Tatorte: Der Kölner Hauptbahnhof, daneben der Dom. (Bild: Imago/Revierfoto)
Köln

Die vermeidbare Katastrophe

Ein Gutachten hat im Untersuchungsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags zu den Kölner Vorfällen an Silvester ein katastrophales Versagen von Polizei und Politik offenbart. Gegen die kriminellen Migranten wurde nicht eingeschritten und die Opfer wurden zu großen Teilen ignoriert. Brisant für Rot-Grün: Fast ein Viertel der 1580 Strafanzeigen lag schon am 1. Januar vor.

In der Silvesternacht waren Frauen in Köln – aber auch in anderen Städten – massenhaft drangsaliert, ausgeraubt und sexuell belästigt worden. Selbst eine Polizistin, die im Rahmen des Silvestereinsatzes ziviler Aufklärungskräfte am Domkloster unterwegs war, wurde dort sexuell belästigt. Diese massenhaften Übergriffe sind nach Ansicht eines Gutachters durch das späte Eingreifen der Polizei begünstigt worden. Die Täter hätten den Bereich um den Kölner Dom stundenlang „als rechtsfreien Raum“ erlebt, schreibt der Rechtspsychologe und Kriminologe, Professor Rudolf Egg, in seinem Gutachten für den Untersuchungsausschuss des NRW-Landtags. Ein möglichst rasches Eingreifen wäre seiner Meinung nach erforderlich gewesen, um die „Flut“ von Taten einzudämmen. Das Gutachten belegt ein Versagen der Polizei in unfassbarem Ausmaß, aber auch die rot-grüne Landesregierung kommt dadurch schlecht weg.

Egg hatte 1022 Strafanzeigen von Opfern der Silvesternacht ausgewertet. Eine knappe Hälfte der Geschädigten (rund 47 Prozent) gab an, auch oder ausschließlich Opfer sexueller Übergriffe gewesen zu sein. Ein angezeigter Übergriff beschränkte sich allerdings meist nicht auf einen Täter, sondern auf eine Vielzahl von Tätern, und die Taten gegen ein Opfer wurden oft an mehreren Orten verübt – sodass die Zahl der sexuellen Übergriffe und der Straftäter deutlich höher liegt, als es die Anzeigenzahl offenbart. Auch dürfte es trotz der intensiven Berichterstattung eine Dunkelziffer von nicht angezeigten Taten geben, da die Schamgrenze bei sexuellen Übergriffen sehr hoch ist.

Rot-Grün hat versagt

Die rot-grüne Landesregierung von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) hatte ebenso wie die Polizei immer behauptet, dass sie die Bedeutung und das Ausmaß der Vorfälle erst am 4. Januar erkennen konnte. Das entpuppte sich schon durch die frühen Berichte der lokalen Zeitungen als Schutzbehauptung. Doch der Gutachter entlarvte nun den Versuch einer Reinwaschung als Märchen: Bereits am 1. Januar seien fast ein Viertel aller 1580 Strafanzeigen vorgelegen, deutlich mehr als 200, vor allem von Frauen wegen sexueller Übergriffe und Diebstähle. „Die Zahlen sprechen dagegen“, so Egg nüchtern auf die Frage, ob man die Dimension der Gewalt angesichts dieser Zahlen wirklich nicht erkennen konnte. Jedenfalls gelte: „Es stimmt nicht, dass zu diesem Zeitpunkt erst elf Anzeigen vorgelegen haben.“ Der Untersuchungsausschuss wird nun zu klären haben, ob die rot-grüne Regierung personelle Konsequenzen aus den falschen Schutzbehauptungen ziehen müsste.

Bis 23.30 Uhr ist niemand eingeschritten, obwohl es genug Notrufe gegeben hat.

