Auf der Burg Alzenau, einst Niederlassung der Mainzer Fürstbischöfe, hat das bayerische Kabinett getagt. (Foto: Imago/Werner Otto)
Kabinett in Alzenau

Unterfranken und Hessen im Blick

Die Entwicklung Unterfrankens und die Zusammenarbeit mit dem benachbarten Hessen standen im Mittelpunkt der Kabinettssitzung, zu der Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) auf die Burg Alzenau im Landkreis Aschaffenburg eingeladen hat. Außerdem ging es um Entwicklungen in der Hochschul- und Forschungslandschaft.

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hat in der Kabinettssitzung im unterfränkischen Alzenau angekündigt, dass die Staatsregierung die positive Entwicklung Unterfrankens mit einem Bündel von Initiativen insbesondere in den Bereichen Forschung und Digitalisierung vorantreiben und gezielt unterstützen wird. Ministerpräsident Seehofer: „Wir werden dafür sorgen, dass Unterfranken auch in Zukunft ganz vorne mitspielt.“

Unterfranken sei „ein starkes Stück Bayern im Herzen Deutschlands und Europas, das wirtschaftlichen Erfolg, kulturellen Reichtum und landschaftliche Schönheit gleichermaßen auf sich vereint“, so der Ministerpräsident. Damit das so bleibt und die Menschen weiter gerne hier leben, fördern wir den Ausbau der Forschungslandschaft und setzen besondere Schwerpunkte unter anderem bei der Elektromobilität, der Digitalisierung und für den Medizinstandort. Das schafft Chancen und Zukunftsperspektiven für Wohlstand und Arbeitsplätze.“

Zukunftspotenzial der Elektromobilität

Seehofer betonte: „Wir machen Strukturpolitik nach Maß. Das heißt: Wir stärken die Stärken und lassen die Region auch in schwierigen Situationen nicht allein. Daher haben wir heute einen Aktionsplan für den von Stellenabbau betroffenen Siemens-Standort Bad Neustadt an der Saale beschlossen. Wir sichern so Arbeitsplätze für die Zukunft und schaffen für die Menschen Zukunftsperspektiven.“ Neben arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen der Qualifizierung, Weiterbildung und Arbeitsvermittlung wird die Staatsregierung massiv neue Akzente für die Zukunft der Region Bad Neustadt setzen.

Besonderes Zukunftspotential biete der Schwerpunkt Elektromobilität, sagte Seehofer. „Mit dem Technologietransferzentrum für Elektromobilität in Bad Neustadt an der Saale haben wir einen wichtigen Grundstein gelegt, um die Kompetenz in der E-Mobilität in der Region weiter auszubauen“, betonte der Ministerpräsident. Auch wird der Freistaat zusätzliche staatliche Regionalfördermittel einsetzen, um neue Investitionen anzustoßen. Bei seiner Klausur in St. Quirin Ende Juli 2016 wird der Ministerrat zudem ein Gesamtkonzept für alle vom Stellenabbau betroffenen Standorte verabschieden. Neben Bad Neustadt sind dies Ruhstorf, Nürnberg, Erlangen.

Neue digitale Gründerzentren in Unterfranken

Auch bei den digitalen Gründerzentren kommt Unterfranken zum Zug. Gleich zwei der neuen digitalen Gründerzentren werden hier angesiedelt, die Wissenschaft, Wirtschaft, junge Start-up-Unternehmen und Kapitalgeber miteinander vernetzen und für digitale Innovationen auch in den Regionen sorgen. Im Standortwettbewerb hatte sich bereits Würzburg mit Schweinfurt und Bad Kissingen durchgesetzt. Ein weiteres Gründerzentrum soll nach dem Willen des Kabinetts im Raum Aschaffenburg gebaut werden.

Unterfranken zählt mit der Universität Würzburg und den Hochschulen für angewandte Wissenschaften in Aschaffenburg und Würzburg-Schweinfurt bereits jetzt zu den stärksten Forschungsregionen in Deutschland. Zu den zukunftsweisenden Projekten gehört der „i-Campus“ mit englischsprachigen Studienangeboten an der Hochschule Würzburg-Schweinfurt. Auch die außeruniversitäre Forschungslandschaft wird massiv ausgebaut. Beispiele sind die Fraunhofer-Projektgruppe für Wertstoffkreisläufe und Ressourcenstrategie oder der Aufbau des Würzburger Translationszentrums für die interdisziplinäre Forschung und Entwicklung regenerativer Therapien in der Medizin.

Am Medizinstandort Unterfranken spielt auch das vom Freistaat Bayern geförderte Zentrum für Telemedizin in Bad Kissingen eine wichtige Rolle. Hier werden die Chancen modernster Technik zur Vernetzung von Daten und Informationen für die Weiterentwicklung des Gesundheitswesens genutzt. Ministerpräsident Seehofer verwies außerdem auf die Nordbayern-Initiative der Staatsregierung. „Allein mit unserer Nordbayern-Initiative fördern wir in Unterfranken elf Leuchtturmprojekte in der Forschung. Wir tun alles, damit Unterfranken auch in Zukunft hervorragend aufgestellt ist“, erklärte Seehofer.

Aktionsplan für Bad Neustadt/Saale

Der Ministerrat hat einen Aktionsplan für den gefährdeten unterfränkischen Siemens-Standort Bad Neustadt an der Saale auf den Weg gebracht, in dem 370 Arbeitsplätze auf der Kippe stehen. Ein Gesamtkonzept für alle vom Abbau betroffenen Regionen (Ruhstorf, Nürnberg, Erlangen sowie Bad Neustadt /Saale) wird das Kabinett bei seiner Klausur in St. Quirin Ende Juli 2016 verabschieden.

