Einige Sub-Sahara-Migranten feiern ihre mit Gewalt erzwungene Ankunft in Ceuta, einer spanischen Exklave in Nordafrika. (Bild: Imago/Agencie Efe/Jose M. Rincon)
Ceuta

Mit Gewalt nach Europa

Bei einem neuen Massenansturm afrikanischer Migranten sind mindestens 115 Menschen von Marokko aus in die spanische Nordafrika-Exklave Ceuta gelangt. Am Mittwoch gelang es ihnen, gewaltsam den sechs Meter hohen doppelten Grenzzaun zu überwinden.

Mindestens 115 Menschen sind bei einem neuen Massenansturm afrikanischer Migranten von Marokko aus in die spanische Nordafrika-Exklave Ceuta gelangt. Am Mittwochmorgen sei es ihnen gelungen, gewaltsam den sechs Meter hohen doppelten Grenzzaun zu überwinden, sagte ein Sprecher der Regierungsvertretung in Ceuta der Deutschen Presse-Agentur.

Es gab in den vergangenen Monaten wiederholt gewalttätige Versuche von Migranten, die stark gesicherten spanischen Exklaven Ceuta und Melilla zu erreichen.

Wiederholte brutale Angriffe

Dieses Mal wurden sieben Polizisten bei dem Versuch verletzt, die Migranten abzuwehren. Einer von ihnen so schwer, dass er im Krankenhaus behandelt werden musste, so die Polizei. Der Sturm auf die Exklave wurde dabei davon begünstigt, dass die marokkanischen Sicherheitskräfte in der Region aufgrund der Feiern zum muslimischen Opferfest ausgedünnt waren, wie Sicherheitskreise sagten.

Eine Umarmung mit guten Wünschen für eine baldige Genesung für die sieben Polizisten.

Tweet der Guardia Civil (Zivilgarde)

Die Brutalität der Angreifer kennt dabei kaum noch Grenzen: Die Flüchtlinge griffen die Beamten dieses Mal unter anderem mit Branntkalk an, der beim Kontakt mit der Haut gefährliche Verätzungen verursacht. Insgesamt hätten am Mittwoch 300 Migranten versucht, den Zaun zu stürmen, viele jedoch ohne Erfolg, erklärte der Sprecher der Regierungsvertretung. „Eine Umarmung mit guten Wünschen für eine baldige Genesung für die sieben Polizisten“, twitterte jetzt die spanische Guardia Civil (Zivilgarde). Mit Scheren hätten die Menschen, die aus Ländern in Afrika südlich der Sahara stammen, Teile des Zauns durchschnitten, zitierte die Zeitung El País einen Beamten. „Einige sind über den Zaun geklettert, andere sind durchgestiegen.“ Die Migranten seien dabei „gewaltsam und aggressiv“ vorgegangen. Fünf von ihnen erlitten Schnittwunden.

Bereits am 26. Juli war es mehr als 600 Flüchtlingen an der gleichen Stelle gelungen, Ceuta zu erreichen – der größte Ansturm der vergangenen Jahre. Vier Beamte der Guardia Civil mussten damals behandelt werden, nachdem die Migranten ebenfalls Branntkalk sowie Flammenwerfer eingesetzt hatten.

Mit Gewalt durch den Zaun

Wieso man Angreifer mit einem solchen Gewaltpotential nach Europa lassen sollte, das ist eine Frage, die sich nicht nur in Spanien nun viele Bürger stellen.

Spanien verfügt in Nordafrika über zwei Exklaven, die beide von Marokko beansprucht werden: Ceuta an der Meerenge von Gibraltar und das 250 Kilometer weiter östlich gelegene Melilla. In der Nähe der beiden Gebiete harren Zehntausende Afrikaner auf eine Gelegenheit, in die EU zu gelangen. Auf EU-Territorium gelangen sie oft, indem sie zu Hunderten in die Exklaven stürmen. Seit Jahresbeginn bis zum 15. Juli konnten nach Angaben des Innenministeriums 571 Menschen den doppelten Grenzzaun nach Ceuta überwinden.

Andere Politik lockt Migranten an

Seit der Sozialistenführer Pedro Sánchez am 1. Juni in Spanien den konservativen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy per Misstrauensvotum stürzte, gibt es in Spanien einen „Willkommens“-Kurs bei der Migrationspolitik, der genau wie in Deutschland nur dazu führte, dass die Migrationszahlen stark stiegen. Erstmals seit Beginn der Flüchtlingskrise 2015 landeten mehr Flüchtlinge und andere Migranten in Spanien an als in Italien. Bis August waren es heuer etwa 23.500, mehr als doppelt so viele wie im Vorjahreszeitraum – und mit deutlicher Zunahme seit Juni. Auch deshalb, weil Italien seine Grenzen nun abschottet.

Zeichen setzte Madrid auch mit der Ankündigung von Innenminister Fernando Grande-Marlaska, die umstrittenen scharfen Klingen an den Grenzzäunen von Ceuta und Melilla zu entfernen. Auch dies vermutlich ein Grund für den vermehrten Ansturm. Sánchez tut sich aber auch leicht, denn die meisten Migranten wollen nicht in Spanien bleiben, sondern nach Norden weiterziehen, in Länder wie Deutschland, Frankreich, Großbritannien oder Schweden. Viele befürchten jetzt dennoch ein Anwachsen der ultrarechten Partei Vox in dem Land auf der iberischen Halbinsel.

(dpa/BK)