Bau gegen den Stau
Der Bundesverkehrswegeplan von Verkehrsminister Alexander Dobrindt sieht Investitionen von 264,5 Milliarden Euro in Asphalt-, Schienen- und Wasserwege vor. Dabei geht Sanierung vor Neubau. 11,4 Milliarden Euro davon betreffen Projekte in Bayern. Gebaut wird jedoch erst, wenn alle Genehmigungen vorliegen.
Bundesverkehrswegeplan

Bau gegen den Stau

Der Bundesverkehrswegeplan von Verkehrsminister Alexander Dobrindt sieht Investitionen von 264,5 Milliarden Euro in Asphalt-, Schienen- und Wasserwege vor. Dabei geht Sanierung vor Neubau. 11,4 Milliarden Euro davon betreffen Projekte in Bayern. Gebaut wird jedoch erst, wenn alle Genehmigungen vorliegen.

Morgens um halb acht. Auf dem Frankenschnellweg schleicht der Verkehr. Zweispurig stauen sich Autos und Lkw auf Höhe der Ampelkreuzung „An den Rampen“ – einer der notorischen Engpässe in Nürnberg. Für den Mittleren Ring in München meldet der Verkehrsfunk zur selben Zeit allein 17 Passagen mit „stehendem Verkehr“.

Zwei der zehn staureichsten Ballungsräume in Deutschland, die der Verkehrsdatenanbieter Inrix jüngst ermittelt hat, liegen in Bayern: München und Nürnberg. Durchschnittlich stehen Autofahrer in der Landeshauptstadt jedes Jahr 53 Stunden im Stau, in Nürnberg 39 Stunden. Verkehrsreichste Strecke in München ist der Ring, wo sich die Verzögerungen sogar auf 93 Stunden summieren. Seit der Kreisverkehr um die Metropole sukzessive ausgebaut wird, beobachten die Fahrer jedoch ein unangenehmes Phänomen: Je größer die Kapazitäten, desto mehr Verkehr – und desto mehr Stau. Jüngstes Beispiel: der für 400 Millionen Euro untertunnelte Ring-Abschnitt auf Höhe des Luise-Kiesselbach-Platzes, der im vergangenen Sommer eingeweiht wurde. Ein teures Schwerpunktprojekt an der Einmündung der Autobahnen A95 (Garmisch-Partenkirchen) und A96 (Lindau) – doch weiterhin stöhnen Berufspendler, sie kämen nur zäh voran.

Der große Plan bis 2030

Der „Bundesverkehrswegeplan“, den Verkehrsminister Alexander Dobrindt am Mittwoch präsentierte, sieht für das Gebiet um München ein Bauprojekt vor, das im günstigen Fall großräumige Entlastung schaffen kann. So soll die A99, welche die Autobahnen außerhalb der Stadtgrenze verbindet, drei- bis vierspurig in beiden Richtungen ausgebaut werden. So könnte mehr Verkehr außen um die Stadt herumgeleitet werden. Mit spürbarem Effekt auf dem Mittleren Ring?

Für Bayern ist das Ganze ein exzellentes Paket.

Ulrich Lange, MdB

Minister Dobrindt sieht in seinem Plan „das stärkste Investitionsprogramm für die Infrastruktur“. Bis 2030 würden bundesweit 264,5 Milliarden Euro in Straßen, Schienen- und Wasserwege gesteckt. Allerdings ist diese Liste der geplanten Projekte zunächst eine Absichtserklärung. Vielen davon müssen die zuständigen Parlamente in Bund, Ländern und Gemeinden erst noch zustimmen und die nötigen Finanzen beisteuern. Der verkehrspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Ulrich Lange (CSU), glaubt: „Für Bayern ist das Ganze ein exzellentes Paket.“ Wenn aus einzelnen Projekten am Ende doch nichts werden sollte, sagte Lange dem Bayernkurier, „dann liegt das oft daran, dass das Baurecht fehlt“. Für die zuständigen Bürgermeister und Kommunalparlamente sei es nun wichtig, „mit dem Schlüssel, den ihnen der Verkehrswegeplan in die Hand gibt, auch aufzusperren“. Hintergrund: das Investitionsvolumen der 264,5 Milliarden Euro an Bundesmitteln können die einzelnen Bundesländer erst abrufen und verbauen, wenn auch alle Genehmigungsverfahren abgeschlossen sind. Etwa 11,4 Milliarden Euro betreffen Projekte in Bayern.

Mehr Asphalt

Die größten Posten im neuen Bundesverkehrswegeplan für den Freistaat beim Autobahnbau: Die A8 soll zwischen Holzkirchen und Traunstein drei- bis vierspurig in beiden Richtungen ausgebaut, das Autobahnkreuz Nürnberg-Ost erweitert werden. Die A6 soll zwischen Nürnberg-Hafen Ost und dem Autobahnkreuz Nürnberg-Süd beidseitig auf drei Spuren verbreitert werden, ebenso wie die A96 zwischen Wörthsee und Oberpfaffenhofen oder die A94 zwischen dem Kreuz München-Ost und Markt Schwaben. Zudem sollen auch in der Fläche, auf Bundes- und Landstraßen künftig die Bautrupps anrücken – beispielsweise auf der B12 zwischen Kempten und Buchloe.

Mehr Schiene

Das Bahnnetz steht in Bayern an einigen Stellen ebenfalls vor einer Aufwertung: etwa der Ost-Korridor Süd zwischen Hof, Regensburg und Obertraubling, die Franken-Sachsen-Magistrale zwischen Nürnberg, Hof und der tschechischen Grenze mit Weiterfahrt Richtung Prag. Oder die ICE-Strecke zwischen Ulm und Augsburg, die ausgebaut werden soll, damit hier nach Abschluss des Großprojekts „Stuttgart21“ kein Nadelöhr entsteht.

Die in Dobrindts Verkehrswegeplan veranschlagten Mittel sollen zu 49,4 Prozent auf die Straße fließen, zu 41,3 Prozent auf die Schiene und zu 9,3 Prozent auf die Wasserwege. Auffällig bei den Straßenbauprojekten ist, dass eher zurückhaltend neue Asphaltpisten gebaut, lieber bestehende erweitert oder saniert werden. 69 Prozent der Mittel sollen zwischen 2016 und 2030 in den Erhalt gehen. Auf rund 1700 Streckenkilometern sollen Engpässe beseitigt werden. Laut Minister geht es darum „unsere Verkehrswege zu modernisieren, unsere Infrastruktur zu vernetzen und Mobilität zu beschleunigen“. Ob Modernisierung dann auch wirklich zu Beschleunigung führt – siehe Mittlerer Ring in München – muss die Zukunft zeigen.