In Workshops lernen Kinder, was Werte bedeuten. (Bild: AS)
Integration

Begeisterung für Werte

Was macht Fairness aus und warum gibt es zu Ostern Eier? Migranten in Grundschulen sollen beim interaktiven Projekt "WerteRaum" spielerisch Grundsätze des Zusammenlebens lernen. Integrationsministerin Emilia Müller besuchte einen der ersten Kurse.

Gemeinsam mit zehn Kindern sitzt Sozialministerin Emilia Müller auf kleinen Hockern an einem nachgebauten runden Esstisch. Über die Gruppe wölbt sich ein Zelt, drum herum stehen Staffeleien mit Bildern. Darauf sind Strichmännchen, die Essgewohnheiten darstellen. Müller deutet auf eine der Zeichnungen. Die Kinder blicken auf zwei Männchen, die vor einem riesigen Bananenblatt auf einer Wiese sitzen.

„Wo setzten sich Menschen zum Essen auf den Boden?“, fragt die Ministerin. „Am Lerchenauer See“, antwortet eines der Kinder. „Ja, dort kann man prima Picknick machen. Und wo noch?“, fragt Müller. „In Afrika!“, „In Japan!“ rufen die Schüler.

Universelle Werte vermitteln

Höflichkeit und Respekt, Tischmanieren und Begrüßungsformen. Kinder erlernen Werte am besten spielerisch. Genau da setzt das bayerische Integrationsprojekt „WerteRaum“ an. Es soll Kinder im Grundschulalter mit Migrationshintergrund an unsere Werte heranführen. In Workshops lernen sie beispielsweise, wie der Tisch gedeckt wird, welche Rituale zu Festen gehören oder was es für verschiedene Berufe gibt. „Es geht um universelle Werte wie Fairness, Pünktlichkeit und Hilfsbereitschaft“, sagt Monica Gaubner von der spiel & sport team GmbH. Sie hat das pädagogische Konzept entworfen.

Bayerns Integrationsministerin Emilia Müller besuchte als Schirmherrin einen der ersten Kurse an der Eduard-Spranger-Grundschule im Münchener Stadtteil Feldmoching-Hasenbergl. An der Schule haben 85 Prozent der Kinder einen Migrationshintergrund. Konrektor Oliver Fritscher sieht in den Workshops eine tolle Ergänzung zum regulären Schulunterricht. Lehrer und Erzieher greifen die Themen auch im Unterricht mit auf. Zu den Kursen besuchen die Kinder eine eigene Zeltlandschaft, die Gaubner und ihr Team auf den Pausenhöfen der Schulen aufschlagen.

Kinder können als Mittler unsere Werte näherbringen.

Emilia Müller, bayerische Integrationsministerin

Inhaltlich steht das Modellprojekt, das mit rund 788.000 Euro vom Bayerischen Integrationsministerium gefördert wird, auf drei Säulen: Gemeinschaft, Gleichberechtigung sowie Bildung und Beruf. Integrationsministerin Müller hofft, dass der Funke von den Kleinen auf die Eltern überspringe. „Kinder lernen schnell und sind unglaublich wissbegierig. Und so wie früher die Kinder ihren Eltern den Umweltschutz erklärt haben, so können künftig die Kinder als Mittler zwischen den Kulturen ihren Eltern unsere Werte und unseren Alltag näherbringen“, sagt sie.

Projekt für die ganze Welt

Ein hoher Migrationsanteil unter den Schülern ist eine der Voraussetzungen für eine Teilnahme an dem interaktiven, kostenlosen Programm.

Die Initiatoren bieten „WerteRaum“ von Mai bis Oktober 2017 ausgewählten Grundschulen im Nachmittags- oder Ferienprogramm, Institutionen oder Organisationen in Bayern an. Je nach Aufteilung dauern die Workshops zwischen einer und acht Wochen. Bislang acht Grundschulen in München und vier weitere in Nürnberg sind dabei. 1400 Kinder sollen damit erreicht werden. Bewährt sich das Konzept, könnte sich das Projekt auch deutschlandweit etablieren. Vielleicht sei dies nicht nur ein Projekt für Bayern, sondern für die ganze Welt, sagt Alexander Brochier, Gründer der gleichnamigen Stiftung aus Nürnberg und Projektträger. „Wir wollen Begeisterung für Werte wecken“, sagt er. „Aber man kann Werte nur vorleben, nicht diktieren“, betont er. Im bunt bemalten Zelt auf dem Pausenhof in der Eduard-Spranger-Grundschule klappt das schon ganz gut. Ministerin Müller fragt in die Runde, was den Kindern besonders gefalle an dem Workshop. „Dass wir uns gut verstehen“, sagt ein Junge. Zum Abschied reicht die Schirmherrin jedem Schüler die Hand, die Kleinen sagen artig „Auf Wiedersehen“.

Musterland der Integration

In Bayern leben aktuell rund 2,7 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund. Ein Viertel von ihnen sind Kinder und Jugendliche. Die Integration von Migranten in Bayern befindet sich auf einem bemerkenswert hohen Niveau, laut einer Studie der Hanns-Seidel-Stiftung. Die überwiegende Mehrheit der Befragten fühlt sich hier sehr wohl, ist mit Wohnumfeld, Beruf, Zukunftsperspektiven sowie der herrschenden Lebensqualität überaus zufrieden und kommt mit Nachbarn und Kollegen ausgesprochen gut zurecht. Gefragt, wie gut sie selbst in Deutschland integriert seien, vergeben die Migranten im Schnitt den Wert 7,9 auf einer Skala von 0 bis 10.

Damit das so bleibt, fördert das bayerische Integrationsministerium deshalb allein 2017 verschiedene Einzelprojekte zur Wertevermittlung für Migrantinnen und Migranten mit rund 2,5 Millionen Euro. Damit legen wir den Grundstein, dass Bayern auch in Zukunft das Land der gelingenden Integration bleibe, sagt Integrationsministerin Emilia Müller.