Blick auf Agadir in Marokko. 2015 kamen rund 10.000 angebliche Flüchtlinge aus dem Urlaubsland Marokko nach Deutschland. (Bild: imago/CTK Photo)
Maghreb-Staaten

Die Mehrheit bleibt

Flüchtlinge aus Marokko, Tunesien und Algerien erhalten in Deutschland so gut wie kein Asyl. Trotzdem bleibt die Mehrheit von ihnen im Land. Probleme bei der Abschiebung gab es bereits im vergangenen Jahr: Schuld daran soll neben dem fortwährenden Bearbeitungsstau im BAMF auch das unkooperative Verhalten der Maghreb-Staaten sein.

Insgesamt sind im vergangen Jahr rund 26.000 Menschen aus Marokko, Tunesien und Algerien nach Deutschland gekommen. Doch nur zwei von 2605 bearbeiteten Asylanträgen von Bürgern dieser drei nordafrikanischen Staaten wurden im vergangenen Jahr positiv beschieden. In weiteren 53 Fällen wurde Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention oder subsidiärer Schutz gewährt beziehungsweise ein Abschiebungsverbot festgestellt, schreibt die Welt.

Bürokratie bremst Rückführungen

Eigentlich müssten Tausende das Land verlassen. Doch kaum einer geht – weder freiwillig, noch im Rahmen von Abschiebungen und Rückführungen. Und das, obwohl sich die Regierungen der drei Staaten bereit erklärt haben, ihre Staatsangehörigen wieder aufzunehmen. Doch in der Praxis scheitern Rückführungen in allen drei Maghreb-Staaten häufig an bürokratischen Hürden. Im ersten Quartal 2016 seien nur 25 Algerier, 18 Marokkaner und 14 Tunesier – also insgesamt 57 Menschen – in ihre Heimat abgeschoben worden, schreibt die Welt und beruft sich dabei auf Angaben des Bundesinnenministeriums. Knapp 100 Menschen seien in andere Länder rückgeführt worden. Freiwillige Ausreisen gebe es in größerem Umfang nur von Algeriern. 4838 von ihnen hätten sich im ersten Quartal dafür entschieden. Allerdings nur 22 Marokkaner und 8 Tunesier.

Maghreb-Staaten blockieren

Das Problem ist nicht unbekannt. Bereits im vergangenen Jahr seien rund 5500 Algerier, Marokkaner und Tunesier nach einem internen Papier der Innenbehörden Mitte 2015 ausreisepflichtig gewesen. Doch lediglich 53 konnten im ersten Halbjahr 2015 in ihre Heimatländer abgeschoben werden. Die Innenministerien der Länder werfen nach einem Spiegel-Bericht nordafrikanischen Staaten „unkooperatives Verhalten“ bei Abschiebungen vor. So werde das Verhalten der tunesischen Behörden von den Beamten als „völlig unzureichend“ bewertet: „Schon die Kontaktaufnahme mit der Botschaft ist äußerst schwierig. Bis auf wenige Einzelfälle gibt es keine Reaktion und keine Ergebnisse.“ Mehr dazu lesen Sie hier: Deal mit den Maghreb-Staaten.

Länder sollen sichere Herkunftsstaaten werden

Die Situation verbessern soll ein neues Gesetz. Am 13. Mai hatte der Bundestag mit großer Mehrheit die Einstufung Marokkos, Tunesiens und Algeriens als sichere Herkunftsstaaten beschlossen. Menschen aus diesen Ländern können dadurch einfacher abgeschoben werden. Union und SPD stimmten dafür, Grüne und Linke lehnten das Gesetz ab. Durch die Stimmen der von Linkspartei und Grünen mitregierten Bundesländer könnte der entsprechende Gesetzesvorschlag am 17. Juni im Bundesrat zu Fall gebracht werden – mit nachteiligen Folgen für Deutschland.

100.000 warten seit einem Jahr auf Antwort

Das Grundrecht auf Asyl ist das einzige Grundrecht, das nur Ausländern zusteht und zwar denjenigen, die politisch verfolgt werden. Weder Krieg noch Hunger noch Krankheit noch Perspektivlosigkeit begründen den in Artikel 16 Grundgesetz festgeschriebenen Anspruch auf Asyl. Derzeit warten 28.510 Schutzsuchende seit mehr als zwei Jahren auf eine Entscheidung über ihren Asylantrag durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), 3808 sogar seit mehr als drei Jahren. Eine Konsequenz aus der extrem gestiegenen Zahl an Flüchtlingen im vergangenen Jahr. Laut Bundesregierung sind 96.655 Verfahren seit mehr als drei Jahren anhängig.

Minderjährige auf der Flucht

Aus der Antwort der Bundesregierung zum Thema Asyl veröffentlichte die Welt weitere Zahlen. Sie belegen, dass immer noch viele minderjährige unbegleitete Flüchtlinge in Deutschland einreisen. Von den 2016 bis März 3652 eingereisten Minderjährigen ohne Eltern und Verwandte kamen 1568 aus dem Bürgerkriegsland Afghanistan. Das sind 43 Prozent der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge. Insgesamt reisten damit im ersten Quartal 2016 noch einmal mehr unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nach Deutschland ein als in den letzten drei Monaten des Jahres 2015 (3007). Seit 2009 nehmen die Zahlen jährlich zu. Damals waren es im gesamten Jahr knapp 2000 Kinder, die ohne Begleitung nach Deutschland flüchteten.