Signal gegen Sozialtourismus
EU-Mitgliedsländer dürfen fremden arbeitssuchenden EU-Bürgern Sozialleistungen verweigern. Das hat heute der Europäische Gerichtshof entschieden. EU-Bürger, die nach Deutschland kommen, nur um Sozialhilfe zu beziehen oder nur zur angeblichen Arbeitssuche, haben keinen Anspruch auf Leistungen der deutschen Grundsicherung, so das Luxemburger Gericht.
EuGh-Urteil

Signal gegen Sozialtourismus

EU-Mitgliedsländer dürfen fremden arbeitssuchenden EU-Bürgern Sozialleistungen verweigern. Das hat heute der Europäische Gerichtshof entschieden. EU-Bürger, die nach Deutschland kommen, nur um Sozialhilfe zu beziehen oder nur zur angeblichen Arbeitssuche, haben keinen Anspruch auf Leistungen der deutschen Grundsicherung, so das Luxemburger Gericht.

EU-Ausländer, die nach Deutschland kommen, um Sozialhilfe zu erhalten, oder deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, erhalten keine Leistungen der deutschen Grundsicherung. Das hat heute der Europäische Gerichtshof (EuGh) in Luxemburg bestätigt und dabei entschieden, dass ein solcher Ausschluss auch bei Unionsbürgern zulässig ist, die sich zur Arbeitssuche in einen Aufnahmemitgliedstaat begeben haben und dort schon eine Weile gearbeitet haben.

Der Aufnahmestaat sei nicht einmal verpflichtet, den jeweiligen Einzelfall zu prüfen, da persönliche Umstände schon durch die Bestimmungen der Unionsbürgerrichtlinie aus dem Jahr 2004 berücksichtigt seien. Dies betreffe, so die Luxemburger Richter, Bürger aus einem anderen EU-Land, die etwa nach Deutschland zur Arbeitssuche einreisen, dort eine Zeitlang Arbeiten und dann arbeitslos werden.

Kurze Gelegenheitsbeschäftigung − kein Anspruch auf Sozialhilfe

Anlass für das Urteil war der Fall einer gebürtigen Bosnierin mit schwedischem Pass und drei in Deutschland geborenen Kindern. Die wohl in Neukölln wohnhafte Frau und eine Tochter waren ein knappes Jahr lang Gelegenheitsbeschäftigungen nachgegangen und seither nicht mehr erwerbstätig. Beide hatten ein halbes Jahr lang Arbeitslosengeld II erhalten, die Mutter für die beiden nicht erwerbstätigen Kinder zudem Sozialgeld. Das Jobcenter Berlin Neukölln stellte dann die Zahlungen mit der Begründung ein, dass die Mutter und ihre älteste Tochter als ausländische Arbeitssuchende, deren Aufenthaltsrecht sich alleine aus dem Zweck der Arbeitssuche ergebe, keinen Anspruch auf diese Leistungen hätten. Auch die beiden jüngeren Kinder wurden von Leistungen ausgeschlossen.
Das EuGh hat nun entschieden, dass es eben nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung von EU-Bürgern verstoße, wenn Aufnahmestaaten sich weigerten, in Fällen wie dem geschilderten „besondere beitragsunabhängige Geldleistungen zu gewähren, die auch eine Leistung der Sozialhilfe darstellen“.

EU-Staaten haben das Recht, ihre Sozialsysteme vor „unangemessener Inanspruchnahme“ zu schützen.

Der EuGh klärt außerdem: Wenn ein Unionsbürger unfreiwillig arbeitslos geworden ist, nachdem er weniger als ein Jahr gearbeitet hatte und sich dem dem zuständigen Arbeitsamt zur Verfügung stellt, behält er sein Aufenthaltsrecht für mindestens sechs Monate und hat während dieses gesamten Zeitraums Anspruch auf Sozialhilfeleistungen. Wenn dagegen ein Unionsbürger im Aufnahmeland noch nicht gearbeitet hat oder der Zeitraum von sechs Monaten abgelaufen ist, darf der Aufnahmemitgliedstaat jedoch jegliche Sozialhilfeleistung verweigern.

Kein automatisches Recht auf Sozialleistungen für EU-Bürger

EU-Bürger haben kein automatisches Recht auf Sozialleistungen, wie sie Bürger des Aufnahmelandes erhalten, heißt das alles. Die Luxemburger Richter heben sogar hervor, dass ein EU-Staat das Recht habe, seine Sozialsysteme vor „unangemessener Inanspruchnahme“ zu schützen. Die Europarichter folgen damit einer Linie, die sie schon im vergangenen November eingeschlagen haben. Im Fall einer vorbestraften, ausbildungslosen Rumänin mit kleinem Kind, die noch nie gearbeitet hatte, entschieden die Richter damals, dass das Jobcenter Leipzig keine Gelder mehr auszahlen müsse.

 Europäische Freizügigkeit heißt nicht, alle Wege führen in die deutschen Sozialsysteme.

Markus Ferber, Schwabens Europaabgeordneter

Die Luxemburger Entscheidung ist ein deutliches Urteil gegen sogenannten Sozialtourismus innerhalb der EU – die Zuwanderung von EU-Bürgern, nur um etwa in „reichen“ Aufnahmeländern wie etwa Deutschland, Großbritannien oder Schweden hohe Sozialleistungen zu beziehen.

„Das Urteil schafft endlich Klarheit für die deutschen Gerichte und verhindert den gezielten Missbrauch der Sozialsysteme in Europa“, lobt denn auch Schwabens Europaabgeordneter Markus Ferber den EuGh-Entscheid. Auch vor dem Hintergrund der aktuellen Flüchtlingskrise sei das ein wichtiges Signal aus Europa. Ferber:  „Europäische Freizügigkeit heißt nicht, alle Wege führen in die deutschen Sozialsysteme.“

Der deutsche Staat darf Bürgern aus einem anderen EU-Land, die nach Deutschland zur Arbeitssuche kommen und hier nicht oder nur kurz arbeiten, Sozialleistungen verweigern. Ferber weiter: „Einen dauerhaften Anspruch hat nach deutschen Recht nur, wer länger als ein Jahr am Stück gearbeitet hat.“ Jetzt sei klar, „die deutsche Regelung verstößt nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung in der EU“.