Unter dem Motto: "Rassismus entgegentreten!" organisiert der Asylhelferkreis eine Lichterkette, die das Rathaus und die beiden Kirchen symbolisch miteinander verbinden soll. (Bild: imago/STPP)
Rassismus

Lichter für Zornedings Ex-Pfarrer

Nach dem Rücktritt des Pfarrers der Kirchengemeinde Zorneding stellen sich zehntausende Menschen hinter Olivier Ndjimbi Tshiende. Mit einer Petition und einer Solidaritätskundgebung wollen sie ein Zeichen gegen Rassismus setzen. Die Vorfälle sind auch Thema der Freisinger Bischofskonferenz. Laut Ministerpräsident Seehofer ist für solche Vorfälle "null Toleranz der Maßstab in Bayern".

Ein Zeichen setzen – darum geht es den Menschen in Zorneding nach den Morddrohungen gegen ihren Pfarrer. Olivier Ndjimbi Tshiende war daraufhin zurückgetreten. Am 1. April werde der Geistliche eine neue Stelle im Bistum antreten, sagte der Sprecher des Erzbistums München und Freising, Bernhard Kellner. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Volksverhetzung, Bedrohung und Beleidigung gegen unbekannt. Das Bündnis „Bunt statt Braun“ ruft jetzt zur Solidaritätskundgebung. Unter dem Motto: „Rassismus entgegentreten!“ organisiert der Asylhelferkreis eine Lichterkette, die das Rathaus und die beiden Kirchen symbolisch miteinander verbinden soll.

65.000 Menschen unterschreiben Petition

Die Solidarität mit dem Pfarrer ist groß, das zeigt sich vor allem im Netz. Innerhalb eines Tages haben mehr als 50.000 Menschen die Online-Petition „Unser Pfarrer soll in Zorneding bleiben“ unterzeichnet. Doch der Geistliche hatte die Gemeinde bereits verlassen. Die Kirchenleitung rechnet nicht damit, dass er sich umstimmen lässt. Inzwischen haben knapp 65.000 Menschen die Aufforderung unterschrieben.

Schock für Kirchengemeindemitglieder

Ausschlaggebend für den Rücktritt seien „die Erfahrungen der letzten Zeit“, sagte Olivier Ndjimbi Tshiende seiner Gemeinde. Die Situation sei sehr belastend für ihn gewesen. Näheres führte er nicht aus. Der 66 Jahre alte gebürtige Kongolese Ndjimbi-Tshiende hatte die Pfarrei Sankt Martin 2012 übernommen. Das Erzbistum München und Freising hat das Abschiedsgesuch des Pfarrers mit großem Bedauern angenommen, sagte Bistumssprecher Bernhard Kellner. Der evangelische Pfarrer Manfred Groß berichtet, sein katholischer Kollege habe ihm mehrmals erzählt, dass er auch in seiner Zeit vor Zorneding immer wieder wegen seiner Hautfarbe beleidigt worden sei. So schreibt es der Bayerische Rundfunk.

Seehofer fordert „Null Toleranz“

Die bayerische Staatsregierung verurteilte die Morddrohungen scharf. Morddrohungen und rassistische Briefe seien „etwas Abscheuliches und Fürchterliches“, sagte Staatskanzleichef Marcel Huber (CSU).

Wir sind zutiefst betroffen, wie viel Hass und Menschenverachtung sogar bei uns hier in Altbayern möglich sind.

Marcel Huber (CSU), Leiter Bayerische Staatskanzlei

Auch die 21 Bürgermeister des Landkreises Ebersberg, zu dem die 9000 Einwohner zählende Gemeinde Zorneding gehört, solidarisierten sich mit dem Priester. Die oberbayerische CSU-Bezirksvorsitzende Ilse Aigner und der Ebersberger Kreisvorsitzende Thomas Huber erklärten: „Wir bedauern den Rücktritt von Pfarrer Olivier Ndjimbi-Tshiende zutiefst und verurteilen die Umstände, die dazu geführt haben, auf das Schärfste.“ Zugleich verwahrte sich Aigner gegen Vorwürfe, die CSU habe die Eskalation in Zorneding mitzuverantworten.

