Brüder im Geiste: Wahlplakate der Randparteien AfD und Die Linke in Berlin. (Bild: Imago/Ipon)
AfD

Wer mit Rändern koaliert, verliert

Kommentar Äußerungen aus der sächsischen CDU über eine Koalition mit der AfD sind absolute Ausnahmen in der Union – und völlig unangebracht. Sie sind ein strategischer Fehler und thematisieren eine Koalition, die es inhaltlich nicht geben kann und darf.

Der CDU-Europaabgeordnete Hermann Winkler aus Sachsen hat sich für Koalitionen mit der AfD auf Landes- und Bundesebene ausgesprochen. „Wenn es eine bürgerliche Mehrheit gemeinsam mit der AfD gibt, sollten wir mit ihr koalieren. Sonst steuern wir auf eine linke Republik zu“, sagte Winkler der Zeitschrift Super Illu. Wenn die SPD Bündnisse mit der Linkspartei eingehe, könne dies die CDU künftig auch mit der AfD.

Nein, kann und darf sie nicht! Etwas unter gingen dagegen die richtigen und wichtigen Sätze von Winkler, die sich mit der Ursache für den AfD-Aufstieg beschäftigten: „Deutschland kann nicht alle Flüchtlinge dieser Welt aufnehmen. Deswegen gibt es schon eine faktische Obergrenze. Wer das bestreitet, verkennt die Realität.“

Winkler ist Sprecher der ostdeutschen CDU-Europaabgeordneten und mit seiner Meinung leider nicht ganz allein – auch wenn es sich definitiv um eine Mindermeinung handelt. Der sächsische CDU-Landtagsabgeordnete Sebastian Fischer äußerte sich im März ähnlich und Ende September sagte auch die sächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Veronika Bellmann: „Die CDU muss sich in Zukunft die Frage stellen, welche Machtoptionen sie hat. Vielleicht nicht heute oder morgen, aber für immer und ewig kann die Union eine Koalition mit der AfD auf Landes- und Bundesebene nicht ausschließen.“

Vehementer Widerspruch aus CDU-Spitze

Die Frage nach einer etwaigen Koalitionsfähigkeit von Union und AfD stellt sich wirklich nicht.

Wolfgang Bosbach, CDU

Von führenden CDU-Vertretern war eine solche Position bisher nicht zu hören, ganz im Gegenteil. In der CDU-Spitze wehrt man sich vehement gegen solche Überlegungen und verweist auf die klare Position des Bundesvorstandes, dass es keinerlei Zusammenarbeit mit der AfD gebe. „Die Frage nach einer etwaigen Koalitionsfähigkeit von Union und AfD stellt sich wirklich nicht. Weder auf Bundesebene-, noch in den Länderparlamenten“, kommentierte etwa der langjährige stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende im Bundestag, Wolfgang Bosbach, Bellmanns Vorschlag gegenüber Focus Online. Jetzt und in absehbarer Zeit seien hinreichende politische Gemeinsamkeiten für eine Koalition „noch nicht einmal andeutungsweise zu erkennen“, so Bosbach weiter.

Eine Koalition ist unmöglich

Wie sollten CDU und CSU denn mit der AfD koalieren, die Rechtspopulisten wie Höcke, Poggenburg, Mandic, Gauland und von Storch zu ihren wichtigen Funktionären und – zum Teil – Alt- und Neonazis zu ihren Wählern zählt? Wie der Antisemitismus-Fall des AfD-Mannes Gedeon in Baden-Württemberg und andere verbale Entgleisungen zeigten, können sich auch viele Funktionäre von braunem Gedankengut nicht lösen. Die Union aus CSU und CDU, die sich den Kampf gegen Rechtsradikale (und Linksradikale) sowie Antisemiten zu ihren Grundsätzen gemacht hat, die ihre christlich-sozialen, liberalen und wertkonservativen Wurzeln verteidigt, würde diese mit einer Annäherung verraten und viele Wähler in der Mitte der Gesellschaft dauerhaft verprellen.

Wenn man sich die Inhalte anguckt, kann es keine Zusammenarbeit zwischen Union und AfD geben.

