Rot-Grün ist angezählt
SPD und Grüne sind die eindeutigen Verlierer der Wahl in Bremen. Die SPD erlitt das schlechteste Ergebnis seit 1945, die Grünen verloren mehr als sieben Prozentpunkte. Die Wahler machten die Regierung für die Misere der Stadt verantwortlich. Doch die CDU konnte vom Absturz von Rot-Grün kaum profitieren. Eine Analyse von Florens Mayer (dimap).
Bremen

Rot-Grün ist angezählt

Kommentar SPD und Grüne sind die eindeutigen Verlierer der Wahl in Bremen. Die SPD erlitt das schlechteste Ergebnis seit 1945, die Grünen verloren mehr als sieben Prozentpunkte. Die Wahler machten die Regierung für die Misere der Stadt verantwortlich. Doch die CDU konnte vom Absturz von Rot-Grün kaum profitieren. Eine Analyse von Florens Mayer (dimap).

Sowohl SPD als auch Grüne haben bei der Wahl in Bremen deutliche Verluste einstecken müssen. Die Bremer SPD erlitt mit nur 32,8 Prozent sogar das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte. Grund für ihr schlechtes Abschneiden ist, dass viele sie für die zahlreichen Pro­bleme der Stadt verantwortlich machen. 71 Prozent stimmten vor der Wahl der Aussage zu, die SPD regiere zwar seit Jahrzehnten in Bremen, bekomme aber die Probleme nicht in den Griff. Selbst nahezu jeder zweite SPD-Anhänger war dieser Meinung. Insbesondere mit Blick auf die Schul- und Bildungspolitik (78 Prozent), die Bekämpfung der Armut (71 Prozent) und den Schuldenabbau (65 Prozent) ist eine deutliche Mehrheit der Bremer Bürger mit der Arbeit des SPD-geführten Senats unzufrieden.

Auch die Grünen wurden abgestraft. Bei der letzten Wahl im Jahr 2011 hatten die Grünen vor dem Hintergrund der Reaktorkatastrophe in Fukushima mit 22,5 Prozent ein Rekordergebnis erzielt. Bei der Wahl am Sonntag erreichten sie nur mehr 15,2 Prozent und verschlechterten sich damit auch gegenüber ihrem Wahlergebnis von 2007 (16,5 Prozent). Eine Ursache für die Stimmenverluste der Grünen ist, dass ihr politisches Profil von einer Mehrheit der Bremer als beliebig bewertet wird. Fast 60 Prozent der Bremer sagen, bei den Grünen wisse man nicht genau, wofür sie stehen. Zudem wird sie von vielen als geradezu wirtschaftsfeindlich wahrgenommen. 60 Prozent sagen, die Grünen in Bremen kümmerten sich zu wenig um Wirtschaft und Arbeitsplätze. Und immer noch 56 Prozent sagen, sie machten eine wirtschaftsfeindliche Verkehrspolitik. Dabei lag die Wirtschaftspolitik hinter der Bildungspolitik auf Platz zwei der wahlentscheidenden Themen der Bremer Bürger.

Die CDU schaffte mit 22,6 Prozent immerhin einen Achtungserfolg. Sie ist wieder zweitstärkste Kraft in der Bremer Bürgerschaft. Dennoch bleibt sie mit rund zehn Prozentpunkten Abstand nach wie vor deutlich hinter der seit 70 Jahren (!) regierenden SPD und konnte kaum von den rot-grünen Verlusten profitieren. Zwar sprechen die Bremer der CDU eher als anderen Parteien die Fähigkeit zu, die Wirtschaft in Bremen voranzubringen (40 Prozent) und die Verschuldung des Landes zu verringern (33 Prozent), aber eine deutliche Mehrheit ist gleichzeitig der Meinung, ein CDU-geführter Senat könnte die anstehenden Aufgaben und Probleme in Bremen nicht besser lösen (60 Prozent). Zudem konnte auch die CDU-Spitzenkandidatin Elisabeth Motschmann nicht überzeugen. Jeder zweite Bremer war der Meinung, Motschmann habe nicht das Format, Bürgermeisterin zu werden.

Die Wahlanalyse von infratest dimap zeigt, dass sowohl SPD (minus 8000) als auch Grüne (minus 7500) die meisten Stimmen an das Nichtwählerlager verloren haben. Die Union konnte zwar viele enttäuschte SPD-Wähler (plus 6000) und auch einige Grünen-Wähler (plus 1500) für sich gewinnen, verlor zugleich jedoch Stimmen an FDP (minus 2500), AfD (minus 2000) und das Nichtwählerlager (minus 3500).

Eindeutige Gewinnerin der Bremer Wahl ist, genau wie im Februar in Hamburg, die FDP. Sie erreichte mit 6,8 Prozent ihr bestes Ergebnis in den letzten 20 Jahren. Dennoch sollten die Liberalen den Wiedereinzug in das Parlament des kleinsten Bundeslandes Deutschlands nicht überbewerten. Deutlich wichtiger werden Wahlsiege bei den Landtagswahlen 2016 sein. Zwar erreichte die Bremer FDP-Spitzenkandidatin Lencke Steiner deutlich schlechtere Bekanntheitswerte (32 Prozent) als die Hamburger FDP-Spitzenkandidatin Katja Suding (71 Prozent). Dennoch konnte die FDP auch in Bremen mit ihrer Spitzenkandidatin punkten. 38 Prozent stimmten der Aussage zu, die FDP habe mit ihrer Spitzenkandidatin einen sympathischen Wahlkampf gemacht.

Von der Unzufriedenheit vieler Bremer konnten in erster Linie die Protestparteien AfD und Linke deutlich profitieren. Insbesondere die AfD zog dabei Stimmen aus beiden politischen Lagern: 2000 Wähler aus dem rot-grünen Lager und insgesamt 2500 von CDU und FDP. Die AfD-Anhänger in Bremen unterstützen vor allem die rechtspopulistischen Positionen der Partei. 96 Prozent der AfD-Anhänger sagten vor der Wahl, sie fänden es gut, dass die AfD den Zuzug von Ausländern und Flüchtlingen stärker begrenzen will als andere Parteien.

Nach der Wahl am Sonntag ist Rot-Grün zwar angezählt, dennoch ist die CDU keine ernste Gefahr für die SPD in Bremen. Dafür müsste sie in den nächsten Jahren nicht nur eine starke Führungspersönlichkeit aufbauen, sondern auch ihr Profil in Sachen Bildungspolitik und Armutsbekämpfung schärfen – freilich ohne dabei ihre starke Wirtschaftskompetenz zu vernachlässigen.