Ina Scharrenbach, CDU

Die polizeiliche Berichterstattung klang zunächst harmlos: Die meisten Silvesterfeierlichkeiten seien demnach „wie im Vorjahr friedlich verlaufen“, die Polizei habe „sich an neuralgischen Orten gut aufgestellt und präsent gezeigt“ (Pressemitteilung vom 1. Januar, 8:57 Uhr). Erst später wurden weitere Details bekanntgegeben und Fehler eingeräumt. „Bis 23.30 Uhr ist niemand eingeschritten, obwohl es genug Notrufe gegeben hat“, zeigte sich die CDU-Abgeordnete und stellvertretende Landesvorsitzende Ina Scharrenbach gegenüber dem Bayernkurier noch immer fassungslos. „Das ist nicht zu erklären!“ Sie nennt den Notruf eines Streifenbeamten um 22.14 Uhr, der schilderte, es seien über 1000 Personen am Dom und die Lage sei mit den vorhandenen Polizisten „nicht beherrschbar“. Die Bundespolizei habe sogar schon um 21.22 Uhr einen ähnlichen Notruf erhalten, so Scharrenbach. „Und dann dauert das gute zwei Stunden bis zur Räumung?“

Das unfassbare Versagen der Polizei

Opfer, Zeugen, Rettungskräfte und auch die Polizei selbst berichteten frühzeitig von zeitweise üblen Zuständen, vom „nackten Chaos“. Dies zeigten nicht nur die ausgewerteten Anzeigen, sondern auch die dramatischen Notrufe, die im Ausschuss ebenfalls vorgespielt wurden.

(Sirenengeheul, Böllerschüsse) Hier ist Ausnahmezustand!

Notruf

Eine Rettungswagenbesatzung meldete:

Die Leute schießen gerade Raketen in die Masse und werfen Böller. Das gerät hier gerade ein bisschen außer Kontrolle, und die Grundstimmung ist auch ein bisschen aggressiv. Vielleicht könnt ihr da mal jemanden hinschicken, zum Gucken.

Ein weiterer Notruf:

Am Bahnhofsvorplatz am Hauptbahnhof, da werfen Menschen gegenseitig Böller aufeinander. Hier wird wild durch die Gegend geschmissen. Auch auf Passanten und Mütter mit Kinderwagen. Also das scheint hier auszuufern. Ich glaub, hier müssen Sie mal ein paar Beamte hinschicken.

Nächster Notruf:

Am Kölner Hauptbahnhof werden Böller und Raketen absichtlich gegen Leute geschossen. Die Polizei ist gar nicht vor Ort. Ein Freund von mir hat eine Platzwunde abbekommen. Ich wollte das nur mal melden. Dass man da mal jemanden vorbeischickt. Es ist wirklich Anarchie, was da los ist.

Warum dennoch keine Verstärkung entsandt wurde, ist eine der offenen Wunden dieses Skandals. Schlimmer noch, in einigen Fällen verweigerten die anwesenden Polizisten die Hilfeleistung, wurden gegenüber Opfern pampig oder blieben untätig. Dies zeigen die folgenden Aussagen:

Meine Freundin hat dann einen Polizisten angesprochen, der vor diesem Ausgang stand. Ich habe ihm geschildert, was mir passiert ist und habe ihm auch die Männer gezeigt, die dies waren, denn sie waren noch vor Ort. (…), Die Gruppe der Männer hat hinter dem Eingang immer weitergemacht und auch andere Leute belästigt. Und dies alles unter den Augen des Polizisten. Deshalb habe ich ihn aufgefordert, hier einzugreifen, was er allerdings nicht getan hat. Er sagte zu mir persönlich: ‚Da kann ich nichts machen.‘

Und auch in diesem Fall:

Als wir dort entlanggegangen sind, stellten sich plötzlich ganz viele Männer um uns auf. (…) Es können um die 40 männliche Personen gewesen sein. Es war auch nicht eine Altersgruppe, es waren jüngere und ältere Männer und keine Deutschen. Sie hinderten uns am Weitergehen und hielten uns fest. Dann grapschten diese Männer uns auch an, an den Busen und auch in die Hose, an den Po. Wir versuchten uns zu wehren und schlugen um uns. Daraufhin schlugen die Männer zurück. Wir schrien und weinten nur noch. Es war schrecklich. (…) Die Polizisten, die wir angesprochen hatten, haben uns nicht geglaubt und auch nicht geholfen.(…) Die haben sich das Ganze nur angeschaut und nichts getan.

