachhaltige Stärkung der Investitionskraft der Kommunen. So könnten beispielsweise die Kommunen im Saarland rund 170 Euro pro Einwohner investieren, in Bayern seien es mehr als 510 Euro, sagte Dedy. Die Entwicklungschancen von Regionen und Städten hingen massiv davon ab. Bayerns Innen- und Kommunalminister Joachim Herrmann (CSU) betonte in diesem Zusammenhang, der Freistaat Bayern sei ein verlässlicher Partner für die Kommunen. „Das zeigt die finanzielle Unterstützung: Jeder vierte Euro aus dem Staatshaushalt fließt an unsere Kommunen! Das sind 15 Milliarden Euro allein für das Jahr 2017“, so Herrmann.

Städtetags-Präsidentin Lohse, die auch Oberbürgermeisterin von Ludwigshafen ist, betonte, zusätzliche polizeiliche Aufgaben wollten die Kommunen zwar nicht übernehmen, dafür aber Sicherheitspartnerschaften mit der Polizei ausbauen. Dazu gehöre auch eine Ausweitung der Videoüberwachung mit Augenmaß, sagte Lohse. Erst zu Jahresbeginn hatte der Bundesrat grünes Licht für mehr Videotechnik gegeben. Danach soll etwa die Überwachung von öffentlichen Anlagen wie Sportplätzen und Einkaufszentren sowie des Nahverkehrs erleichtert werden.

Integration kostet.

Eva Lohse (CDU), Städtetags-Präsidentin

Gleichzeitig forderte Lohse von Bund und Ländern mehr Geld für Schulen, Kindergärten, Straßenbau, Infrastruktur und Integration. Zwar sei die finanzielle Lage der Kommunen aufgrund gestiegener Steuereinnahmen besser als noch vor Jahren, sagte sie. Doch gebe es weiter erhebliche Unterschiede zwischen strukturschwachen und wohlhabenden Regionen wie etwa in Bayern. Jährliche Investitionen der Kommunen von derzeit 24 Milliarden Euro reichten bei weitem nicht für Erhalt und Ausbau der Infrastruktur aus. Allein bei Schulen und Verkehrswegen betrage der Investitionsstau jeweils mehr als 30 Milliarden Euro, rechnete Lohse vor. Dies sei angesichts der guten Wirtschaftslage inakzeptabel. Zudem machte sie sich für ein gesamtdeutsches regionales Fördersystem nach dem Auslaufen des Solidarpakts für die ostdeutschen Bundesländer stark.

Münsteraner OB Lewe (CDU) übernimmt 2018 Präsidentschaft

Bei der Hauptversammlung beschäftigten sich die Delegierten auch mit dem Thema Integration. Lohse beklagte, dass nicht alle Länder die vom Bund bereitgestellten Mittel für die Betreuung der Flüchtlinge an die Kommunen weiterreichten. Zudem müsse es bald Antworten von Bund und Ländern darauf geben, wie es nach der bis 2018 zugesagten Finanzierung weitergehe. Für Kita-Plätze, Sprachkurse, Arbeitsmarktmaßnahmen und psychosoziale Betreuung der Flüchtlinge sei weiter Geld nötig. „Integration kostet“, so Lohse. Partnerschaftliches Miteinander bedeute aber auch, als Partner respektiert und vor schleichender Überlastung geschützt zu werden. Diese Position machte der Städtetag unter dem Motto „Heimat. Zukunft. Stadt“  in einer „Nürnberger Erklärung“ deutlich.

Abschließend wurde Eva Lohse, die seit 2015 amtiert, als Präsidentin des Deutschen Städtetages bestätigt. Der Nürnberger OB Ulrich Maly (SPD) wurde erneut Vizepräsident. Da Lohse aber nicht mehr als Ludwigshafener Oberbürgermeisterin kandidiert, scheidet sie zum Jahresende 2017 auch aus dem Amt der Städtetagspräsidentin aus. Ihr folgt, wie in Nürnberg ebenfalls entschieden wurde, am 1. Januar 2018 der Münsteraner Oberbürgermeister Markus Lewe (CDU) nach, bis 2019 regulär ein neues Präsidium gewählt wird.

„Heimat – Zukunft – Stadt“ trifft genau das CSU-Motto

Am Vorabend der Vollversammlung hatte die Nürnberger CSU-Stadtratsfraktion die Unions-Vertreter im Städtetag zum gemütlichen Beisammensein in die Lederer Kulturbrauerei nahe dem Justizpalast geladen. Bei bestem Biergartenwetter tauschten sich mehr als 350 Gäste in gelöster Stimmung mit den Nürnberger Stadträten und CSU-Ortsvorsitzenden aus. „Das Motto der Städtetags-Hauptversammlung ,Heimat – Zukunft – Stadt‘ trifft unsere CSU-Politik in Nürnberg sehr gut.  Wir wollen Heimat erhalten, eine sichere und lebenswerte Zukunft möglich machen und unsere Stadt voranbringen“, betonte CSU-Fraktionschef Sebastian Brehm.

Ein enormer Imagegewinn für unsere Stadt und bundesweite Aufmerksamkeit für Nürnberg.

CSU-Fraktionschef Sebastian Brehm

„Die Städte in Deutschland stehen vor großen Herausforderungen. Sanierungen, Infrastruktur, bezahlbares Wohnen. Das können wir nicht alles im Alleingang stemmen sondern nur zusammen mit Land und Bund. Dazu braucht es eine starke Stimme der Kommunen – und das ist der Deutsche Städtetag mit Eva Lohse an der Spitze“, lobte Brehm die Amtsführung der Städtetags-Präsidentin. Für die Stadt Nürnberg sei die Hauptversammlung eine große Auszeichnung, erklärte der Fraktionschef weiter. „Wir freuen uns, dass die wichtigste Versammlung des Städtetags 2017 in Nürnberg stattfindet. Ein enormer Imagegewinn für unsere Stadt und bundesweite Aufmerksamkeit für Nürnberg.“

Städtetag im Biergarten

Die Gäste aus ganz Deutschland waren von dem gemütlichen Empfang der Nürnberger CSU-Stadtratsfraktion begeistert – und vor allem froh darüber, bei dem tollen Wetter nicht in einer Veranstaltungshalle „eingesperrt“ zu sein. „Das geht in die Geschichte ein als ,Städtetag im Biergarten’“, so einer der Gäste. „Unser ,Empfang-Kommunal‘ war ein voller Erfolg. Wir haben bewusst auf Eventcharakter, Bühnenshow und politische Programmreden verzichtet. Das Miteinander, das gute Gespräch und der Austausch mit den Vertretern der Kommunen aus ganz Deutschland standen im Vordergrund. Der herrliche Biergarten hier ist dafür die beste Umgebung, die man sich wünschen konnte“, bilanzierte Fraktionschef Brehm überglücklich.