Sonnenaufgang über den bayerischen Alpen. (Bild: A. Schuchardt)
Umweltschutz

Netzwerken in den Alpen

Mit Forschungsprojekten, einem alpinen Städtenetzwerk und Hochwasserschutzstrategien soll der Alpenraum zur Musterregion "für intelligentes Miteinander von Ökonomie und Ökologie werden". Bayern hat derzeit den Vorsitz der EU-Alpenstrategie.

Ein grenzüberschreitendes Forschungsnetzwerk, ein transnationaler Bildungsraum für duale Berufsausbildung im Alpenraum und besserer öffentlicher Personenverkehr über die Grenzen hinweg – das haben sich Vertreter der Alpenländer vorgenommen. Derzeit führt Bayern den Vorsitz der Generalversammlung, die politische Schwerpunkte der EU-Alpenstrategie (EUSALP) beschließt. Europaministerin Beate Merk und Umweltministerin Ulrike Scharf trafen sich dazu mit den Vertretern der Mitgliedstaaten und Regionen am Tegernsee.

Gemeinsam machen wir die EUSALP zu einer starken Stimme in Europa – für sieben Staaten, für 48 Regionen, für 80 Millionen Menschen. Gerade jetzt brauchen wir Zusammenarbeit und gemeinsame Erfolge in der EU. Mit der EU-Alpenstrategie senden wir ein starkes Signal: Wir reden nicht nur, wir handeln.

Beate Merk, bayerische Europaministerin

Neun Aktionsgruppen sollen bis Herbst 2017 konkrete Projekte zu einzelnen Umweltschwerpunkten erarbeiten. Dazu zählen das Forschungsprojekt „AlpSense“ zur Überwachung von klimabedingten Naturgefahren in alpinen Regionen mit Fernerkundungsdaten, der Aufbau eines alpinen Städtenetzwerks grüner Infrastrukturen und der Hochwasserschutz durch alpine Schutzwälder. Um auf das Thema in der Bevölkerung aufmerksam zu machen rufen die Initiatoren zum Fotowettbewerb „Us and the Alps“ auf.

Für den Erfolg der Projekte sind die Politiker auf die Zusammenarbeit mit den Menschen vor Ort sowie mit den Kommunen, Institutionen, Unternehmen und Verbänden angewiesen. Umweltministerin Ulrike Scharf versteht den Vorsitz der Alpenstrategie als historische Chance. Der Alpenraum soll zu einer Musterregion für „ein intelligentes Miteinander von Ökonomie und Ökologie werden“.

Alpen: Wirtschaftsraum und Symbol für den Klimawandel

Die Alpenregion ist einer der größten Natur-, Wirtschafts- und Produktionsräume in Europa mit über 80 Millionen Einwohnern sowie eine der attraktivsten Touristenregionen mit Millionen von Gästen pro Jahr. Während sich Handel, Gewerbe und Industrie im Alpenraum in den Hauptsiedlungsräumen der Alpenrandlagen sowie in den großen Alpentälern entlang der großen Verkehrsachsen konzentrieren, sind über 40 Prozent der Alpenfläche nicht ständig bewohnt.

Die bayerischen Alpen sind aber auch ein Symbol für den Klimawandel geworden. Denn hier zeigt sich der vom Menschen verursachte Treibhauseffekt besonders deutlich. So ist vom nördlichen Schneefernergletscher verglichen mit dem Zustand vor 85 Jahren nur noch zehn Prozent seiner Fläche übrig geblieben. Trotzdem ist er mit noch 40 Hektar der größte Gletscher in Deutschland. Hier befindet sich auch das Schneefernerhaus, Deutschlands höchstgelegene Umweltforschungsstation. (Lesen Sie hierzu die Reportage aus dem aktuellen Bayernkurier: Die Datenschmiede auf der Zugspitze)

Datenschmiede an der Zugspitze: das SchneefernerhausPlay Video
Datenschmiede an der Zugspitze: das Schneefernerhaus

Der Freistaat Bayern machte aus dem ehemaligen Luxushotel in den 1990er-Jahren eine Forschungsstation mit dem Ziel, repräsentative Daten über den Zustand der Atmosphäre zur globalen Klimaforschung beizusteuern, weit entfernt von Automotoren und Industrieschornsteinen. Ulrike Scharf, bayerische Umweltministerin, bezeichnet das Schneefernerhaus als „Kristallisationspunkt für Klimaforscher aus der ganzen Welt“. Etwa zehn Millionen Euro steckte der Freistaat seit 2005 in das Haus. „Gute wissenschaftliche Erkenntnisse sind das Fundament für regionale Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel. Mit der Umweltforschungsstation Schneefernerhaus sind wir vor 16 Jahren in eine neue Dimensionen der Klimaforschung vorgestoßen“, sagt Scharf. Künftig soll die Forschung an der Station zu einem virtuellen Alpenobservatorium gebündelt werden. Dahinter steckt ein Kooperationsnetzwerk europäischer Berg- und Umweltobservatorien. Messdaten sollen so einmal über ein Onlineportal für Institutionen abrufbar sein, verglichen und ausgewertet werden können.

Eine Strategie für die Alpen

Zur Auftaktveranstaltung zum bayerischen EUSALP-Vorsitz am 13. Februar 2017 am Tegernsee kamen politische Vertreter der Mitgliedstaaten zusammen, darunter der slowenische Außenminister Karl Erjavec, der Landeshauptmann von Tirol, Günther Platter, sowie die Regierungschefs des Trentino und von Bozen-Südtirol.

Die EU-Alpenstrategie betrifft sieben Staaten und 48 Regionen dieser Staaten im Alpenraum. Ihr Aktionsplan vom 28. Juli 2015 konzentriert sich auf die drei thematischen Schwerpunkte Wettbewerbsfähigkeit und Innovation, umweltfreundliche Mobilität sowie nachhaltige Bewirtschaftung von Energie-, Natur- und Kulturressourcen, die in neun konkreten Aktionen bearbeitet werden.

Anfang Oktober treffen die EUSALP-Umweltminister zu einer Konferenz in München zusammen. Ende November 2017 folgt das Jahresforum, ebenfalls in der bayerischen Landeshauptstadt. Dort werden die Projekte vorgestellt und mit Bürgern, Verbänden, Wirtschaft, Kommunen und Institutionen diskutiert.