Eine Frau steht mit Ihrem Rucksack an einer Wegkreuzung auf dem Riedberger Horn. (Bild: Imago/Kickner)
Allgäu

Bürger entscheiden über Skischaukel

Die Politik überlässt den Bürgern die Entscheidung, ob am Riedberger Horn eine Skischaukel gebaut werden darf. Das Projekt ist umstritten, weil es laut Alpenkonvention nicht zulässig ist. Ob es eine Ausnahmeregelung geben wird, bestimmen jetzt die Bürger der betroffenen Gemeinden Mitte September per Entscheid.

Nach langen Diskussionen um einen geplanten Liftverbund am Riedberger Horn im Allgäu haben nun die Bürger der betroffenen Gemeinden das Wort. In einem Bürgerentscheid sollen sie am 18. September darüber abstimmen, ob die Skigebiete Grasgehren und Balderschwang miteinander verbunden werden sollen. Die Gemeinderäte von Obermaiselstein und Balderschwang stimmten einstimmig in einer gemeinsamen Sitzung für ein Ratsbegehren, das den Bürgerentscheid auf den Weg bringt. Dafür gab es Applaus von den Zuhörern. Die beiden Bürgermeister, Peter Stehle aus Obermaiselstein und Konrad Kienle aus Balderschwang, zeigten sich gegenüber dem Bayerischen Rundunk erleichtert, Rückendeckung für das Projekt zu haben.

Ich bin erleichtert, weil es ist für uns wichtig, dass wir diesen Rückhalt aus der Bevölkerung haben. Und der Gemeinderat sind ja gewählte Vertreter der Bevölkerung und wenn wir da einstimmige Beschlüsse haben, dann weiß ich, dass wir da ein Feedback haben, dass sie dahinter stehen.

Peter Stehle, Bürgermeister von Obermaiselstein

Die geplante Skischaukel in einem streng geschützten Bereich der Allgäuer Alpen ist Umweltverbänden ein Dorn im Auge. Ungeachtet dessen hatte sich die Staatsregierung im Juli für eine Befragung der Bürger vor Ort ausgesprochen. Sollte sich eine deutliche Mehrheit für den Liftverbund aussprechen, will die Staatsregierung die notwendigen rechtlichen Schritte einleiten.

Zukunftsstrategie für die Alpen

Klar ist: Bayerns wichtigste Tourismusregion – der Alpenraum – steckt in der Krise. Er ist eine der bedeutendsten Tourismusregionen im Freistaat. Mehr als ein Fünftel aller Ankünfte und fast ein Drittel aller Übernachtungen in Bayern entfallen auf die Region. Doch für viele junge Familien – aus denen sich Mitarbeiter im Tourismus ergeben könnten – ist es inzwischen fast unmöglich geworden, hier bezahlbaren Wohnraum zu finden. Die Infrastruktur für den Tourismus war und ist an vielen Orten veraltet. Erst die Reduzierung der Mehrwertsteuer der schwarz-gelben Bundesregierung im Jahr 2010 hatte viele dringend notwendige Investitionen im Hotel- und Gastronomiebereich angestoßen, konnte den jahrzehntelangen Rückstand beispielsweise zum Nachbarn Österreich aber noch nicht wettmachen. Es fehlt zudem an Bildungseinrichtungen und Anreizen für Unternehmen, Standorte aufzubauen.

Wirtschaftsstandort Alpenraum

Es gilt also die Balance zu finden zwischen touristischen Angeboten, attraktivem Lebensraum, lukrativem Wirtschaftsstandort und schützenswerten Gebieten. Die Landtagsfraktion hat deshalb eine „Zukunftsstrategie für den bayerischen Alpenraum“ beschlossen. Das 16-seitige Papier sei aber nur ein erster Entwurf, so der ehemalige CSU-Partei-Chef Erwin Huber. Gedacht ist die „Zukunftsstrategie“ weniger als festgeschriebener Plan, sondern als ein Appell an Kommunalpolitiker und Unternehmer.

Uns war wichtig, dem Alpenraum keine Strategie überzustülpen, sondern sie aus der Region heraus mit allen Akteuren zu gestalten.

Thomas Kreuzer, Vorsitzender der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag

Dass wie Huber sagt, „eine Herkulesaufgabe bevorsteht“, wird aus dem 16-seitigen Beschluss der Landtagsfraktion deutlich. Der Alpenraum soll künftig nicht nur als Tourismusregion verstanden werden, sondern vor allem als Wirtschaftsstandort an Attraktivität gewinnen. Sonst, fürchtet Huber, könnte die Region zum „grünen Altersheim“ mutieren. Auch Peter Driessen, IHK-Hauptgeschäftsführer, teilt diese Sorge.

Wenn wir nur auf Tourismus setzen, schaffen wir es nicht. Das größte Problem ist die Flächenkonkurrenz für Unternehmen.

Peter Driessen, IHK-Hauptgeschäftsführer

Der Plan setzt an vielen Punkten an: ein leistungsfähigeres Verkehrsnetz, Infrastruktur, Forschungseinrichtungen, starkes Internet, Gewerbe und Handwerk sollen weiterentwickelt werden.

Streitpunkt Seilbahnen

Grundsätzlich will die CSU nicht am bestehenden Alpenplan, einem Teil des Landesentwicklungsprogramms, rütteln. Seit 44 Jahren ist er mit seiner Einteilung in drei Zonen Garant für den Schutz der Bergwelt. In Zone A und B – insgesamt machen sie 58 Prozent der Fläche aus – sind Seilbahnen und touristische Einrichtungen zum Teil mit Einschränkungen möglich. In Zone C sind Projekte tabu. Wie schwierig es ist, die unterschiedlichen Ansprüche einzulösen, zeigt sich derzeit am geplanten Bau der Skischaukel am Riedberger Horn. Laut Alpenkonvention ist sie nicht zulässig, die Initiatoren sind auf eine Ausnahmeregelung angewiesen. Die Interessen von Naturschutz und Tourismus prallen aufeinander.

Jetzt sollen die Bürger vor Ort entscheiden. Wenn sich die rund 900 Wahlberechtigte mehrheitlich für das Projekt aussprechen, will die Staatsregierung prüfen, ob es realisiert werden kann. Gegen eine Genehmigung würden Naturschutzverbände durch alle Instanzen klagen, wie sie bereits ankündigten. Informationsabende zum kommenden Ratsbegehren wird es in Obermaistelstein am 22. August, in Balderschwang am 23. August geben.

(dpa/AS)