Wirtschaftsministerin Ilse Aigner betonte: „Rasches und entschlossenes Handeln ist notwendig. Der Freistaat Bayern wird gemeinsam mit Siemens und der Bundesagentur für Arbeit alles Notwendige dafür tun, Beschäftigung zu sichern und neue Zukunftsperspektiven für die Menschen in der Region zu schaffen. Dabei wird ganz gezielt das enorme Technologie-, Forschungs- und Produktionspotenzial Unterfrankens in den Blick genommen.“

Ein Beispiel dafür ist die Weiterentwicklung des Konzepts „i-Campus“ an der HaW Würzburg-Schweinfurt  und entsprechende Forschungsvorhaben wie die i-Factory zur Erforschung industrieller Produktion von morgen in Schweinfurt. Zudem wird die Staatsregierung ein neues digitales Gründerzentrum in der Region Aschaffenburg einrichten. Bereits in der Vorwoche hat der Ministerrat ein digitales Gründerzentrum unter Federführung der Stadt Würzburg beschlossen.

Der Aktionsplan für Bad Neustadt/Saale sieht folgende Maßnahmen vor:

  1. Die Arbeitsverwaltung muss das gesamte Instrumentarium der Arbeitsvermittlung und -qualifizierung ausschöpfen. Die Staatsregierung wird diese Anstrengungen massiv mit eigenen Mitteln unterstützen.
  2. Für Bad Neustadt konnte mit Siemens folgendes erreicht werden:
    – Ausdrückliche Standortgarantie,
    – Ansiedlung des Headquarters eMotoren für eCars des neu zu gründenden Gemeinschaftsunternehmens Valeo-Siemens. „Das Headquarter soll eine globale Leitfunktion übernehmen und zum Kompetenzzentrum für Entwicklung und Produktion werden. Das ist ein deutliches Signal, dass der Siemens-Geschäftsbereich Elektromobilität in Bad Neustadt eine nachhaltige und ausbaufähige Perspektive erhalten soll“, so Aigner.
    – Entwicklung des Siemens-Motorenwerks in Bad Neustadt zur Vorzeigefabrik für digitale Anwendungen in der Metallverarbeitung. Dies darf als Bekenntnis zum Siemens-Geschäftsbereich Motion Control in Bad Neustadt gewertet werden.
  3. Die Maßnahmen der Staatsregierung setzen nach dem Prinzip „Stärken stärken“ ganz gezielt an den industriellen Kompetenzen der Region an, insbesondere in den Bereichen Elektromobilität, Industrie 4.0 und Telemedizin. „Das schafft sichere und gut bezahlte Arbeitsplätze“, so Aigner. Immerhin gibt es in Bad Neustadt für Elektromobilität schon ein Technologie-Transferzentrum. Dort forschen bisher rund 40 Mitarbeiter gemeinsam mit der Zulieferindustrie an Akku- und Akkuladetechnik. Herausgehobene Projekte sind:
    – Aufstockung der Grundfinanzierung und weiterer Mittel des Technologietransferzentrums Elektromobilität in Bad Neustadt auf bis zu 800.000 € jährlich und Weiterentwicklung im Rahmen von Projektförderungen (z. B. Batterie-Prüflabor, Institut für elektromechanische Auslegungsberechnungen und -prüfungen).
    – Schaffung eines Zentrums digitale Anwendungen in der Metallbearbeitung in Bad Neustadt mit bis zu 60 hochqualifizierten Arbeitsplätzen; Geplante Förderung: 10 Mio. €.
    – Fortführung und zielgerichtete Weiterentwicklung des Zentrums für Telemedizin in Bad Kissingen.
    – Umsetzung und Weiterentwicklung des Konzepts „i-Campus“ an der HaW Würzburg-Schweinfurt; Angebot existierender deutschsprachiger Studiengänge in englischer Sprache; bauliche Erweiterungen auf dem Gelände der Ledward Barracks in Schweinfurt.
    – Bereitstellung zusätzlicher Mittel in der Regionalförderung und verstärkte Anstrengungen zur Ansiedlung neuer Unternehmen am Untermain durch „Invest in Bavaria“.
    – Aufbau eines Materialprüfungslabors des Süddeutschen Kunststoffzentrums (SKZ) in Bad Neustadt.

Eintragung ins Goldene Buch auf der Bühne der Burgfestspiele

Ministerpräsident Horst Seehofer und sein Kabinett haben sich zu Beginn ihrer Kabinettssitzung im unterfränkischen Alzenau ins Goldene Buch der Stadt eingetragen. Grußworte auf der Bühne der Burgfestspiele sprachen Bürgermeister Alexander Legler und Aschaffenburgs Landrat Ulrich Reuter Grußworte.

Alzenau liegt ganz im Nordwesten Bayerns, im Landkreis Aschaffenburg. Der örtliche Dialekt klingt für manche Ohren bereits mehr Hessisch als Fränkisch. Auch wirtschaftlich orientiert sich der Landkreis Aschaffenburg eher in Richtung Hessen, denn der Landkreis ist Teil der Rhein-Main-Metropolregion rund um Frankfurt. Bayern unterstützt das auch finanziell. Mit Mitteln vom Freistaat soll der Landkreis ausloten, wie er noch intensiver mit der hessischen Region zusammenarbeiten kann.