Auch die eingesetzten Security-Leute halfen nicht: „Meine Freundin aus Köln war völlig fertig. Sie war am Weinen und hat uns erzählt, dass sie einen Finger im Po hatte (…) Ich möchte noch dazu sagen, dass wir am Brückenkopf die dort stehende Security angesprochen und die Situation geschildert haben. Die haben uns aber nicht ernst genommen. Eine Frau hat zu mir gesagt, dass man als junge Frau an solchen Tagen solche Orte meiden soll.“

Es kam sogar zu einer schriftlich eingereichten „Anzeige gegen die Kölner Polizei“. Darin heißt es:

Wir sind in dieser Nacht von ca. sieben Männern, die untereinander Arabisch geredet hatten, bedrängt worden. Wir wurden an die Wand gedrückt und zwischen den Beinen, an den Brüsten und am Kopf ‚betatscht‘. Einer dieser Männer fasste mir zwischen die Beine, leckte sich seine Finger danach ab und versuchte dann, mir diesen Finger in den Mund zu stecken.

Und weiter steht in dieser Anzeige: „Als wir uns wehrten, wurden wir auf das Übelste beschimpft, was ich hier nicht wiederholen möchte, und brutaler angefasst. Wir haben uns zusammen losgerissen und sind Richtung Breslauer Platz gelaufen. Diese Männer liefen uns nach. Im Bereich des Kreisverkehrs standen an der Ecke zwei Polizisten. Beide Beamte sahen uns und auch klar und deutlich diese Täter. (…) Der eine Polizist ließ uns nicht ausreden, der andere drehte sich in Richtung Rheinufer und tat so, als ob er da etwas Wichtiges zu schauen hätte. Uns wurde dann erklärt, wir sollten uns beruhigen, es sei sicherlich nicht so schlimm gewesen und sie könnten uns nur raten, da nicht mehr hineinzugehen, (…). Meine Freundin schrie den Beamten an, dass es da drin brutal zuging und er ermahnte uns, mit ihm anständig zu reden. Es kamen noch andere Frauen herbei und wir waren uns alle einig, beide Beamte wollten oder durften nichts unternehmen.“

Nur das übliche Gomorrha in Köln?

Unglaublich auch diese Schilderung, in denen eine Polizistin den Opfern eine Mitschuld zuweist. Zudem wird deutlich, dass die Zustände für Frauen in Köln offenbar schon länger im Argen liegen müssen:

Eine Beamtin sagte zu mir (nachdem sie auf meinem Ausweis gesehen hat, dass ich in Köln gemeldet bin): ‚Du kommst doch aus Köln, dann weißt du doch, dass du hier nicht feiern gehen darfst.‘ Da ich erst seit einigen Wochen hier wohne und mich noch nicht auskenne, wusste ich dies eben nicht. Dass mir somit praktisch die Schuld zugewiesen wurde, ist für mich noch immer unbegreiflich.

Als die Polizei viel zu spät, nämlich kurz vor Mitternacht, die Domplatte räumte (wegen der Feuerwerkskörper, nicht wegen der Übergriffe), drängte sie sogar Täter und Opfer am Rand eng zusammen – was erneute Übergriffe auch noch begünstigte.

Die Polizei versperrte die Domplatte und drängte uns alle nach außen an den Rand, hierbei wurden wir wieder mehrfach unsittlich berührt, ebenfalls im Intimbereich. Nachdem ich aufschrie, zog mich meine Schwester zum Rand, an dem die Polizei stand. Wir baten einen Polizisten, uns zu helfen, der meine Schwester anschrie, sie solle sofort zurück an den Rand gehen und schubste sie dorthin. Erneut wurde ich hinter mir von mehreren Händen angefasst und im Gesäß und den Gesäßtaschen meiner Hose befanden sich mehrere Hände.

