Bei den Präsidentschaftswahlen in Österreich ist der Kandidat der rechtspopulistischen FPÖ, Norbert Hofer, als klarer Sieger hervorgegangen. Der Kandidat der umstrittenen Partei kam auf 35 Prozent der Stimmen und muss sich nun in vier WOchen in einer Stichwahl mit dem bisherigen Zweitplatzierten und früheren Grünen-Parteichef Alexander van der Bellen messen. Der 72-Jährige kam auf 21,3 Prozent. Die Kandidaten von SPÖ und ÖVP erreichten jeweils rund elf Prozent – eine schallende Ohrfeige für die regierende Große Koalition in Wien. Die unabhängige Ex-Richterin Irmgard Griss hatte 19 Prozent der Wähler überzeugt. Der Bauunternehmer und „Spaßkandidat“ Richard Lugner war bei 2,3 Prozent gelandet.
EU-Kritik scheint Wähler zu überzeugen
Die FPÖ hatte unter dem europakritischen Slogan „Österreich zuerst“ Stimmung auch in der Flüchtlingsfrage gemacht. Die einst von Jörg Haider dominierte FPÖ wurde aber nach ersten Analysen darüber hinaus zu einem Sammelbecken der Protestwähler ganz generell. Sehr viele Menschen in Österreich sind unzufrieden mit der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung, die von stetig steigender Arbeitslosigkeit geprägt ist. Auch die Flüchtlingsfrage spielte im Wahlkampf eine große Rolle. Hofer und die FPÖ sind für eine strikt restriktive Flüchtlingspolitik. Van der Bellen dagegen vertritt die Haltung, dass Österreich durchaus weiterhin viele Asylbewerber integrieren könne.
Arbeiter wählten FPÖ
Die FPÖ hat vor allem vom gewaltigen Zuspruch der Arbeiter profitiert. Nach einer Analyse des Sozialforschungsinstituts Sora wählten 72 Prozent der Arbeiter die Rechtspopulisten. In dieser Wählergruppe kam die sozialdemokratische SPÖ dagegen nur auf zehn Prozent. Auch von den Angestellten bekam der 45-jährige FPÖ-Kandidat Norbert Hofer mit 37 Prozent deutlich mehr Stimmen als jeder andere der übrigen fünf Bewerber. Der Wahltriumph der FPÖ ist ein landesweites Phänomen. In acht von neun Bundesländern – Ausnahme ist Wien – stimmten die meisten Wähler für Hofer.
Für das politische System in der Alpenrepublik ist der Wahlausgang eine Zäsur. Die seit Jahrzehnten in wechselnden Mehrheitsverhältnissen regierenden Parteien ÖVP und SPÖ konnten zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg keinen ihrer Kandidaten in die Stichwahl bringen.
Personelle Konsequenzen hat die die rot-schwarze Koalition in Österreich nach ihrem Wahldebakel abgelehnt. Bundeskanzler und SPÖ-Chef Werner Faymann sieht sich nach eigenen Worten weiterhin fest im Sattel. „Ich spüre eine sehr breite und starke Unterstützung“, sagte Faymann. Auch Vizekanzler und ÖVP-Vorsitzender Reinhold Mitterlehner sieht keinen Anlass für Personaldebatten. Allerdings müsse die Koalition einen inhaltlichen Neustart hinlegen. Dafür gebe es eine „letzte Chance.“
Medien: „Politische Zeitenwende“
Wer auch immer bei der Stichwahl am 22. Mai Bundespräsident wird: Eine „politische Zeitenwende“, wie sie mehrere österreichische Medien am Tag nach dem ersten Wahlgang prophezeiten, scheint wahrscheinlich. Denn sowohl Hofer als auch Van der Bellen haben große Aktionen für den Fall ihrer Wahl angekündigt. Hofer spielte in den letzten Wochen offen mit dem Gedanken, die rot-schwarze Regierung kurzerhand zu entlassen. Und van der Bellen machte klar, dass er als Bundespräsident niemals einen Bundeskanzler der FPÖ vereidigen werde.
In vier Wochen also sind die knapp 6,4 Millionen Wähler in Österreich noch einmal aufgerufen, ihr Staatsoberhaupt zu wählen. Hofer gilt dabei nach Überzeugung von Wahlforschern als klarer Favorit. Der Bundespräsident wird in der Alpenrepublik wird für sechs Jahre gewählt und kann einmal wieder kandidieren.