Der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses Sebastian Edathy. (Bild: Imago/Common Lens)
Edathy

Berufung gegen SPD-Urteil

Scham oder Selbstkritik kennt er anscheinend nicht: Der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Edathy will die Entscheidung der Schiedskommission des SPD-Bezirks Hannover, seine Parteirechte drei Jahre auszusetzen, nicht akzeptieren. Er werde gegen die Entscheidung Berufung bei der SPD-Bundesschiedskommission einlegen, teilte Edathy über Facebook mit.

Es sei zwingend gewesen, den Antrag des SPD-Bundesvorstandes auf seinen Parteiausschluss abzulehnen, heißt es weiter in seiner Erklärung. Unverständlich bleibe aber gerade deshalb, wieso seine Mitgliedsrechte für drei Jahre ruhen sollen. Einen Tag zuvor hatte das Schiedsgericht des SPD-Bezirks Hannover mitgeteilt, dass Edathy seine SPD-Mitgliedschaft wegen des Besitzes von kinderpornografischen Fotos und Videos drei Jahre ruhen lassen muss. Aus der Partei ausgeschlossen werden soll er laut Bezirksschiedsgericht nicht.

Die SPD-Parteiführung in Berlin setzt im Gegenzug alles daran, den moralischen Ballast, den sie offensichtlich im Zug der Edathy-Affäre befürchtet, rechtzeitig vor dem Bundestagswahlkampf 2017 endgültig loszuwerden und behält sich ihrerseits weitere rechtliche Schritte vor. Nach der Entscheidung der Schiedskommission des Bezirks Hannover in dem Parteiordnungsverfahren werde diese entweder akzeptiert oder es werde geprüft, „inwieweit wir die nächste Instanz einschalten“, sagte Generalsekretärin Yasmin Fahimi in Berlin. Der SPD-Vorstand könnte jetzt die Bundesschiedskommission anrufen. Edathy war wegen des Besitzes von kinderpornografischem Material angeklagt worden – das Verfahren wurde gegen Zahlung von 5000 Euro eingestellt. Das Verhalten sei parteischädigend, so Fahimi.

„Daher war es für uns wichtig, das Signal zu setzen, dass wir das für nicht akzeptabel und nicht vereinbar mit der Parteimitgliedschaft halten.“ Es gehe bei dem Verfahren aber nicht allein um die Frage eines Ausschlusses, sondern um die Prüfung seines Fehlverhaltens und möglicher Sanktionsmaßnahmen. Das Verfahren war im Februar 2014 von der SPD-Spitze eingeleitet worden. Diese ist der Ansicht, dass Edathy durch Besitz von kinderpornografischem Bildmaterial gegen das Selbstverständnis der SPD verstoßen hat. Um ihn auszuschließen, müsste ein Verstoß gegen die SPD-Grundwerte nachgewiesen werden.

Kopfschütteln über Edathys Kaltschnäuzigkeit

Kopfschütteln hatte Edathy zuvor ausgelöst mit einer Facebook-Wette, dass sein von der Parteispitze geforderter Rauswurf aus der SPD scheitern wird. Er wette, „dass er am Ende des laufenden SPD-Parteiordnungsverfahrens NICHT aus der SPD ausgeschlossen wird“, schrieb Edathy bei Facebook bereits Ende April – und verwies nun angesichts der nahenden Entscheidung über seinen Ausschluss als „Lektüre-Empfehlung fürs Willy-Brandt-Haus“ zusätzlich auf einen Kommentar der „Süddeutschen Zeitung“, in dem der SPD-Spitze ein fragwürdiges Verhalten gegenüber Edathy attestiert wird.

Edathy war von 2005 bis 2009 Vorsitzender des Bundestags-Innenausschusses und von 2012 bis 2013  Vorsitzender des NSU-Untersuchungsausschusses. Mit Erklärung vom 6. Februar 2014 legte er sein Mandat nieder, kurz vor dem Bekanntwerden der laufenden Ermittlungen gegen ihn aufgrund des Verdachts, sich kinderpornografisches Material beschafft zu haben. Der damalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (SPD) informierte SPD-Chef Gabriel während der Koalitionsverhandlungen im Herbst 2013 vertraulich von dem Verdacht gegen Edathy. Weil SPD-Fraktionschef Oppermann diese Information öffentlich machte, musste Friedrich im Februar 2014 – mittlerweile Landwirtschaftsminister – zurücktreten. Im März 2015 räumte Edathy in einer Prozesserklärung seines Anwalts ein, „die Vorwürfe“ träfen zu; er habe „einen Fehler gemacht“ und „bereue“ dies. Das Gerichtsverfahren wurde daraufhin „wegen geringer Schwere der Schuld“ gegen Zahlung von 5000 Euro eingestellt. Er gilt somit als nicht vorbestraft. Edathy betonte im Anschluss, dass es sich nicht um ein Geständnis gehandelt habe

dpa/Wikipedia/wog