In 14 Anzeigen finden sich zudem Hinweise auf eine zu geringe oder gar fehlende Präsenz von Polizei – oder sonstigen Schutz- und Ordnungskräften. „Die Menschen schrien und einige weinten. Meinen Beobachtungen zufolge waren viel zu wenig Polizisten da vor Ort, wo sich die Menschenmassen aufhielten“, so ein Fall. Auch in der Anzeige der bereits oben erwähnten Polizistin, die selbst Opfer eines sexuellen Übergriffs geworden war, wurde festgehalten, dass zum Zeitpunkt der Tat „uniformierte Kräfte nicht in der Nähe“ gewesen seien. Diese, so heißt es dort weiter, seien „in anderen Aufgaben gebunden“ gewesen.

Enthemmte Migranten

Nachdem die Menge erlebt hatte, so der Gutachter, dass sie gefahrlos Straftaten begehen konnten, habe dies wohl „einen Sogeffekt“ ausgelöst und die Hemmungen bei den Übrigen herabgesetzt. Die „scheinbare Reglosigkeit“ der Polizei hätten laut Egg die Täter in ihrer Ansicht bestärkt: „Heute ist alles erlaubt.“ Diese Aussagen des Gutachters erschrecken auch deshalb, weil sie belegen, welche Mentalität und Geisteshaltung gegenüber Frauen in den Köpfen so vieler Migranten vorherrschen müssen. Denn von Einzelfällen kann hier angesichts von mehr als 1000 Personen aus dem nordafrikanischen und arabischen Raum und hunderten Straftaten in der ganzen Republik nicht mehr gesprochen werden.

Wie dreist die kriminellen Migranten dabei vorgingen und dass ihnen auch das Alter der Opfer egal war, zeigt diese im Gutachten wiedergegebene Anzeige:

Auf der Domplatte angekommen, wurden wir wirklich an allen Körperöffnungen unzählige Male berührt. Die Männer griffen uns zwischen den Schritt, an den Po und an die Brüste. (…) Nachdem wir uns durch Wegschubsen der Männer wehrten, kamen immer mehr und versuchten uns untereinander zu trennen. Sie griffen uns stärker zwischen den Schritt und pitschten hinein. Sie hatten keine Hemmungen mehr und hielten uns fest, schubsten zurück und öffneten unsere Taschen und Rucksäcke. (…) Diese Übergriffe geschahen auf dem Weg zum Hauptbahnhof unzählige Male. Direkt vor dem Haupteingang des Kölner Doms sind drei weinende Mädchen auf uns zugelaufen, sie schilderten uns, dass auch sie in einen Kreis geschubst wurden und auf dem Boden lagen, sie wurden sexuell bedrängt und hatten keine Chance, sich zu wehren. Sie baten uns um Hilfe und waren nur am Schreien, dabei folgten ihnen sogar die Männer. Diese ließen auch uns nicht in Ruhe.

Auch diese Frau wurde Opfer der Sextäter:

Im Eingangsbereich zum Bahnhof standen vier männliche Personen, die mir den Weg versperrten. Ich versuchte, mich an ihnen vorbeizuschlängeln. In diesem Moment griffen mir die Personen an den Po. Ich versuchte mich zu wehren. Als ich mich wehrte, hielten mich die männlichen Personen fest. Ich trug am Tattag ein Kleid und darunter eine Strumpfhose. Die Männer griffen mir unter mein Kleid und versuchten, mit ihren Fingern durch meine Strumpfhose in meine Scheide einzudringen.

Keine Einzelfälle mehr

Beteiligt waren sehr viele der anwesenden Migranten, wie fast alle Aussagen zeigen:

Ich bemerkte dann, dass ich von überall angefasst wurde. (…) Ich wusste gar nicht, wo ich mit meinen Händen zuerst versuchen sollte, dieses Anfassen abzuwehren (…) Die Hände kamen von allen Seiten (…) Obwohl wir uns durch die Menge bewegten, war es überall gleich schlimm. Es müssen immer wechselnde Personen gewesen sein (…) Ich wurde über der Kleidung am Gesäß, im Schritt und an den Brüsten angefasst (…) Es müssen also zahllose dieser jungen Männer gewesen sein.

