So idyllisch geht es nicht in jedem Schweinestall zu. Aber das Thema Tierhaltung ist in jedem Fall Aufgabe des Landwirtschaftsressorts, nicht des Bauministeriums. (Foto: imago/Rainer Weisflog)
Tierhaltung

Neue Hürden für die Bauern

Mit Hilfe des Baurechts will Umweltministerin Hendricks (SPD) die Massentierhaltung eindämmen, obwohl sie dafür gar nicht zuständig ist. Kritik kommt vom Bauernverband, auch Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) ist skeptisch.

Umwelt- und Bauministerin Barbara Hendricks will mit Hilfe des Baurechts die Massentierhaltung eindämmen. Anwohner und Kommunen sollen nach den Plänen der SPD-Politikerin Planung und Bau von großen Ställen leichter beeinflussen oder verhindern können. Dazu soll ein bauplanungsrechtliches Verfahren unter Beteiligung der Öffentlichkeit für alle großen Anlagen verpflichtend werden.

Das Problem dabei: Hendricks‘ Umwelt- und Bauministerium ist gar nicht für die Tierhaltung zuständig. Indem sie ihre „Regelungsüberlegungen zur Begrenzung und Verminderung der Intensivtierhaltung“ vorlegte, griff Hendricks offensichtlich in die Kompetenzen des CSU-geführten Landwirtschaftsministeriums ein.

SPD-Plan: Neue Ställe nur noch mit Riesen-Bürokratie

Dass es Hendricks mehr um Eingriffe in die Landwirtschaft geht, als ums Baurecht, unterstreichen ihre Äußerungen zur Begründung des Vorstoßes. „Vielen Menschen ist diese Art der Landwirtschaft gar nicht mehr recht“, sagte Hendricks in Berlin. Es gehe nicht darum, konventionelle Landwirtschaft zu verteufeln. Aber diese müsse sich ändern. Aus Sicht Hendricks’ hat die seit Jahren festzustellende Intensivierung der Tierhaltung einen erheblich negativen Einfluss auf die Umwelt.

Als Probleme listet sie auf: Ausstoß von Feinstaub und Treibhausgasen, übermäßige Stickstoffemissionen, insbesondere Ammoniak, Geruchsbelästigungen und teils sehr hohe Konzentrationen von Nitrat und Tierarzneien wie Antibiotika im Grundwasser.

Der Gesetzgeber sei gefordert. Der müsse die bestehende Bevorzugung großer Tierhaltungsanlagen beseitigen. Die sollten, sagt Hendricks, „auch wenn es sich um landwirtschaftliche Betriebe handelt, künftig grundsätzlich nur noch zugelassen werden, wenn die Gemeinde einen entsprechenden Bebauungsplan erlässt“. Viele Bauern wollten oder könnten mit der Intensivierung der Tierhaltung selbst nicht Schritt halten, so Hendricks.

Hendricks will Bauern erziehen

Bisher bekommen demnach große Ställe Genehmigungen auch ohne Bebauungsplan der Gemeinden, wenn sie Kriterien eines Genehmigungsverfahrens erfüllen und die Betreiber über ausreichend Land verfügen, um mehr als die Hälfte des benötigten Tierfutters selbst anzubauen. Anwohner, die unter Umweltfolgen wie Gestank, Lärm oder Ammoniak- und Nitratbelastung zu leiden haben, können dann nach Darstellung des Umweltministeriums kaum Einfluss nehmen.

Bauern dürfen bisher Ställe praktisch in jeder Größe bauen – Agrarindustrielle hingegen nicht. So steht das schon heute im Baugesetz. Aber, wann ein Bauer noch Bauer ist oder schon Gewerbetreibender, das ist nicht so einfach zu sagen. Die Bundesumweltministerin, die aus grundsätzlichen Erwägungen gegen große Tierhaltungen ist, kann das kaum beeinflussen. Aber als Bundesbauministerin hat sie einen Hebel. Wenn sie nämlich diese Unterscheidung im Baurecht beseitigt, hat eine Gemeinde Einfluss auf jeden großen Stallneubau – inklusive Bürgerbeteiligung und Gemeinderatsbeschluss. Bislang ist das nur bei gewerblicher Tierhaltung der Fall.

Schmidt: Entwicklung der Landwirtschaft nicht blockieren

Hendricks will den Gesetzentwurf jetzt in die Ressortabstimmung geben. Und das, während Agrarminister Christian Schmidt (CSU) sich nach Auskunft seines Hauses im Urlaub befindet. Das Landwirtschaftsministerium jedenfalls sieht den Plan kritisch: Man werde den Hendricks-Entwurf erst ein mal in Ruhe anschauen und sich dann in der Ressortabstimmung entsprechend einbringen, erklärte Agrarministeriumssprecher Jens Urban gegenüber dem Bayernkurier. „Wir dürfen die Entwicklungsperspektive der Landwirtschaft nicht blockieren. Denn eines ist klar: Kernaufgabe der Landwirtschaft ist und bleibt die Ernährungssicherung unserer Bevölkerung. Dazu gehört auch die tierische Veredelung mit ihren in Deutschland hoch nachgefragten Produkten“, so Urban.

„Beim Bau neuer Tierställe kommt es immer wieder zu Diskussionen“, so der Sprecher des Landwirtschaftsministeriums weiter. „Unser Ziel ist es, dabei jeweils einen intelligenten Interessenausgleich zu schaffen. Das privilegierte Baurecht im Außenbereich wurde gerade dafür geschaffen, um die Konflikte zwischen Wohnbevölkerung und Tierhaltern zu entschärfen. Gleichzeitig findet beim Neubau von Ställen das Tierwohl immer mehr Berücksichtigung“, betont Urban. Handlungsbedarf sieht sein Haus beim Baurecht eigentlich nicht: „Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Tierhaltungsanlagen im Außenbereich ist erst 2013 verschärft worden. Dies stellt eine sehr kurze Referenzperiode dar. Wichtig ist, erst einmal die Auswirkungen dieser Änderung zu prüfen.“

Auch der Bauernverband hält von Hedricks‘ Plänen nichts. Das geltende Recht biete „schon jetzt alle Instrumente, um öffentliche Belange durchzusetzen“, und es werde auch genutzt, sagte Generalsekretär Bernhard Krüsken. Die Verfahren seien langwierig, und kleine Betriebe hätten nicht die Luft, sich fünf Jahre mit einer Behörde zu streiten.

(dpa/wog)