Mit großangelegten Kontrollaktion wie hier in Berlin-Neukölln geht die Polizei gegen kriminelle Clans vor. (Foto: Picture Alliance/Paul Zinken/dpa)
Straftaten

Kampferfahren und kriminell

Das Bundeskriminalamt verweist auf eine steigende Anzahl von "tatverdächtigen Zuwanderern" in den Verfahren gegen Clan-Kriminalität. Die Ermittler befürchten Auseinandersetzungen zwischen alteingesessenen Clans und neuen Gruppen.

Auf eine steigende Anzahl von „tatverdächtigen Zuwanderern“ in den Ermittlungsverfahren gegen die Organisierte Kriminalität von Clans verweist der Präsident des Bundeskriminalamtes, Holger Münch. Zwar gebe es noch keine verfestigten Strukturen, doch: „In etwa einem Drittel der Verfahren sind auch Zuwanderer als Tatverdächtige aufgetaucht. Und das bedeutet, wir müssen das Phänomen weiter sehr genau im Auge behalten“, sagt Münch in der ARD-Dokumentation „Beuteland – Die Millionengeschäfte krimineller Clans“ von WDR und RBB.

Konkurrenz im Drogenhandel

Man dürfe „solche Dinge nicht über Jahre laufen lassen. Das ist, glaube ich, die große Lehre, die wir aus den Entwicklungen der letzten 30 Jahre ziehen müssen“, so der BKA-Chef. Als Zuwanderer gelten dem BKA zufolge Asylbewerber, Asyl- und Schutzberechtigte, Geduldete aber auch unerlaubt aufhältige Migranten.

Nach Aussage des Essener Polizeipräsidenten Frank Richter beobachtet die Polizei, dass Zuwanderer den alteingesessenen arabisch-libanesischen Clans zunehmend Konkurrenz machen und sie unter Druck setzen. Während Zuwanderer aus dem Irak lange nur als sogenannte Läufer im Drogenhandel für die Alt-Clans tätig gewesen seien, seien nun Gruppierungen zu beobachten, die versuchten, „die Geschäfte zu übernehmen“.

Richter befürchtet, dass es zwischen den alteingesessenen Clans und den neuen Gruppen zu Auseinandersetzungen kommen könnte. Manche neu Zugewanderten würden über „Kampferfahrung verfügen“. „Das ist natürlich noch mal eine ganz, ganz andere Qualität als das, was wir momentan haben.“

Mehr als 10.000 Delikte in NRW

Allein in Nordrhein-Westfalen gab es nach Angaben des Innenministeriums in diesem Jahr bislang 720 Razzien gegen Clan-Kriminalität. Das geht aus einer Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage der Rheinischen Post hervor. Seit der Erfassung solcher Razzien im Juli 2018 gab es insgesamt 860 Durchsuchungen. Die Fahnder kontrollierten dabei mehr als 26.100 Menschen – davon 19.200 in diesem Jahr. Sie registrierten mehr als 10.000 Straftaten und Ordnungswidrigkeiten und nahmen rund 350 Personen fest.

Bereits im Frühjahr veröffentlichte das BKA ein eigenes Lagebild zur Kriminalität unter Zuwanderern. Die Erkenntnis: Keine andere Gruppe ist in der Kriminalstatistik so stark überrepräsentiert wie Asylbewerber, Flüchtlinge und Geduldete. Die Zuwanderer machen zwar nur zwei Prozent der Bevölkerung in Deutschland aus, aber im Jahr 2018 stellten sie elf Prozent der Verdächtigen bei Körperverletzungen, 15 Prozent der Verdächtigen bei Tötungsdelikten, 12 Prozent der Verdächtigen bei Vergewaltigungen und schweren sexuellen Nötigungen.

Männliche Mehrfachtäter

Besonders häufig tauchen junge, männliche Migranten in der Kriminalstatistik auf: 86 Prozent der tatverdächtigen Zuwanderer waren im Jahr 2018 männlich, 65 Prozent jünger als 30 Jahre. Ein Drittel der tatverdächtigen Zuwanderer war mehrfach tatverdächtig und für mehr als zwei Drittel aller Straftaten mit tatverdächtigen Zuwanderern verantwortlich.

(dpa/BK)