Das ehemalige Salz-Bergwerk Asse bei Wolfenbüttel (Niedersachsen) diente als Lager für schwach- und mittelaktiven Atommüll. (Foto: Imago/epd)
Kernkraft

Bayern in Endlager-Gefahr?

Die Kommission zur Findung eines Atommüll-Endlagers hat ihren Abschlussbericht beschlossen: Salz, Ton oder Kristallin-Formationen - keines der Gesteine in den gesuchten Bergwerken hat sie dabei ausgeschlossen. Speziell am befürchteten Standort im Bayerischen Wald wächst deshalb die Sorge, dass das Lager in den Granitstollen unter der Saldenburg kommt.

Die Energiewende nimmt ihren Lauf, das Atom-Zeitalter geht dem Ende entgegen. Die ersten der einst 36 deutschen Reaktoren sind bereits vollständig zurückgebaut. Doch was mit dem Müll aus den Kernkraftwerken geschehen soll, bleibt bis auf weiteres ungeklärt. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks glaubt, dass bis 2050 das geplante Endlager in Betrieb gehen kann. Das wäre reichlich spät, denn bislang lagern die Energiekonzerne ihren strahlenden Rückbau-Schutt in Gebäuden auf dem Gelände ihrer Meiler. Die Genehmigungen dafür laufen bis zu 15 Jahre vor Hendricks anvisiertem Eröffnungsjahr aus. Ohnehin mutmaßen viele Anwohner, dass diese Zwischenlager auch zu Endlagern werden – falls kein geeigneter Standort gefunden wird.

Wohin also mit gelben Tonnen voller Atommüll? Gerade hat die Kommission „Lagerung hoch radioaktive Abfallstoffe“ nach zweijähriger Arbeit ihren Abschlussbericht beschlossen. Nach langwierigen Verhandlungen, die darauf hindeuten: Bis eine Lagerstätte für die Ewigkeit gefunden ist, dauert es noch viel, viel länger. Wenn auch nicht mal eine halbe Ewigkeit.

Ton, Steine, Scherbengericht

Der Bericht der Kommission sieht vor, den Atommüll in einem Endlagerbergwerk zu entsorgen. Dabei sollen die Abfälle auch rückholbar bleiben, falls der Standort sich in Zukunft als untauglich erweisen sollte. Der Standort mit „bestmöglicher Sicherheit“ soll in einem dreiphasigen Verfahren ermittelt und per Bundesgesetz festgelegt werden. Der Bericht schließt keine der möglichen Gesteinsarten aus, die für eine Lagerung in Frage kommen. Damit könnte ein Endlager in Salz-, Ton- oder Kristallin-Formationen entstehen. Auch der seit Jahrzehnten umstrittene Standort Gorleben in Niedersachsen wird in dem Kommissionsbericht nicht ausgeschlossen.

Die Gesteine in Bayern sind nicht für ein Endlager geeignet – das gilt für Granit, Ton und Salz.

Ulrike Scharf, Umweltministerin

Dies bedeutet freilich, dass es auch den Bayerischen Wald als Standort für das Endlager treffen könnte. „Die Gefahr besteht“, sagte der Bürgermeister von Thurmansbang, Martin Behringer (FWG), dem Bayerischen Rundfunk. Er befürchtet, dass das Lager in die Granitgestein-Stollen unter der Saldenburg, nördlich von Passau, kommt. „Gorleben war auch eine politische Entscheidung. Ich glaube nicht, dass man jemand überzeugen kann, dieses Endlager freiwillig zu nehmen. Darum muss irgendwann mal eine politische Entscheidung getroffen werden“, sagt Behringer. Ob dabei überhaupt geologische Erwägungen eine Rolle spielen werden, bezweifelt er.

Mögliche Standorte im Freistaat

In Bayern galten in den vergangenen Jahren neben den Salzstöcken in Berchtesgaden und den Granitvorkommen im Bayerischen und Oberpfälzer Wald vor allem die Tonschichten an der Donau im Raum Neu-Ulm als potenzieller Standort. Die Tonvorkommen in Bayern sind jedoch von stark wasserführenden Grundwasserschichten über- und unterlagert, und Salz kommt in Bayern nur in dünnen Lagen vor. „Die Gesteine in Bayern sind nicht für ein Endlager geeignet – das gilt für Granit, Ton und Salz“, sagte deshalb Bayerns Umweltministerin Ulrike Scharf. Nach ihrer Ansicht sollte ein endlagerfähiges Wirtsgestein mindestens 100 Meter mächtig und homogen sein – ohne Risse und Spalten, durch die Wasser eindringen kann. „Diese erforderliche Qualität weist zerklüfteter Granit, wie es ihn in Bayern gibt, nicht auf“, sagte ein Ministeriumssprecher.

Wer meint, uns als Atomklo benutzen zu können, der muss mit dem gleichen Desaster rechnen wie in Wackersdorf.

Martin Behringer

Bayerns Umweltministerin Scharf will ein Endlager im Granit des Bayerischen Waldes oder des Fichtelgebirges verhindern. „Bayern hält an dem Konzept der geologischen Barriere zum Einschluss der radioaktiven Abfälle fest“, teilt sie mit. Zerklüfteter Granit komme deshalb „als Wirtsgestein für ein Endlager nicht in Betracht“. Hintergrund: Salz oder Ton können den Atommüll im Lauf der Zeit besser umschließen, während in Granit zusätzlich zur Gesteinsbarriere auch Schutzbehälter für den Müll nötig wären. Diese hätten jedoch auch einen Vorteil: In solchen Behältern wäre der Müll im Bedarfsfall auch leichter rückholbar, wie es die Endlager-Kommission für nötig hält.

Im Falle konkreter Untersuchungen etwa im Bayerischen Wald wird heftiger Widerstand der Bevölkerung erwartet. „Wer meint, uns als Atomklo benutzen zu können, der muss mit dem gleichen Desaster rechnen wie in Wackersdorf“, sagte der Vorstand der Initiative gegen ein Endlager im Saldenburger Granit, Thurmansbangs Bürgermeister Behringer, der Deutschen Presse-Agentur. „Wir haben auch Geld dafür.“