Wir verwahren uns aber auch gegen Unterstellungen, dass die CSU mit den Drohungen gegen Pfarrer Olivier Ndjimbi-Tshiende in irgendeiner Verbindung steht. Einen solchen Zusammenhang herzustellen, ist böswillig.

Ilse Aigner (CSU), Wirtschaftsministerin

Parteichef Horst Seehofer erklärte, alle Vorgänge seien damals von den Verantwortlichen schon aufgearbeitet worden. Polizei und Justiz müssten alles daran setzen, die aktuellen Vorgänge aufzuarbeiten. „Null Toleranz ist in Bayern der Maßstab“, ergänzte Seehofer.

Ende einer Eskalation

Im Herbst 2015 hatte die ehemalige CSU-Vorsitzende Sylvia Boher im örtlichen Parteiblatt Zorneding Report geschrieben, Bayern werde von Flüchtlingen regelrecht überrannt. Es handele sich um eine Invasion. Migranten aus dem afrikanischen Eritrea nannte sie Militärdienstflüchtlinge. Der Pfarrgemeinderat missbilligte die Äußerungen Bohers auf das Schärfste. CSU-Vize Johann Haindl bezeichnete Ndjimbi-Tshiende daraufhin als „unseren Neger“. Nach massiver Kritik traten Boher und Haindl im November vergangenen Jahres von ihren Ämtern zurück. Haindl legte auch sein Gemeinderatsmandat nieder. Boher ist nach wie vor im Gemeinderat vertreten.

Olivier Ndjimbi-Tshiende ist kein Einzelfall

Auch der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick, der immer wieder gegen Fremdenhass Stellung bezieht, bekommt Todesdrohungen. Schon seit Ende 2014 erhalte er Hasskommentare auf Facebook oder werde in anonymen E-Mails beschimpft und bedroht, sagte eine Bistumssprecherin. Damals hatte sich Schick in einem Kommentar klar von der fremdenfeindlichen Pegida-Bewegung distanziert. Inzwischen passiere so etwas „tagtäglich“. Die Drohungen seien nie konkret, sagte die Sprecherin. Der Bischof wolle sich auch nicht dazu äußern, um dem Ganzen nicht noch mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen. Das Bistum leite die Drohungen an die Polizei weiter. „Die Verfolgung ist jedoch schwierig. Die Urheber sitzen oft auch im Ausland.“

Rassismus ist Thema auf Bischofskonferenz

Bayerns katholische Bischöfe wollen über den Vorfall in der Gemeinde Zorneding auch bei ihrer Frühjahrsvollversammlung sprechen. Das Thema stehe zwar nicht auf der Tagesordnung, betonte ein Bistumssprecher. „Ich gehe davon aus, dass sich Kardinal Marx zum Abschluss der Vollversammlung zu diesem Thema äußern wird“, sagte dessen Sprecher Bernhard Kellner. Beratungen sind unter anderem über die Ökumene und die Unterstützung orientalischer Christen in Bayern geplant. Außerdem befassen sich die Bischöfe auf ihrer Konferenz im Exerzitien- und Bildungshaus spectrum Kirche in Passau mit der Jugendarbeit und der Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt.

Münchens Erzbischof Reinhard Marx ist Vorsitzender der Freisinger Bischofskonferenz. In ihr sind die sieben Diözesen München-Freising, Bamberg, Augsburg, Eichstätt, Passau, Regensburg, Würzburg und aus historischen Gründen auch das Bistum Speyer vertreten. Die Bischöfe und Weihbischöfe kommen zweimal im Jahr zu Beratungen zusammen. Im Herbst ist das Treffen traditionell auf dem Freisinger Domberg, im Frühjahr wechselt es durch die Diözesen.

(dpa/AS)