Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ist mit der Bearbeitung der Asylanträge im Verzug. (Foto: imago/ Christian Ditsch)
Asylverfahren

Doppelt so lange wie geplant

Eigentlich sollten Asylanträge binnen drei Monaten entschieden werden. Inzwischen dauert es mehr als doppelt so lange. Schuld seien zunehmend komplizierte Verfahren, sagt das zuständige Bundesamt für Migration.

Asylverfahren in Deutschland dauern immer länger. Im Schnitt vergehen derzeit 6,6 Monate bis zu einer Entscheidung. Das berichtet die Bild-Zeitung unter Berufung auf Informationen aus dem zuständigen Bundesamt für Flüchtlinge und Migration (BAMF). Ende 2015 hatte die durchschnittliche Verfahrensdauer 5,2 Monate betragen, Im Mai war sie bereits auf 6,3 Monate gestiegen. Ursprünglich hatte der Chef des BAMF, Frank-Jürgen Weise, angekündigt, die durchschnittliche Bearbeitungszeit auf drei Monate zu verkürzen.

280.000 Asylentscheidungen im ersten Halbjahr

Als Begründung für die lange Bearbeitungsdauer führt das BAMF an, dass es zunehmend auch schwierigere Fälle bearbeite. Nach der aktuellen Juni-Statistik des BAMF wurden zuletzt vorwiegend Asylanträge von Migranten aus Syrien, dem Irak und Albanien entschieden. Insgesamt fällte das Amt in den ersten sechs Monaten des Jahres 283.000 Entscheidungen. Nahezu eine halbe Million Fälle sind nicht abgearbeitet. In den ersten sechs Monaten des Jahres kamen 222.264 neue Asylsuchende hinzu.

Klagen wegen Untätigkeit

Berichten verschiedener Verwaltungsgerichte zufolge hatte das Bundesamt zu Beginn des Jahres überwiegend „einfache“ Asylfälle abgearbeitet, um den Berg unbearbeiteter Anträge möglichst schnell zu verkleinern. Dazu zählen etwa Gesuche von Flüchtlingen aus dem Senegal, die fast ausnahmslos abgelehnt werden. So gingen beim Verwaltungsgericht München in diesem Jahr bereits mehrere hundert Klagen von Senegalesen ein, deren Anträge das BAMF abgelehnt hatte. Teilweise hatten die Asylbewerber mehr als zwei Jahre auf die Entscheidung des Bundesamtes gewartet. Zuletzt hatten immer mehr Asylbewerber gegen die langen Wartezeiten beim BAMF geklagt. Ende 2015 lagen laut Auskunft der Bundesregierung  fast 2300 Untätigkeitsklagen gegen das BAMF vor.

Deutschland ist Hauptabnehmer von Dublin-Fällen

Die langen Verfahrensdauern und die vielen unbearbeiteten Fälle können unter Umständen auch die Abschiebung von Asylbewerbern in andere EU-Mitgliedstaaten verhindern, wenn diese nach der Dublin-Verordnung zuständig wären. Die Dublin-Regel sieht vor, dass die Asylverfahren in dem Land des Schengen-Raums abgewickelt werden müssen, in denen die Schutzsuchenden zuerst registriert wurden. In der Regel hat Deutschland maximal drei Monate Zeit, ein entsprechendes Gesuch an das zuständige Land zu stellen.

Nach Angaben des Bundesinnenministeriums hat Deutschland im Zuge des Dublin-Verfahrens im ersten Halbjahr mehr als dreimal so viele Flüchtlinge aufgenommen wie abgegeben. So sandten andere europäische Länder 6657 Personen nach Deutschland zurück, weil sie hierzulande bereits als Flüchtlinge oder Asylbewerber registriert worden waren. Deutsche Behörden überwiesen in den ersten sechs Monaten ihrerseits mit derselben Begründung 1758 Personen an andere Schengen-Staaten. Die meisten Personen (2200) bekam Deutschland aus Schweden zurück überwiesen. Aus der Schweiz kamen 961, aus den Niederlanden 803, aus Finnland 536 und aus Norwegen 520. Deutschland selbst überwies 521 Flüchtlinge nach Italien, 311 nach Polen, 165 nach Ungarn, 143 nach Spanien und 122 nach Frankreich.