Kein Platz für türkische Politiker
Paris streitet über Wahlkampfauftritte türkischer Politiker. Präsidentschaftskandidat Fillon wirft Präsident Hollande vor, die europäische Solidarität gerbrochen zu haben. Die linke Tageszeitung Le Monde fordert europäische Festigkeit im Umgang mit Erdogans Türkei, die in eine mittelöstliche Diktatur abgleite.
Frankreich

Kein Platz für türkische Politiker

Paris streitet über Wahlkampfauftritte türkischer Politiker. Präsidentschaftskandidat Fillon wirft Präsident Hollande vor, die europäische Solidarität gerbrochen zu haben. Die linke Tageszeitung Le Monde fordert europäische Festigkeit im Umgang mit Erdogans Türkei, die in eine mittelöstliche Diktatur abgleite.

In Frankreich haben Teile der Opposition die Regierung scharf dafür kritisiert, in Metz – nur 50 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt – einen Auftritt des türkischen Außenministers Mevlüt Cavusoglu zugelassen zu haben. Cavusoglu hatte dort vor knapp 1000 Personen gesprochen und dabei auch Deutschland und die Niederlande angegriffen.

Präsident Hollande hat auf flagrante Weise die europäische Solidarität gebrochen.

Franςois Fillon, Präsidentschaftskandidat der Républicains

Der republikanische Präsidentschaftskandidat Franςois Fillon warf daraufhin „der Regierung von Präsident Franςois Hollande“ vor, den türkischen Außenminister „mit Beflissenheit“ empfangen zu haben. Fillon veröffentlichte eine Erklärung, die die Pariser Tageszeitung Le Figaro wiedergibt: „Dadurch hat Franςois Hollande auf flagrante Weise die europäische Solidarität gebrochen.“ Zwei der engsten französischen Verbündeten, Deutschland und die Niederlande, seien öffentlich „ auf unerhörte Weise“ von türkischen Regierungsangehörigen beleidigt worden, so Fillon: „Die französische Regierung hätte diesen Auftritt verhindern müssen.“

Wir können nicht zulassen, dass die türkische Regierung Deutschland und die Niederlande als Nazis behandelt, ohne darauf zu reagieren.

Franςois Fillon

Im Fernsehsender Europe 1 forderte Fillon von Paris „größere Festigkeit“ gegenüber der Türkei: „Wir können nicht zulassen, dass die türkische Regierung Deutschland und die Niederlande als Nazis behandelt, ohne darauf zu reagieren.“ Im Namen der europäischen Solidarität und im Namen der Solidarität mit den deutschen und niederländischen Nachbarn hätte der Auftritt in Metz verhindert werden müssen. Der Kandidat der Partei Les Républicains betonte außerdem, dass es für die Türkei in der Europäischen Union keinen Platz geben könne.

Europäische Festigkeit gefordert

Kritik kam auch von der französischen Grünen-Partei „Europa Ökologie Die Grünen“ (EELV), die der sozialistischen Regierung vorwarfen, sich durch die Hinnahme des türkischen Auftritts in Metz zum Komplizen des Regimes in Ankara zu machen. Frankreichs Pflicht sei es, die „autoritäre Entwicklung des Regimes“ anzuprangern, so EELV-Vertreter. Problem für die Sozialisten: Im Präsidentschaftswahlkampf arbeiten die französischen Grünen mit dem sozialistischen Linksaußen-Kandidaten Benoît Hamon zusammen. Hamon versuchte, sich und die sozialistische Regierung mit Hinweisen auf die Meinungs- und Debattenfreiheit hinauszureden. Ähnlich hilflos klang Hollandes Außenminister Jean-Marc Ayrault.

Kann die EU zulassen, dass Erdogans Türkei den Niederlanden Sanktionen androht? Die Antwort ist Nein.

Le Monde

Europäische – und französische – Festigkeit gegenüber der Türkei fordert dagegen auch die den Sozialisten nahestehende Pariser Tageszeitung Le Monde. „Kann die EU darüber hinweggehen und ‚normale‘ Beziehungen zu einem Mann unterhalten, der derart mit historischer Negierung und mit den Gefühlen seiner Gesprächspartner spielt? Kann die EU zulassen, dass Erdogans Türkei den Niederlanden Sanktionen androht? Die Antwort ist Nein.“ Weder die Probleme der Türkei in ihrer Region, noch Terrorgefahren, noch Ankaras Unterstützung bei der Bewältigung Migrantenkrise könnten rechtfertigen, dass die Europäer sich von Herrn Erdogan beleidigen ließen: „Die Europäer müssen ihm mit Festigkeit antworten. Und auf intelligente Weise.“ Die EU müsse „so schnell wie möglich und einstimmig ihre Solidarität mit jenen ihrer Mitglieder erklären, die Herr Erdogan in unerträglicher Weise behandelt hat – angefangen mit Deutschland.“

Das türkische Regime nähert sich dem diktatorischen Herrschaftsmodell des Mittleren Ostens an.

Le Monde

Die Türkei, urteilt auch Le Monde, entferne sich jeden Tag weiter von der EU. Das für 16. April vorgesehenen Referendum über eine strikte Präsidialverfassung vollende Erdogans Abgleiten in autoritäre Herrschaft, so Le Monde: „Damit wird sich das türkische Regime dem Diktaturmodell des Mittleren Ostens annähern.“