Ein Lkw ist in einen Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz in Berlin gerast. (Bild: Imago/Pacific Press Agency)
Anschlag

Ermittlung mit vielen Unbekannten

Die Polizei folgt einer neuen heißen Spur: Im Lkw, mit dem ein Terrorist den Anschlag auf den Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche verübte, wurden Duldungspapiere eine Tunesiers gefunden. Der Mann gilt den Behörden als "Gefährder", ist jedoch offenbar seit längerem untergetaucht.

Sicher ist rund um den mutmaßlichen Anschlag auf den Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Breitscheidplatz vom Montagabend bislang: Um 20.02 Uhr ging bei der Polizei der erste Notruf ein. Um 20.56 Uhr nahm eine Funkstreife in der Nähe der Siegessäule den pakistanischen Flüchtling Naved B. fest. Den Mann musste die Polizei mittlerweile wieder laufen lassen, da sie vom Tatverdacht wieder abrückte. Inzwischen verfolgt sie aber eine neue heiße Spur: Der Spiegel berichtet, unter dem Fahrersitz des Lkw sei eine Duldungsbescheinigung gefunden worden. Laut Bild gilt der darauf zu identifizierende Mann als Gefährder. Er sei eingebettet in ein großes Islamisten-Netzwerk und werde von Ermittlern als „brandgefährlich“ eingestuft.

Das Dokument sei auf einen tunesischen Staatsbürger namens Anis A. ausgestellt, berichten beide Medien. Laut „Bild“ ist der Mann zwischen 21 und 23 Jahre alt. Der Verdächtige solle auch mit zwei Aliasnamen und verschiedenen Geburtsdaten bekannt sein. Er sei der Polizei wegen Körperverletzung bekannt, konnte aber noch nicht angeklagt werden, weil er untergetaucht sei.

Wenig gesicherte Fakten

Über den Ablauf der gesamten Tat sind bislang wenig harte Fakten bekannt. Zum getöteten Lkw-Fahrer der polnischen Spedition, welcher der bei dem Anschlag verwendete Lastwagen gehört, lag den Behörden bis 15.30 Uhr am Dienstag noch kein Obduktionsbericht vor. Wurde er vom Täter bei der Entführung des Fahrzeugs umgebracht? Erst später? Die Obduktion des 37-jährigen Lkw-Fahrers ergab nach Informationen der Bild-Zeitung angeblich, dass er bis zum Attentat lebte. Er sei beim Anschlag in der Fahrerkabine gesessen und soll mit dem Täter gekämpft haben, darauf deuteten Spuren hin. Der Attentäter soll mit einem Messer mehrmals auf den Polen eingestochen und ihn nach dem Stillstand des Lkw schließlich erschossen haben, so die Bild.

Sein Unternehmen behauptet jedenfalls, es hätte seit 16 Uhr kein Kontakt mehr zum Fahrer bestanden. So dass auch der Ablauf der Attacke noch unklar ist – bis auf ihr tragisches Ende: Nach 20 Uhr fuhr der Lastwagen eine todbringende Schneise in die Menschenmenge zwischen den Christkindlmarkt-Buden und kam nach etwa 60 bis 80 Metern zum Stehen.

Resonanz im Netz

Augenzeugen folgten dem Täter, der danach aus dem Führerstand sprang und floh, in Richtung Tiergarten. Nach Auskunft von Berlins Polizeipräsident Klaus Kandt verloren sie aber seine Spur. Die Berliner Polizei schließt nicht aus, insgesamt könne es sich um mehrere Täter gehandelt haben. „Wir ermitteln in alle Richtungen“, versichert Generalbundesanwalt Frank. Zum klassischen Vorgehen zähle, dass man sich nicht am Anfang einer Ermittlung auf einen bestimmten Täter oder Tathergang einenge.

Im Internet haben wir Resonanz auf die Tat festgestellt. Aber wir haben bislang keine klare Bekennung.

Holger Münch, Präsident Bundeskriminalamt

Der Hintergrund scheint sich immerhin langsam aufzuklären. Seit Dienstag-Abend liegt den Behörden eine Bekennung des so genannten Islamischen Staates zu dem Anschlag vor.