Deutschland soll elf Milliarden mehr zahlen
Die EU wird kleiner, aber ihr Haushalt wird größer. An diesem Mittwoch wird die Kommission den EU-Finanzrahmen für die Jahre 2021 bis 2028 vorlegen. Weil britische Zahlungen wegfallen, sollen vor allem die deutschen Beiträge massiv steigen.
EU-Haushalt

Deutschland soll elf Milliarden mehr zahlen

Die EU wird kleiner, aber ihr Haushalt wird größer. An diesem Mittwoch wird die Kommission den EU-Finanzrahmen für die Jahre 2021 bis 2028 vorlegen. Weil britische Zahlungen wegfallen, sollen vor allem die deutschen Beiträge massiv steigen.

Deutschland soll künftig jährlich elf bis 12 Milliarden Euro mehr zum Haushalt der Europäischen Union beisteuern. Das verkündete EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger gegenüber dem Fernsehsender ARD in Brüssel. An diesem Mittwoch wird die EU-Kommission ihren ersten Vorschlag über die EU-Finanzplanung für den Zeitraum von 2021 bis Ende 2027 vorlegen.

Brexit-Lücke

Oettingers Vorstellungen laufen auf eine Verdopplung des Nettobeitrages des größten EU-Haushaltszahlers hinaus: Im Jahr 2016 belief sich Deutschlands Nettobeitrag auf knapp elf Milliarden Euro. Bis zu vier Milliarden Euro davon seien notwendig, um die Lücke auszugleichen, die der EU-Austritt des drittgrößten Nettozahlers Großbritannien verursache, so Oettinger. Anderen Berechnungen Oettingers zufolge werden wegen des Brexit jedes Jahr sogar mindestens elf Milliarden Euro im EU-Haushalt fehlen.

Ich erwarte von allen Mitgliedsstaaten Flexibilität.

Günther Oettinger, EU-Haushaltskommissar

2016 belief sich der britische Netto-Beitrag auf 6,27 Milliarden Euro. Frankreich steuert 9,22 Milliarden an Nettobeiträgen bei. Dass das mit 98 Prozent seiner Wirtschaftskraft hochverschuldete Frankreich sichtbar mehr zum EU-Haushalt beitragen könnte, gilt als unwahrscheinlich.

Mehr Entwicklungshilfe: 28 Milliarden

Zur Brexit-Lücke hinzu kommen neue Aufgaben, die die EU übernehmen will, etwa in den Bereichen, Migration oder Grenzschutz. So soll EU-Kreisen zufolge die Personalstärke der EU-Grenzschutzagentur Frontex nach 2020 „mehr als verfünffacht“ werden.

Die EU-Ausgaben für Entwicklungshilfe sollen um 30 Prozent steigen: von 95 Milliarden Euro im noch laufenden Haushaltszeitraum 2014 bis 2020 auf 123 Milliarden für den Siebenjahreszeitraum ab 2021. Oettinger sprach außerdem von zwölf Prozent Inflation in sieben Jahren, die es auszugleichen gelte.

Moderate Kürzungen

Im Agrarbereich kündigte Oettinger moderate Kürzungen an. Die Landwirte müssten bei ihren produktionsunabhängigen Einkünften – also den EU-Förderungen – mit Einschnitten von fünf Prozent rechnen, so der EU-Haushaltskommissar. Weil die Landwirte darum ihre Preise erhöhen dürften, könnten dadurch die Lebensmittelpreise steigen. Oettinger: „Genauso ist das Leben.“

Kritik aus Österreich

Bei den nun beginnenden Verhandlungen über den neuen EU-Haushalt fordert Oettinger von den EU-Mitgliedstaaten Kompromissbereitschaft. Oettinger: „Es wird Kürzungen geben, bei denen viele Länder protestieren, und Mehrausgaben, bei denen die anderen protestieren. Am Ende muss die Entscheidung über den neuen EU-Finanzrahmen im Rat der Staats- und Regierungschefs einstimmig fallen. Oettinger: „Deswegen erwarte ich von allen Mitgliedstaaten Flexibilität.“

Unser Ziel muss sein, dass die EU nach dem Brexit schlanker, sparsamer und effizienter wird.

Sebastian Kurz, Österreichs Bundeskanzler

Erste Kritik kommt aus Österreich. In Wien bezeichnete Bundeskanzler Sebastian Kurz den Kommissionsvorschlag als nicht akzeptabel. Kurz: „Unser Ziel muss sein, dass die EU nach dem Brexit schlanker, sparsamer und effizienter wird.“ Diesem Ansatz trage die Kommission nicht ausreichend Rechnung.