Handwerker gefragt
Die Internationale Handwerksmesse in München bietet Besuchern nicht nur Neuheiten. Sie dient Interessierten ebenfalls als Berufsmesse. Während es der Branche deutschlandweit an Nachwuchs fehlt, hat sich die Ausbildungssituation im Freistaat stabilisiert.
Ausbildung

Handwerker gefragt

Die Internationale Handwerksmesse in München bietet Besuchern nicht nur Neuheiten. Sie dient Interessierten ebenfalls als Berufsmesse. Während es der Branche deutschlandweit an Nachwuchs fehlt, hat sich die Ausbildungssituation im Freistaat stabilisiert.

Handwerker in Deutschland blicken auf ein Rekordjahr zurück. Die Umsätze der rund eine Million Handwerksbetriebe stiegen nach Schätzung des Zentralverbands des Deutschen Handwerks um 3,5 Prozent. Doch das Geschäft hätte noch besser werden können, wenn die Betriebe die Fachkräfte bekommen hätten, die sie hätten brauchen können, sagte der Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, Holger Schwannecke. Deshalb drehen sich auf dem diesjährigen Branchentreff auch viele Diskussionen um das Thema Nachwuchsmangel.

Leistungsschau und Berufsmesse

Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner eröffnete die 69. Handwerksmesse IHM in München gemeinsam mit Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries. Vom 8. bis 14. März sind 1036 Firmen auf dem Messegelände München zu Gast. Unter ihnen Schreiner, Maler, Dachdecker, Glaser, Ofenbauer, Zimmerer und viele weitere Gewerke, die ihre Leistungen, Lösungen und Neuheiten für Privatkunden ebenso wie für Auftraggeber aus dem öffentlichen und gewerblichen Bereich vorstellen – von der effizienten Heizanlage bis zum Dachfenster, von Bau- und Ausbauideen bis zu individuell angefertigten Möbeln oder Schmuck. Besucher können sich auf über 75.000 Quadratmetern informieren, beraten lassen, Angebote vergleichen und Neuheiten aus dem Handwerk sehen.

Die Messe zeigt wieder einmal, warum ‚Made in Germany‘ so erfolgreich ist. Entscheidende Faktoren sind dabei: Innovationskraft, Kreativität und Können.

Ilse Aigner, bayerische Wirtschaftsministerin

Gleichzeitig ist die IHM auch Berufsmesse. Auf der Sonder- und Aktionsschau „YoungGeneration“ können sich Berufseinsteiger einen Eindruck von den beruflichen Perspektiven im Handwerk verschaffen. Im Fokus steht 2017 unter anderem das Design als Zukunftsbereich des 21. Jahrhunderts. Unter dem Titel „Wege zum Design – Ausbildung in Bayern“ stellen bayerische Fachschulen, Akademien und Hochschulen unterschiedliche Karrierewege vor.

Jede zehnte Ausbildungsstelle bleibt unbesetzt

Handwerker in Deutschland haben im vergangen Jahr zwar gute Geschäfte gemacht, doch vielen fehlt der Nachwuchs. Obwohl die Umsätze steigen, ist die Zahl der jährlich neu eingestellten Auszubildenden seit Beginn dieses Jahrzehnts um über 70.000 zurückgegangen. Grund dafür ist nicht nur der demografische Wandel. Abitur und Studium spielen für Jugendliche eine große Rolle und sie entscheiden sich immer öfter für eine akademische Laufbahn. Inzwischen bleibt jede zehnte Ausbildungsstelle unbesetzt. Vertreter des Zentralverbands des Deutschen Handwerks appellieren deshalb an die Politik, die Chancen dualer Ausbildung zum Thema zu machen.

Mehr Lehrlinge in Ostbayern

In den Regionen in Bayern hingegen haben sich erstmals seit sechs Jahren wieder mehr Jugendliche für eine Lehre im Handwerk entschieden. Die aktuelle Jahresstatistik 2016 der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz weist einen positiven Trend auf dem ostbayerischen Lehrstellenmarkt aus, laut Presseagentur obx-news.

Die Ausbildungssituation im Handwerk hat sich stabilisiert.

Hans Schmidt, Handwerkskammer

Im ganzen Freistaat erhöhte sich die Zahl der neuen Lehrverträge 2016 um 1,5 Prozent. In Ostbayern fiel der Anstieg mit 3,8 Prozent mehr als doppelt so hoch aus. Die Zahl der neu abgeschlossenen Lehrverträge ist in absoluten Zahlen in Ostbayern von 5588 im Jahr 2015 auf 5799 im Jahr 2016 gewachsen. „Die Ausbildungssituation im Handwerk hat sich stabilisiert. Gerade im Hinblick auf die demografische Entwicklung und den Trend hin zum Studium werten wir das als ein sehr gutes Zeichen“, sagt Hans Schmidt, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer.

Gesucht: Bäcker und Metzger

Deutschlandweit hat die Zahl der Lehrverträge seit 2010 jedoch um 17 Prozent abgenommen. Wurden vor sieben Jahren noch 439.000 Lehrverträge abgeschlossen, waren es nach Zahlen des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) im Jahr 2015 nur noch 363.000. Besonders dramatisch ist der Schwund in einigen traditionellen Berufen: Die Zahl der Bäcker- und Metzgerlehrlinge hat sich in den vergangenen zehn Jahren halbiert. Damit leiden die Lebensmittel-Handwerker gleich doppelt. In ihrer Branche gibt es nicht nur immer weniger Auszubildende, auch die Zahl der Betriebe geht im Gegensatz zum allgemeinen Trend zurück. Die Bäcker etwa bildeten 2008 etwa 36.000 Lehrlinge aus, 2015 waren es noch knapp 19.000. Die Zahl der Bäckereien schrumpft langsamer, doch ebenso stetig. Sie hat sich seit Mitte der neunziger Jahre ebenfalls halbiert, von etwa 25.000 auf gut 12.000. Vielen Bäckermeistern fehlt der Nachfolger. Bei den Metzgern ist der Nachwuchsmangel sogar noch stärker: 2008 gab es noch knapp 7000 Metzgerlehrlinge, 2015 waren es nur noch knapp 3200. Laut ZDH kann im Fleischerhandwerk jede dritte Lehrstelle nicht mehr besetzt werden.

Bürokratie bremst Bäckerhandwerk

Der Wettbewerb ist hart. „Wir konkurrieren direkt mit der Industrie“, sagt ein Münchner Bäcker zur billigeren Ware aus großen Brotfabriken, die in Supermärkten und Backshops verkauft wird. In der Stadt werden Bäckereien oft von Wettbewerbern übernommen, so dass zumindest die Verkaufsstelle erhalten bleibt. Auf dem Land dagegen bedeutet eine Schließung häufig, dass Metzger oder Bäcker endgültig verschwinden.

Hauptgrund ist sicherlich die steigende finanzielle Last und der bürokratische Aufwand.

Daniel Schneider, Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks

Die Bäcker machen nicht nur den demografischen Wandel und Trend zum Studium dafür verantwortlich. „Hauptgrund ist sicherlich die steigende finanzielle Last und der bürokratische Aufwand“, sagt Daniel Schneider, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Bäckerhandwerks. Er nennt verschärfte Aufzeichnungspflichten durch das Mindestlohngesetz, die Lebensmittel-Informationsverordnung und Deklarationspflichten. Ein Beispiel für die ungeliebten Dokumentationspflichten: Täglich muss die Temperatur der Kühlschränke gemessen und für spätere Inspektionszwecke aufgezeichnet werden.