Ärger bei der SPD-Parteizeitung Vorwärts: Wie die ZDF-Sendung Frontal21 berichtet, vermarktet eine Kommunikationsagentur des SPD-Parteimagazins offenbar Gespräche von Unternehmen und Lobbygruppen mit SPD-Spitzenpolitikern. Unter der Bezeichnung der „Vorwärts-Gesprächsreihe“ seien Minister, Staatssekretäre und weitere Funktionäre über die Agentur NWMD, eine Tochter der Vorwärts, bei Lobbyisten und Konzernen angeboten worden. Eine versteckte Parteienfinanzierung? Geht es nach der Einschätzung der SPD, lautet die Antwort Nein. In einer Stellungnahme wiesen die Sozialdemokraten diesen Verdacht ebenso wie eine Beeinflussung zurück: „SPD-Politiker lassen sich weder kaufen, noch mieten.“
SPD räumt gesponserte Auftritte ein
Doch ganz so einfach, wie es klingt, ist die Angelegenheit wohl doch nicht: Die Partei räumte ein, es habe Auftritte von SPD-Politikern bei der Gesprächsreihe, die von Sponsoren unterstützt werden, gegeben. Der Vorwärts-Gruppe seien aus der Reihe in den von Wirtschaftsprüfern kontrollierten Jahren 2012 bis 2015 aber keine Gewinne entstanden, und sie habe keine Gewinne an die SPD-eigene Druck- und Verlagsgesellschaft ddvg abgeführt. Mehr als ein Drittel der Gespräche würden nicht gesponsort.
Frontal 21 hatte zu Beginn der Woche berichtet, Unternehmen und Lobbygruppen könnten für 3000 bis 7000 Euro Treffen mit Ministern, Staatssekretären und Funktionären der Sozialdemokraten buchen. Organisiert würden solche Gespräche über die Network Media GmbH (NWMD). Strafrechtler äußerten laut Frontal 21 den Verdacht des Verstoßes gegen das Parteienrecht. Mit dieser Art Sponsoring werde die Parteienfinanzierung umgangen. Teilgenommen an den Gesprächen hätten unter anderem Justizminister Heiko Maas, Arbeitsministerin Andrea Nahles, Umweltministerin Barbara Hendricks, Familienministerin Manuela Schwesig, Fraktionschef Thomas Oppermann und Generalsekretärin Katarina Barley. SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte laut Frontal-21, er wisse nichts von solchen Gesprächen und habe nie an solchen teilgenommen.
In diesem Fall ist es eine Agentur, die in der Tat eine Tochter eines sozialdemokratischen Unternehmens ist, das ist nicht zu bestreiten.
Umweltministerin Barbara Hendricks
Aus der Bundestagsverwaltung verlautete, der Sachverhalt erinnere an die 2010 bekannt gewordenen Vorwärts-Veranstaltungen („Kaminabende“). Damals wie heute gelte, dass nach geltendem Recht Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen Finanzierungsregeln des Parteiengesetzes nicht zu erkennen seien. Parteien sei nach dem Parteiengesetz die Gründung von Gesellschaften, juristischen Personen und Unternehmen ebenso erlaubt wie eine Beteiligung daran. Die Rechenschaftspflicht der politischen Parteien über ihre Finanzen erstrecke sich nicht auf das Zahlenwerk solcher eigenständigen Gesellschaften. Dass Agenturen Gespräche und Auftritte von Spitzenpolitikern gegen Geld vermitteln, ist in Berlin nicht ungewöhnlich. Umweltministerin Barbara Hendricks meinte: „Es gibt Agenturen, die so etwas machen. In diesem Fall ist es eine Agentur, die in der Tat eine Tochter eines sozialdemokratischen Unternehmens ist, das ist nicht zu bestreiten.“
Trotz Dementi: Parteispitze sieht Handlungsbedarf
Obwohl die SPD-Parteispitze also – zumindest nach außen – kein Fehlverhalten feststellen will, sieht sie sich offenbar dennoch zum Handeln gezwungen: In einem Statement teilte die Partei mit, die Sponsoren-Gespräche mit eigenen Spitzenpolitikern würden sofort eingestellt. „Vorwärts-Gespräche – ob mit oder ohne Sponsoring – wird es in Zukunft nicht mehr geben“, gab SPD-Schatzmeister Dietmar Nietan bekannt. Die Partei werde die Bundestagsverwaltung bitten, die bislang veranstalteten Gespräche umfassend zu prüfen.
„Außerdem werden wir eine interne Untersuchung des Sachverhalts vornehmen“, sagte Nietan. Nach Einschätzung der Bundestagsverwaltung gibt es aber keine Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen Finanzierungsregeln des Parteiengesetzes. Der Schock bei den Sozialdemokraten über die Vorgänge bei den medialen Tochterunternehmen ist jedenfalls groß: Aus der SPD-Spitze hieß es, Parteichef Sigmar Gabriel sei „entsetzt“ über die Vorgänge.
(dpa/ZDF)