Die Frist für die Bundesregierung läuft
Der Freistaat lässt eine Antragsschrift für eine Klage gegen die Flüchtlingspolitik des Bundes entwerfen. Zuvor soll jedoch die Bundesregierung Gelegenheit erhalten, auf den Brief Seehofers an Merkel zu reagieren. Justizminister Winfried Bausback erklärt: „Bayern bevorzugt in der Flüchtlingskrise eine politische Lösung."
Verfassungsklage

Die Frist für die Bundesregierung läuft

Der Freistaat lässt eine Antragsschrift für eine Klage gegen die Flüchtlingspolitik des Bundes entwerfen. Zuvor soll jedoch die Bundesregierung Gelegenheit erhalten, auf den Brief Seehofers an Merkel zu reagieren. Justizminister Winfried Bausback erklärt: „Bayern bevorzugt in der Flüchtlingskrise eine politische Lösung."

Bayern treibt die Planungen für eine mögliche Klage gegen den Bund wegen der Flüchtlingskrise weiter voran. In einer Kabinettssitzung am Dienstag bestellte die Staatsregierung Professor Markus Möstl, Lehrstuhlinhaber für Öffentliches Recht an der Universität Bayreuth, als Prozessbevollmächtigten und beauftragte ihn damit, eine Antragsschrift zu entwerfen.

Bayern erwartet schnelle Antwort aus Berlin

Justizminister Winfried Bausback bekräftigte die Haltung der Staatsregierung, dass die Bundesregierung zunächst die Möglichkeit erhalten solle, auf das Schreiben von Ministerpräsident Horst Seehofer an die Bundeskanzlerin vom 26. Januar 2016 zu antworten. „Wir erwarten von der Bundesregierung, dass das Aufforderungsschreiben vom 26. Januar 2016 jetzt so schnell wie möglich beantwortet wird“, sagte Bausback. „Bayern bevorzugt bei den komplexen Fragen der Flüchtlingskrise klar eine politische Lösung. Erst wenn wir die Haltung der Bundesregierung zum Schreiben vom 26. Januar 2016 kennen, werden wir endgültig über die Erhebung einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht entscheiden.“ Ähnlich äußerte sich die CSU-Landesgruppenvorsitzende im Bundestag, Gerda Hasselfeldt. „Dieser Brief wird beantwortet, und es wird auch abgewartet, bis der Brief beantwortet ist.“

In dem Brief an die Bundeskanzlerin hatte Ministerpräsident Horst Seehofer die wesentlichen Forderungen Bayerns zur Begrenzung des Flüchtlingszustroms mitgeteilt. Grundlage für das Schreiben war unter anderem das Rechtsgutachten des ehemaligen Bundesverfassungsrichters Udo Di Fabio. Zu den geforderten Maßnahmen zählen Kontrollen an den deutschen Grenzen und eine jährliche Obergrenze von 200000 Flüchtlingen. Sollte der Bund diese Maßnahmen „nicht unverzüglich“ ergreifen, hatte Seehofer geschrieben, behalte sich „Bayern eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht ausdrücklich vor“. Eine Antwort Berlins auf den Brief liegt laut Auskunft der Staatsregierung bisher nicht vor.

Untätigkeit der Regierung als Klagegrund

Das Kabinett beschäftigte sich zudem mit der Frage, wann die für Bund-Länder-Streitigkeiten zu beachtende Sechs-Monatsfrist zu laufen beginne. Die Kanzlerin hatte am 4. September 2015 die Entscheidung zur Grenzöffnung für Flüchtlinge bekanntgegeben, somit würde die Klagefrist eigentlich bereits am 4. März enden. Geklagt werden kann aber auch gegen Untätigkeit des Bundes – diese Option wählt nun die Staatsregierung. Das rechtliche Argument: Merkels Grenzöffnung sei eine augenblickliche „humanitäre Aktion“ gewesen, sagte Justizminister Bausback. „Es war nicht abzusehen, dass ein Dauerzustand eintreten würde.“ Denn der Bund hat es nach Einschätzung Bayerns anschließend unterlassen, nach Merkels „humanitärer Aktion“ wieder geordnete Verhältnisse an der Grenze herzustellen – und darin liege der eigentliche Verfassungsverstoß. Entscheidend sei, so argumentiert die Staatsregierung, dass der für die Länder verfassungswidrige Zustand erst durch die Verfestigung des Zustroms von Asylbewerbern und die fortdauernde Politik der Bundesregierung, die Grenzen offen zu halten, eingetreten sei.

Klagefrist beginnt mit Schreiben Seehofers

„Mit dem Aufforderungsschreiben der Staatsregierung vom 26. Januar 2016 und den darin genau bezeichneten Forderungen haben wir dem Bund deutlich gemacht, dass Bayern nicht mehr weiter warten wird und spätestens jetzt vom Bund effektive Maßnahmen erwartet. Maßgebliches Verhalten des Bundes ist damit ein Unterlassen“, erläuterte Justizminister Bausback die Position Bayerns. „Nach Auffassung der Staatsregierung beginnt die Frist damit anknüpfend an dieses Schreiben beziehungsweise an eine etwaige Weigerung der Bundesregierung, die Forderungen der Staatsregierung zu erfüllen.“ Deswegen geht das Kabinett davon aus, dass die halbjährige Frist erst mit dem bayerischen Protestbrief gegen die Untätigkeit des Bundes an der Grenze einsetzt – somit würde die Frist auch erst Ende Juli enden.