Da ist die Rede von einer „riesigen Menge von nordafrikanischen Männern“. Ob für die Täter nun der Diebstahl oder die sexuelle Belästigung im Vordergrund standen, war den Opfern herzlich egal:

Es war für mich sexuell motiviert. Diese Typen schienen daran einfach nur Spaß zu haben und selbst als meine Wertsachen weg waren, gingen diese Berührungen weiter. Es war für mich ganz klar, dass diese Männer mich sexuell berühren wollten.

Letztlich fühlten sich die weiblichen Opfer entmenschlicht und abgewertet. Ihre Gefühlslage war deshalb eindeutig:

Es war ein ganz schrecklicher Abend für mich. Uns wurde das Gefühl gegeben, dass man als Frau nichts wert sei und dass man angefasst werden konnte, wie es den Männern gefallen hat. Man fühlte sich absolut wehrlos. Enttäuscht bin ich aber auch von der Polizei, von der man Hilfe und Schutz erwartet hätte, aber nicht bekommen hat.

Das zeigt auch diese Aussage: „Ich fühlte mich in dieser Nacht nicht wie ein Mensch, sondern eher wie ein Gegenstand.“ Für die Frauen war es entsetzlich:

So eine Panik und Angst habe ich noch nie gehabt.

Eine weitere Frau sagte: „Eine derartig bedrohliche Situation habe ich vorher noch nie erlebt und ich möchte es auch nicht.“ Köln dürfte einige Besucher verloren haben:

Die ganze Situation war mehr als beängstigend für uns. Es war das erste und letzte Mal, dass ich nach Köln gefahren bin. Man hat sich als Frau sehr unwohl gefühlt. Als Frau kam man sich unter den ganzen ausländischen Mitbürgern vor wie im Zoo. Man wurde als Frau überhaupt nicht wahr- bzw. ernst genommen und es war überhaupt kein Respekt vorhanden.

Deutsche werden verachtet

Eindeutig war aber auch die Verachtung der muslimischen Täter nicht nur für Frauen, sondern für alle Deutschen, wie die von einem Beamten wiedergegebene Diebstahls-Anzeige eines aus Syrien stammenden Arztes belegt, der in einer Gaststätte kurz auf die Toilette ging:

Als er (wieder) zu seinem Platz gekommen sei, sei eine männliche Person an seiner Tasche gestanden. Diese Person habe ihm gesagt, dass er die Tasche gestohlen hätte, wenn er nicht zufällig zurückgekommen wäre. Da er (Hinweisgeber/Anzeigenausstatter) aber Moslem wäre, würde er die Tasche nun nicht stehlen. Die männliche Person habe ihn aufgefordert, sich an Diebstählen zum Nachteil der ‚Kufar‘ (Ungläubige) zu beteiligen.

Der Gutachter fürchtete offenbar den üblichen Vorwurf, man dürfe nicht pauschalisieren und fügte gleich danach hinzu: „Dabei handelt es sich selbstverständlich um eine Einzelbeobachtung, die nicht verallgemeinert werden kann.“ Doch auch andere Anzeigen liefern Hinweise auf diese Haltung der Täter:

So äußert sie, dass sie den Mann, der sie am Gesäß angefasst hatte, zur Rede gestellt habe. Er habe sie allerdings nur ausgelacht und ihr gesagt, dass sie sich nicht so anstellen solle. Als sie ihm entgegnete, dass das nicht in Ordnung sei, habe er sie als ‚Schlampe‘ bezeichnet.

Die Täter verhöhnten und beschimpften die Opfer: „Die Vorfälle, in denen ich begrapscht wurde, waren für mich sehr beschämend. Ich merkte, dass die Männer dort keinen Respekt vor mir und meiner Würde hatten. Als der Mann mir von hinten zwischen meine Beine fasste und mich dort sehr intim berührte, verspürte ich große Scham. Als ich mich dann umdrehte und die Männer auf mich zeigten und mich offensichtlich auslachten, wurde dieses Gefühl extrem verstärkt.“

Schon da wurden wir von den Männern umkreist und abwertend angeschaut, als wären wir Abschaum.