Peter Tauber, CDU

Auch wenn die AfD Teile ihres Wahlprogrammes anscheinend von den Unionsprogrammen abgeschrieben hat, gäbe es für eine mögliche Koalition unüberbrückbare Hürden. Die Union ist pro-europäisch und setzt seit Adenauer auf das transatlantische Verhältnis, die AfD ist anti-europäisch, pro-russisch und anti-amerikanisch. Da fordert die AfD in ihrem Programm, wenn sich eine EU-Reform „nicht verwirklichen“ lasse, strebe man „einen Austritt Deutschlands oder eine demokratische Auflösung der Europäischen Union und die Neugründung einer Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft“ an.

Die AfD fordert außerdem, „das Experiment Euro geordnet zu beenden“ und alle ausländischen Truppen aus Deutschland abzuziehen. Sogar ein Austritt aus der Nato wurde in der Putin-freundlichen AfD anfangs diskutiert. Der Klimawandel wird für Propaganda gehalten, der Atomausstieg soll zumindest vorübergehend zurückgenommen werden. Allein diese Punkte sind für die Union nicht konsensfähig.

Die Rechtspopulisten entzaubern

Franz Josef Strauß erfolgreiche Strategie gegen den Wahlerfolg der rechtspopulistischen Republikaner im Jahr 1986 lautete: „Rechts von der CSU darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben.“ Und wie sich dann schon Anfang der 90er Jahre bei den Republikanern zeigte, war (und ist) es besser, einer solchen Partei das politische Wasser abzugraben und jegliche Zusammenarbeit kategorisch auszuschließen. Die Bundesrepublik reformierte damals das Asylrecht und löste das Problem. Die Republikaner verschwanden wieder in der Versenkung.

Rechts von der CSU darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben.

Franz Josef Strauß, 1986

Man kann enttäuschte Unionswähler mit der richtigen Politik – auch jetzt geht es in erster Linie wieder um Zuwanderung – zurückholen und die AfD damit marginalisieren. Dazu ist faktisch nicht mal ein umfassender Politikwechsel nötig, weil alle (meist von der CSU angestoßenen) Maßnahmen der Bundesregierung bereits in die richtige Richtung gehen und vorerst auch Wirkung bei der Begrenzung des Flüchtlingszustroms zeigen. Was fehlt ist lediglich das klare Signal, dass sich ein Flüchtlingszustrom wie 2015 nicht wiederholen kann.

Hinzu kommen einige andere Themen, die die CDU wieder als Heimat der Konservativen erkennbar machen würde (lesen Sie hierzu „Konservative Politik ist zutiefst menschenfreundlich„), etwa in der Sicherheit, der Bildung, Finanzen und Wirtschaft.

Schon das Reden über ein Bündnis ist ein Fehler

Der Satz von Strauß galt und gilt entsprechend abgewandelt auch für die andere Seite des politischen Spektrums. Die SPD hat das nicht verstanden. Dröhnend hallt noch ihr „Niemals mit der PDS“ in unseren Ohren, das die SPD noch viele Jahre nach 1990 immer wieder zu Recht betonte. Der Schwur der Partei, die besonders unter der Zwangsvereinigung mit der KPD zur SED gelitten hatte, nicht mit der SED-Nachfolgepartei zu paktieren, wurde dann aus purem Machttrieb einkassiert. Und machte nach Gerhard Schröders Agenda-Politik aus der ostdeutschen SED- und Stasi-Altkader-Partei eine gesamtdeutsche Ansammlung von Linksfantasten. Genau diese Linke wurde durch die Koalitionen mit der SPD salonfähig. Die Genossen haben diese Entscheidung bitter bereut und müssen nun mit einer Partei links von der SPD leben, die sie viele Stimmen in der Mitte und zudem Glaubwürdigkeit gekostet hat.

Wer mit den Rändern koaliert, verliert

Die CDU darf jetzt nicht den gleichen Fehler wiederholen und in diesem Fall die AfD dauerhaft salonfähig machen. Dies würde wie bei der SPD nur zur eigenen Abwertung führen. Schon die Debatte über mögliche Koalitionen dient ausschließlich der AfD und nicht der Union. Mit dem Feuer spielt man nicht.