Verneigung vor den Heimatvertriebenen (v.r.): Sozialministern Emilia Müller, Josef Zellmeier (MdL, CSU), Volkmar Halbleib (MdL, SPD), Martin Burkert (MdB, SPD), Karl Freller (MdL, CSU), Dagmar Wöhrl (MdB, CSU), Hans-Jürgen Fahn (Mdl, FW), Christine Kamm (MdL, Grüne). Dahinter (halb verdeckt) der katholische Erzbischof Ludwig Schick (Bamberg) und der orthodoxe Erzpriester Apostolos Malamoussis (München). (Foto: Wolfram Göll)
Gedenktag

Vertreibungen weltweit ächten

Die bayerische Staatsregierung, der bayerische Landtag und die Vertriebenenverbände haben der Opfer von Flucht und Vertreibung gedacht. Gleichzeitig forderten sie beim dritten zentralen bayerischen Gedenktag in Nürnberg, alles zu tun, um das blutige Unrecht von Vertreibungen, Umsiedlungen und ethnischen Säuberungen international zu ächten und für die Zukunft zu verhindern.

Die bayerische Sozialministerin Emilia Müller (CSU) würdigte bei der Kranzniederlegung am Mahnmal für die Opfer von Flucht und Vertreibung am Nürnberger Hallplatz die Heimatvertriebenen als „Opfer von furchtbarem Leid“. Die Menschen hätten „Willkür und Menschenverachtung, Tod und Gewaltakte“ erlitten. Müller betonte: „Vertreibung ist und bleibt Unrecht. Sie muss  international geächtet werden.“

Heute sind diese Menschen und ihre Nachkommen Brückenbauer für ein friedliches Europa.

Emilia Müller

Gleichzeitig lobte die Sozialministerin die Überlebenden, die sich fern der Heimat eine neue Existenz aufgebaut haben, sie hätten eine „ungeheure Leistung“ vollbracht. Sie hätten sich vorbildlich engagiert und gemeinsam mit der ursprünglichen bayerischen Bevölkerung das Land wieder aufgebaut. Das sei nicht selbstverständlich. „Heute sind diese Menschen und ihre Nachkommen Brückenbauer für ein friedliches Europa“, so Emilia Müller.

Vertriebene sind heute Versöhner und Brückenbauer

Der vertriebenenpolitische Sprecher der CSU-Landtagsfraktion, Josef Zellmeier, gedachte der ermordeten, vertriebenen, vergewaltigten und zur Zwangsarbeit gezwungenen Deutschen aus dem Osten Europas. Er lobte die Errichtung des zentralen Mahnmals für die Opfer von Flucht und Vertreibung auf dem Nürnberger Hallplatz und die Einführung eines bayerischen Gedenktages. „Mögen alle Opfer ruhen in Frieden“, so Zellmeier, der auch stellvertretender Fraktionschef und parlamentarischer Geschäftsführer der CSU-Fraktion ist.

Versöhner und Brückenbauer sind Goldes wert – vor allem dieser Tage.

Marcel Huber

Bei der zentralen Gedenkveranstaltung im Alten Rathaussaal lobte der Leiter der bayerischen Staatskanzlei, Marcel Huber, die Vertriebenen und ihre Nachkommen als Versöhner und Brückenbauer. „Versöhner und Brückenbauer sind Goldes wert – vor allem dieser Tage“, so Huber. Deshalb stehe der Gedenktag auch für Versöhnung, Frieden und Miteinander. „Menschen wie Sie halten Europa zusammen“, lobte Huber. Die Europäer müssen entschlossen ihr eigenes Schicksal in die Hand nehmen, so Huber. „Wenn wir Europäer nicht gemeinsam über unsere Zukunft entscheiden, tun das andere für uns.“

Den Jungen viel mehr von Krieg und Vertreibung erzählen

Bei allen Widersinnigkeiten der Brüsseler Eurokratie müsse doch immer klar sein, dass die Europäer nur gemeinsam eine Chance hätten, ihre Lebensweise gegenüber den starken Gegenkräften wie der arabischen Welt, Russland und China zu verteidigen. Der Staatskanzleichef betonte, die EU müsse die großen Fragen der Gegenwart angehen, etwa die Bekämpfung von Fluchtursachen, Terror und internationaler Kriminalität sowie die Unterbringung der Flüchtlinge, und nicht Kleinigkeiten wie die Krümmung von Gurken und die Wattzahl von Staubsaugern.

„Bei aller Kritik: Europa ist eine Friedensgeschichte. 71 Jahre Frieden auf unserem Kontinent beweisen das“, so Marcel Huber. „Wir sollten den jungen Leuten viel mehr von den Schrecken des Krieges und der Vertreibung erzählen“, riet er. „Wer in Frieden, Freiheit und Wohlstand großgeworden ist, vergisst manchmal, dass das alles nicht selbstverständlich ist“, so Huber. Ohne überzeugte Europäer wie Konrad Adenauer, Helmut Kohl und Franz Josef Strauß könne Europa nicht existieren.

Bayern, Hessen und Sachsen waren Vorreiter des Gedenktags

Der CSU-Bundestagsabgeordnete und Präsident des Bundes der Vertriebenen (BdV), Bernd Fabritius, sagte, nach Krieg und Nazi-Terror, der unvorstellbares Leid über Europa gebracht habe, sei der Terror weitergegangen. Leicht werde vergessen, dass hinter den Millionen-Zahlen von Heimatvertriebenen immer Einzelschicksale stehen. Auch Millionen Kinder seien betroffen, „die Schutzlosesten der Schutzlosen“, wie Fabritius sagte. Er erinnerte an die 20.000 „Wolfskinder“ in Ostpreußen, die plötzlich ohne Eltern dastanden und sich allein durchschlagen mussten.

Wir sind es den Toten schuldig, an ihr Schicksal zu erinnern.

Bernd Fabritius

Der BdV-Präsident lobte, Bayern habe als erstes Land einen eigenen Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung eingeführt, Hessen und Sachsen seien gefolgt. „Den bundesweiten Gedenktag gäbe es heute nicht, wenn nicht Bayern, Hessen und Sachsen vorangeschritten wären.“ Ein Viertel der Bewohner Deutschlands stammten von Heimatvertriebenen ab. Abschließend sagte Fabritius: „Wir sind es den Toten schuldig, an ihr Schicksal zu erinnern.“

CSU-Politiker stark vertreten

Mehrere Trachten- und Fahnengruppen von Vertriebenenverbänden aus ganz Bayern – vor allem aus Oberschlesien, dem Banat, Siebenbürgen und der Sathmarer Gegend – nahmen an der Gedenkstunde teil und erwiesen den Opfern die Ehre. Gesanglich umrahmt wurden Kranzniederlegung und Gedenkveranstaltung vom Chor „Singende Herzen“ von Russlanddeutschen aus Ingolstadt, die Blasmusik kam von der Stadtkapelle Röthenbach/Pegnitz.

Außer Emilia Müller, Marcel Huber, Bernd Fabritius und Josef Zellmeier besuchten auch folgende weitere CSU-Politiker die Kranzniederlegung auf dem Hallplatz und die Gedenkveranstaltung im Alten Rathaussaal: Landtags-Fraktionsvize Karl Freller, die Bundestagsabgeordnete Dagmar Wöhrl, der Landtagsabgeordnete Hermann Imhof sowie der Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe und langjährige CSU-Europaabgeordnete, Bernd Posselt. Die Kirchen waren durch den römisch-katholischen Bamberger Erzbischof Ludwig Schick vertreten und den griechisch-orthodoxen Erzpriester Apostolos Malamoussis aus München.