Aus einer Anzeige

„Es war die Anzahl der Männer und auch die Häufigkeit der Ansprache durch ganz unterschiedliche Gruppen, die mich schockiert haben. Meist fand die Ansprache direkt mit sexueller Belästigung statt – in Form von gezeigten Zungen und weiteren obszönen Gesten (…) Eine ablehnende Reaktion unsererseits (‚Bitte lass mich in Ruhe/ Geh weg‘) führte zu noch zudringlicheren Reaktionen“, so ein weiteres Opfer.

Unglaube und Unsicherheit

Die Kölner Polizei schien nicht wahrhaben zu wollen, was da passierte. Gutachter Egg schreibt: „So wurde in etlichen Fällen der strafrechtlich mildere Tatbestand einer ‚Beleidigung auf sexueller Grundlage‘ (§ 185 StGB) eingetragen, während in anderen, durchaus vergleichbaren Fällen – scheinbar willkürlich – der Tatbestand einer ’sexuellen Nötigung/ Vergewaltigung‘ (§ 177 StGB) in der Anzeige festgehalten wurde. Bemerkenswert ist auch, dass bei mehreren Anzeigen eine offenbar später (handschriftlich) eingetragene Neubewertung des Delikts vorgenommen wurde.“ Und dann zweifelte man auch noch an den Aussagen der Opfer. Ein Vater, der per E-Mail die mehrfache sexuelle Belästigung seiner Tochter anzeigte, erhielt von einem Beamten der Kölner Polizei folgende schriftliche Rückfrage:

Zur Klärung, ob es sich hier um Beleidigung auf sexueller Basis handelt, frage ich an, ob ihre Tochter das so empfunden hat?

Die Antwort des Vaters darauf kam prompt: „Natürlich empfindet eine Frau es als eine sexuelle Belästigung, wenn man in einer Menschenmenge immer wieder eine Hand unter dem Mantel fühlt und an den Po angefasst wird! Da ist kein Zweifel!“

Einige Polizisten bemühten sich zu helfen, auch das sollte nicht verschwiegen werden. Nur in rund 7 Prozent aller Anzeigen fanden sich überhaupt Hinweise auf das Verhalten der Polizei. 2,1 Prozent aller Anzeigen belegen ein mehr oder minder hilfreiches oder unterstützendes Verhalten von Sicherheitskräften, in rund 5 Prozent jedoch das Gegenteil.

Das Fazit

Eine vollständige kriminologische Analyse der Kölner Silvesternacht würde laut Egg weitere Quellen wie polizeiliche Lageberichte oder Gespräche mit Polizisten und Tatverdächtigen voraussetzen. Er kommt deshalb zu dem etwas vagen Schluss: „Eine rein zufällige, von vornherein nicht beabsichtigte Begegnung der Männer wird man vernünftigerweise ausschließen können. Dafür waren zu viele Männer zur selben Zeit am selben Ort.“ Eine Absprache irgendeiner Art sei daher zu vermuten. Aus kriminologischer Sicht sei es jedoch äußerst unwahrscheinlich, dass sich in dieser Nacht Hunderte von Männern verabredeten, geplant und massenhaft Eigentums- und Sexualdelikte zu begehen. Dies hätte sicher Spuren in den sozialen Netzwerken hinterlassen. Lediglich einige Diebesbanden dürften diese Taten geplant haben. Erst die offenkundige Straflosigkeit, Alkohol, die Dunkelheit und der Schutz der Anonymität habe die Migranten enthemmt, so das Gutachten. All dies habe „das Gefühl von persönlicher Verantwortung und damit die Beachtung von sozialen und rechtlichen Regeln reduziert“. Doch auch die Mentalität sei entscheidend: Die Täter müssten, „zumindest tendenziell ‚Spaß‘ daran haben, andere zu dominieren und sich im Kreise der vielen anderen vor Ort Versammelten als mächtig und bedeutsam“ zu erleben.

