Macht gern einen auf dicke Hose: Linken-Abgeordneter und Ex-Musikproduzent Dieter Dehm ist auch verdächtig, der Stasi als IM gedient zu haben. Sicher indes ist, dass Dehm seit Jahren den Ex-RAF-Terroristen Christian Klar in seinem Büro beschäftigt. (Foto: Markus Heine/imago)
Ex-RAF-Terrorist

Linke-Abgeordneter beschäftigt Christian Klar im Bundestag

Ex-Staatsfeind im Hohen Haus: Der Linke-Abgeordnete Dieter Dehm beschäftigt den früheren RAF-Terroristen Christian Klar in seinem Abgeordneten-Büro – auf freiberuflicher Basis und offenbar schon seit Jahren. Der Bundestag erklärte unterdessen, er habe dem ehemaligen Terroristen Klar einen Hausausweis verweigert.

Der Bundestagsabgeordnete der Linkspartei, Diether Dehm, beschäftigt den früheren RAF-Terroristen Christian Klar in seinem Bundestagsbüro. „Christian Klar macht als Selbstständiger für einen sehr geringen monatlichen Geldbetrag seit einigen Jahren zu meiner vollen Zufriedenheit technisches Web-Design – ohne jeglichen Einfluss auf Inhalte“, sagte Dehm der Welt.

Unterdessen bestätigte die Bundestags-Verwaltung, dass sie dem ehemaligen RAF-Terroristen Christian Klar einen Hausausweis als Mitarbeiter eines Abgeordneten der Linken verweigert hat. Ein Parlamentssprecher begründete dies mit „Sicherheitsbedenken“. Der Fall beschäftigt inzwischen auch den Ältestenrat des Parlaments. Die CSU nannte es einen „Skandal“, dass ein mehrfach verurteilter Mörder Zugang zum Bundestag bekommen solle.

Ex-Terrorist als persönlicher Gast des Abgeordneten?

Der niedersächsische Linkspartei-Abgeordnete Dehm sagte auch der dpa, Christian Klar gestalte seit mehreren Jahren als freier Unternehmer für ein „kleines Honorar“ seinen Internet-Auftritt. „Christian Klar ist heute ein Bürger wie jeder andere auch. Er hat seine Strafe verbüßt. Und er hat sich seit seiner Haftentlassung nichts zuschulden kommen lassen.“

Aber bereut oder entschuldigt hat sich Klar auch nie für seine Taten. Im Gegenteil: 2001 sagte er auf die Frage, ob er bereue oder Schuldbewusstsein habe: „In dem politischen Raum, vor dem Hintergrund von unserem Kampf sind das keine Begriffe.“ Auch persönlich mache er sich diese Gefühle nicht zu eigen. Erst in seinem Gnadengesuch 2003 schrieb Klar, wenn auch wenig überzeugend nach nur zwei Jahren zu seiner anderen Äußerung: „Selbstverständlich muss ich eine Schuld anerkennen. Ich verstehe die Gefühle der Opfer und bedauere das Leid dieser Menschen.“ Reue ist jedoch für eine vorzeitige Entlassung aus der Haft nicht notwendig, die bei Klar im Dezember 2008 erfolgte.

Und warum aber muss ein Webseiten-Designer einen Hausausweis des Bundestages haben? Dies ist zweifellos eine Arbeit, die auch von zu Hause aus oder von einem anderen Arbeitsplatz aus verrichtet werden kann. Nach Dehms Darstellung hatte Klar den Ausweis beantragt, um im Dezember 2015 an einer Besprechung teilnehmen zu können. Nachdem ihm die Bundestagspolizei den Zugang zunächst verweigert hatte, habe er ihn persönlich an der Sicherheitskontrolle abgeholt und dann in den Bundestag gebracht. Abgeordnete haben das Recht, persönliche Gäste mitzubringen.

Zweite Generation der RAF ist für 34 Morde verantwortlich

Klar gehörte einst zur sogenannten zweiten Generation der Roten Armee Fraktion (RAF). Mehr als zwei Jahrzehnte lang war die RAF in Deutschland der Inbegriff von Terror und Mord. Ihrem „bewaffneten Kampf“ gegen das „imperialistische System“ fielen mindestens 34 Menschen zum Opfer – darunter hohe Repräsentanten von Wirtschaft und Politik. Klar wurde für Beteiligung an neun Morden 1982 zu mehrfach lebenslanger Haft verurteilt.

Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Stephan Mayer (CSU), sprach im Plenum des Bundestags von einem „Skandal“. Wenn der Abgeordnete Dehm einen Mann in den Bundestag hole, der sich des neunfachen Mordes schuldig gemacht habe, verhöhne er die RAF-Opfer.

Stasi-Verdächtiger, Musikproduzent, Abgeordneter für SPD und Linkspartei

Dehm seinerseits darf sogar innerhalb der Linkspartei als schillernde Gestalt gelten. Er wird verdächtigt, als IM für die Stasi gearbeitet zu haben, was er selbst aber bestreitet. Nach Erkenntnissen des Historikers Hubertus Knabe, des Leiters der Stasi-Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, wurde Dehm 1971 als „IM Dieter“, später „IM Willy“, auf Basis persönlicher Überzeugung als IM angeworben.

In seiner Tätigkeit als Liedermacher, Texter und Musikproduzent zeichnete Dehm verantwortlich für Hits wie „Tausend mal berührt“ von Klaus Lage und „Was wollen wir trinken, sieben Tage lang“ der niederländischen Gruppe Bots.

Dieter Dehm gehörte zunächst 33 Jahre lang der SPD an und kam bereits 1994 als Nachrücker für die hessische SPD in den Bundestag. 1998 trat er wegen des Jugoslawien-Krieges aus der SPD aus, wechselte zur PDS/Linkspartei und zog über die niedersächsische Landesliste der SED-Nachfolgepartei 2005 erneut in den Bundestag ein.

(dpa/Welt/wog)