Russland greift nach der Arktis. Bild: Fotolia/tsuguliev
Arktis

Russlands Griff nach dem Nordpol

Russland hat seinen Anspruch auf einen großen Teil der Arktis bekräftigt. Das Land reichte bei den Vereinten Nationen ein weiteres Gesuch ein, um seine Seegrenzen zu erweitern. Dabei geht es natürlich um die Gewinnung von Rohstoffen.

Russland reichte nach 2001 erneut ein Gesuch bei der UN-Kommission für die Grenzen des kontinentalen Festlandsockels ein. Der Antrag basiere, so das russische Außenministerium, auf zahlreichen Arktis-Expeditionen und schließe eine Unterwasserfläche von 1,2 Millionen Quadratkilometern ein. Russland behauptet, sein Festlandssockel am Meeresboden reiche so weit, dass Moskau sogar den Nordpol beanspruchen dürfe. Es würde Moskau nach eigenen Angaben den Zugang zu 4,9 Milliarden Tonnen fossiler Brennstoffe verschaffen. Das Problem: Auch die anderen Arktisanrainer USA, Kanada, Dänemark (über Grönland) und Norwegen haben Gebietsansprüche angemeldet. Aus Finnland, Schweden und Island könnten weitere Ansprüche angemeldet werden. So beansprucht der russische Antrag auch die zwei ozeanischen Tiefseerücken Lomonossow und Mendelejew, die aber eben auch von Dänemark und Kanada beansprucht werden. Letztlich geht es dabei nur um vermutete riesige Öl- und Gasreserven am Meeresboden in der Region. Mit fortschreitendem Klimawandel innerhalb der nächsten Jahrzehnte könnte das bisher gefrorene Land im Sommer eisfrei sein und eine Ausbeutung daher deutlich erleichtern. Zudem macht das zunehmende Abschmelzen des arktischen Eises die Region auch für den Frachtverkehr zwischen dem Atlantik und dem Pazifik zu einer möglicherweise lohnenden Einnahmequelle und zu einem strategischen Vorteil.

Russlands Flagge platziert

Der Hintergrund: Ansprüche auf Gebiete in der Arktis, die mehr als 200 Seemeilen von der Landgrenze entfernt sind, müssen gemäß der UN-Seerechtskonvention durch wissenschaftliche Daten gestützt werden. In den vergangenen Jahren sammelten russische Forscher bei neun Expeditionen Daten, um die russischen Gebietsansprüche zu belegen. 2007 hatte ein U-Boot eine russische Flagge direkt unter dem Nordpol auf dem Meeresboden platziert. Moskau erhöhte zuletzt auch seine Militärpräsenz in der Arktis. Westliche Vorwürfe einer Militarisierung der Arktis wies das Land zurück. Ein UN-Sprecher erklärte, mit der Prüfung des 2000 Seiten umfassenden Antrags werde im Februar oder März 2016 begonnen.

Invasion der Bohrinseln

Kritiker warnen vor den ökologischen Folgen der Rohstoffausbeutung – beispielsweise durch Ölkatastrophen in der Arktis, wie sie sich zuletzt bei einer Ölplattform der Firma BP im Golf von Mexiko ereignet hatten. Es sei besser, die Arktis zu einem internationalen Schutzgebiet zu erklären und nicht anzutasten. Laut der Umweltschutzorganisation Greenpeace müsse verhindert werden, dass die Region als das „nächste Saudi-Arabien“ betrachtet werde. Es drohe der Region sonst in den kommenden Jahrzehnten eine Invasion von Bohrinseln und Fischereiflotten.

Große Töne

Im April hatten die acht Mitgliedsstaaten des Arktischen Rates noch erklärt, sie wollten sich gemeinsam für Frieden und Stabilität in der Arktis einsetzen. Vertreter Kanadas, der USA, Dänemarks, Finnlands, Islands, Norwegens, Russlands und Schwedens unterzeichneten dafür sogar ein entsprechendes Dokument, in dem sie sich für „konstruktive Zusammenarbeit“ in dieser Hinsicht aussprachen. Die Abkommen des Rates sind jedoch lediglich Empfehlungen und nicht bindend. „Die Menschen in der Region sind unsere größte Priorität“, sagte damals US-Außenminister John Kerry. Bei dem Treffen sprachen die Vertreter der Mitgliedsstaaten unter anderem auch über Wirtschafts-, Umwelt- und Infrastrukturthemen. Deutschland ist als Beobachter im Rat dabei.