Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen gibt es einen Machtwechsel: Rot-Grün wird für die schlechte Politik abgestraft und ist abgewählt. Die CDU gewinnt bei der Landtagswahl laut vorläufigem amtlichem Endergebnis 6,7 Prozentpunkte und kommt auf 33,0 Prozent. Die SPD stürzt in ihrer „Herzkammer“ um 7,9 Punkte ab auf 31,2 Prozent. SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft übernahm unmittelbar nach den ersten Hochrechnungen die persönliche Verantwortung und trat mit sofortiger Wirkung von allen Parteiämtern zurück. Gleichzeitig gratulierte sie dem Wahlsieger, CDU-Landeschef Armin Laschet.
Heute ist ein guter Tag für Nordrhein-Westfalen. Wir haben gekämpft, und wir haben gewonnen.
Armin Laschet, CDU-Spitzenkandidat in NRW
Die FDP erzielt das beste Ergebnis in NRW seit der Gründung des Landes und steigt um 4,0 auf 12,6 Prozent. Die Grünen erleiden eine schwere Niederlage, verloren 4,9 Prozentpunkte und stürzten auf 6,4 Prozent. Die Linkspartei hat den Sprung in den Landtag nicht geschafft: Sie gewann zwar 2,4 Punkte, blieb aber bei 4,9 Prozent stecken. Die AfD zieht mit 7,4 Prozent erstmals in den Landtag ein. Die Wahlbeteiligung stieg um 5,6 Punkte auf 65,2 Prozent. In NRW wohnt rund ein Fünftel aller bundesdeutschen Wahlberechtigten.
Nur Schwarz-Gelb scheint möglich
„Heute ist ein guter Tag für Nordrhein-Westfalen“, rief CDU-Spitzenkandidat Armin Laschet aus, als er nach einem mehrminütigen Jubel- und Applaus-Sturm sowie „Armin, Armin“-Sprechchören seiner Anhänger zu Wort kam. „Wir haben gekämpft, und wir haben gewonnen.“ Die CDU habe beide Wahlziele erreicht, nämlich die rot-grüne Regierung zu beenden und selbst stärkste Partei zu werden, so Laschet. Die Wähler hätten klargemacht, sie wollten eine andere Politik, vor allem in der Bildungs- und Infrastrukturpoliitk sowie der Inneren Sicherheit. Seiner Kontrahentin Kraft sprach der CDU-Landeschef seinen „großen Respekt“ wegen ihres Rücktritts und für ihre Leistung aus.
Die Koalitionsbildung könnte heikel werden: CDU und FDP haben zusammen genau 100 von 199 Sitzen, das wäre eine hauchdünne Mehrheit. Der Landtag wächst wegen Überhang- und Ausgleichsmandaten um 18 Sitze. Allerdings machte CDU-Chef Laschet bereits deutlich, dass die FDP gerade in der inneren Sicherheit konträre Positionen besetzt: So wendeten sich die Liberalen gegen Schleierfahndung, Vorratsdatenspeicherung und mehr Videoüberwachung. FDP-Vorsitzender Christian Lindner seinerseits präsentierte sich am Wahlabend bereits in Bundestags-Wahlkampflaune und kokettierte mit dem erneuten Gang in die Opposition. Unterdessen schloss die SPD eine große Koalition unter Führung der CDU aus. Die beiden möglichen Dreier-Koalitionen wurden von den kleinen Parteien ausgeschlossen: „Jamaika“ wollen die Grünen nicht, die „Ampel“ ist mit der FDP nicht zu machen.
Ich habe schon vor einer Woche gesagt, dass die Schulz-Festspiele vorbei sind.
CSU-Chef Horst Seehofer
„Die CDU hat die Herzkammer der SPD erobert. Rot-Grün ist abgewählt“, sagte CDU-Generalsekretär Peter Tauber. „Das ist ein schwerer Tag für die SPD, ein schwerer Tag auch für mich persönlich“, musste dagegen SPD-Chef und Kanzlerkandidat Martin Schulz einräumen. Er beeilte sich aber zu betonen, dies sei vor allem ein landespolitisches Ergebnis – ungeachtet der großen Signalwirkung, die er selbst der NRW-Wahl zugeschrieben hatte. SPD-Vize Ralf Stegner sprach von einem „Leberhaken für die SPD“.
Gratulation und Mahnung an CDU
Gratulationen erreichen die NRW-CDU auch von der Schwesterpartei CSU: Das CDU-Ergebnis sei eine „großartige Leistung“, die Union sei „richtig glücklich“, sagte CSU-Parteichef Horst Seehofer. „Gratulation an Armin Laschet und Angela Merkel.“ CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sagte in der ARD: „Wir freuen uns mit unseren Freunden bei der CDU Nordrhein-Westfalen.“ Rot-Grün in Düsseldorf sei wegen seiner „grottenschlechter Bilanz“ abgewählt worden.
Gleichzeitig mahnte CSU-Chef Seehofer die Union, nach dem Wahlsieg in NRW auf dem Teppich zu bleiben. Stimmungen könnten sich „fast torpedoartig ändern“, warnte der bayerische Ministerpräsident. „Deshalb ist das noch längst keine Vorentscheidung für die Bundestagswahl.“ Die Wegstrecke bis zur Wahl im September sei nämlich noch genau so lange wie vom dem Beginn des Hypes um SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz bis jetzt.
Euphoriebremse: Stabilisierung der Union, mehr nicht
Seehofer sagte allerdings auch, er habe Recht behalten: Er habe schon vor gut einer Woche gesagt, die „Schulz-Festspiele“ seien vorbei. „Und so ist es.“ Die CDU-Siege im Saarland, Schleswig-Holstein und NRW seien eine „Stabilisierung der Union“: „Aber mehr ist es nicht.“ Deshalb müsse man die kommenden Monate bis zur Bundestagswahl „sehr klug und sehr bescheiden“ angehen.
Ausschlaggebend für die deutliche Wahlniederlage von Rot-Grün in Düsseldorf ist nach Einschätzung Seehofers eine schlechte Regierungspolitik gewesen, etwa in den Bereichen Bildung und Innere Sicherheit. „Es zeigt, wie schnell sich die Stimmung in der Bevölkerung verändert, wenn die Leistung nicht stimmt.“ Den Rücktritt von Hannelore Kraft als SPD-Landeschefin nannte er „konsequent“.