Der folgende Satz des Gutachters sollte die Einsatzregeln der Polizei in ganz Deutschland künftig beeinflussen:

Es entstand eine Art rechtsfreier Raum, ein (…) Zustand der scheinbaren Regellosigkeit, der den Beteiligten irgendwie alles zu erlauben schien und der auch bewirkte, dass die bei vielen Männern wahrscheinlich durchaus vorhandenen inneren Hemmungen (Rücksichtnahme, Respekt, soziale Verantwortung etc.) nach und nach abgebaut wurden, weil es – soweit für die Beteiligten erkennbar – eben keine äußere Kontrolle mehr gab.

Zur Vermeidung dieses Sogeffekts wäre also ein „möglichst rasches und vor allem frühzeitiges Eingreifen der Polizei“, also die konsequente Verfolgung erster Straftaten sowie die frühe Räumung und Sperrung größerer Flächen, erforderlich gewesen.

Alles NRW-typisch?

Dass die nordrhein-westfälische Polizei nicht in derartig naheliegender Weise eingegriffen hat, ist ein Versagen der Polizeiführung bis hinauf zum Innenminister Ralf Jäger (SPD), davon ist die Landtags-CDU überzeugt. Vermutet werden muss leider auch, dass die Multikulti- und Anti-Polizei-Haltung des bis auf eine Amtsperiode seit Jahrzehnten rot oder rot-grün regierten Landes bei vielen Polizisten eine „Handbremse“ im Kopf eingebaut hat – insbesondere wenn es sich um ausländische Straftäter handelt.

Die nordrhein-westfälische Bereitschaftspolizei gilt im bundesweiten Vergleich als besonders zurückhaltend, fast schon zaghaft im Umgang mit Krawallmachern. Die sogenannte ‚NRW-Linie‘ erklärt Deeskalation und Kommunikation zu den schärfsten Waffen der Beamten, der Einsatz von Schlagstöcken und Pfefferspray wird alles andere als gern gesehen.

Der Spiegel, nach einem Hooligan-Einsatz 2014 in Köln

Man kann sich ziemlich sicher sein, das zeigen viele Einsätze etwa bei der Münchner Sicherheitskonferenz oder dem G7-Gipfel: In Bayern wäre schon bei den ersten Böllerwürfen gegen den (christlichen!) Dom und gegen Passanten beherzt eingegriffen worden.

Die CDU-Abgeordnete Ina Scharrenbach sagt darüber hinaus, man dürfe die Schuld „nicht auf den einfachen Polizisten“ abladen. Es handele sich um „Führungsversagen“, etwa bei der Personalauswahl, der Zuteilung der Einsatzkräfte und den Einsatzplänen. Die dafür zuständigen Polizeibehörden würden aber direkt dem Innenminister unterstehen, der die Dienst- und Fachaufsicht habe.

Die Übergriffe hätten verhindert werden können

Die Vorfälle in Köln waren ein in Europa neues „Phänomen“. Aber eine durchaus vergleichbare Situation im Jahr 2014, als randalierende betrunkene Hooligans in Köln die überforderte Polizei attackierten und „überrannten“, sei nicht aufgearbeitet worden, erinnerte Scharrenbach. 45 Polizisten wurden damals verletzt, der Sachschaden lag bei 40.000 Euro. Schon damals beklagte Minister Ralf Jäger „nicht vorhersehbare Gewaltanwendung“, ließ aber dennoch viele Fragen offen. Ein Platz wurde auch in diesem Fall nicht abgesperrt, es gab kein Alkoholverbot, es wurden keine Spezialkräfte herangeführt und insgesamt zu wenig Beamte angefordert. Die Meinung eines beteiligten Beamten damals: „Die Polizei in NRW muss lernen, mit dieser Gewalt umzugehen.“ Eine extra eingerichtete Analysestelle im Düsseldorfer Landeskriminalamt (natürlich nur gegen rechte Hooligans) hat aber offenbar nichts gebracht. Das Fazit ist deshalb umso erschütternder: Hätte der SPD-Innenminister 2014 eine echte Aufarbeitung des Vorfalls und die notwendigen Korrekturen an den verfehlten Einsatzplänen angeordnet, so wären hunderten Frauen möglicherweise die Kölner Übergriffe an Silvester 2016 erspart geblieben.