Zeichen der Stärke: Chinas erster Flugzeugträger, die Liaoning. (Bild: Imago/Xinhua/Zha Chunming)
Militärische Expansion

China erobert die Meere

Für den „Umweltschutz“ und die „Meeresforschung“ schüttet China angeblich künstliche Inseln im südchinesischen Meer auf. Scheinheiliger hätte das Reich der Mitte das radikale Durchsetzen seiner höchst fragwürdigen Gebietsansprüche nicht begründen können. Die USA haben Peking nun aufgefordert, die Arbeiten einzustellen – wohl vergeblich.

Die Sicherheitskonferenz in Singapur Ende vergangener Woche glich einem Schmierentheater. Amerikas Verteidigungsminister Ashton Carter hatte genug gesehen. Fotos und Filmaufnahmen von Überflügen eines Aufklärungsflugzeuges über die Atolle nahe der Philippinen ließen keinen Zweifel daran aufkommen, was China vorhat, und womit es bereits begonnen hat: Die Errichtung von militärischen Außenposten, um das südchinesische Meer besser kontrollieren und in großen Teilen für sich beanspruchen zu können.

Ausreden aus der Mottenkiste

Auf den Riffen stehen bereits die Rohbauten mehrstöckiger Gebäude, auch Schiffsanlegestellen und eine Landebahn sind zu erkennen. Carter forderte am Samstag nun die Einstellung der Bautätigkeiten, über die Amerika „sehr besorgt“ sei. Aus Sicht der USA handelt es sich bei dem Gebiet um internationale Gewässer. China wiegelte ab: Es handele sich bei den Landgewinnungsmaßnahmen um eine harmlose Bautätigkeit, von der alle profitieren würden, ließ der stellvertretende Generalstabschef Sun Jianguo wissen. Es gehe nicht nur um chinesische „Verteidigungserfordernisse“, China wolle auch seine internationalen Verpflichtungen besser erfüllen können, sagte der Admiral und verwies unter anderem auf die Seenotrettung, den Katastrophenschutz, die Meeresforschung, Wetterbeobachtung und den Umweltschutz.

Ob die von Carter jetzt angekündigte neue „Seesicherheits-Initiative für Südostasien“ – immerhin 425 Millionen Dollar nehmen die USA dafür in die Hand – für Entspannung in der Region sorgen wird, bleibt abzuwarten. Die Krise dürfte weiter schwelen: Das Problem der überlappenden Gebietsansprüche im Südchinesischen Meer könne „zu einem der tödlichsten Konflikte unserer Zeit, vielleicht sogar der Geschichte“ eskalieren, warnte Malaysias Verteidigungsminister Hishammuddin Hussein auf der Konferenz.

Auch Deutschland hat als Handelsnation großes Interesse daran, dass der Konflikt im asiatisch-pazifischen Raum nicht noch weiter eskaliert. Schließlich ginge die Hälfte des gesamten Güterverkehrs, der über See transportiert werde, durch diesen Raum, verdeutlichte Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen, mit der seit 2007 erstmals wieder ein deutscher Verteidigungsminister den „Shangri-la-Dialog“ besucht hatte.

China will 90 Prozent des Südchinesischen Meeres

Der offene Seeweg für alle könnte durchaus in Gefahr geraten, sollte China seine Ansprüche im Südchinesischen Meer durchsetzen. Diese stützen sich auf eine „Neun-Striche-Linie“ aus dem Jahr 1947“: Historische Aufzeichnungen sollen belegen, dass chinesische Fischer bereits zu Zeiten des Kaiserreichs bis weit in den Süden des Meeres auch an den Atollen entlang unterwegs waren. So kommt es, dass China beinahe 90 Prozent des Meeres als sein Territorium ansieht. Ganz anderer Meinung sind freilich die übrigen Anrainerstaaten Brunei, Taiwan, Malaysia die Philippinen und Vietnam, die ihrerseits Ansprüche auf das Meer und seine Inseln und Atolle erheben.

Die größten Überschneidungen auf der Karte gibt es zwischen Vietnam und China. Nach der Entdeckung von Ölvorkommen hatte China schon 1974 die Paracel-Inseln besetzt und die Vietnamesen von den 130 Koralleninseln vertrieben. Heftig umstritten sind auch heute noch die Spratly-Inseln mit ihren 200 Korallenriffen, Sandbänken und Atollen. Schon 1988 wurden dort bei Gefechten zwischen China und Vietnam mehr als 70 Vietnamesen getötet. Angeblich schütten beide Länder seit Jahren im dem Gebiet Riffe auf, um ihre Ansprüche zu untermauern.

Ein paar Felsen im Wasser

Auch im ostchinesischen Meer wird heftig um ein paar Felsen im Wasser gestritten: China erhebt dort Ansprüche auf Inseln rund 200 Kilometer nordöstlich von Taiwan. Dort werden neben großen Fischbeständen Gas- und Ölvorkommen vermutet. Ein Problem am Rande: Niemand scheint bisher an einer friedlichen Lösung der Grenzkonflikte durch internationale Gerichte interessiert zu sein. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat sich besorgt über den Streit um Inseln und Riffe im Südchinesischen Meer gezeigt. „Wir haben ein Interesse auch als Deutschland im pazifisch-asiatischen Raum, dass das Seerecht eingehalten wird und dass der freie Handel möglich ist“, sagte die CDU-Politikern am Rande der Sicherheitskonferenz in Singapur. Die Europäer könnten mit ihren Erfahrungen zur Konfliktlösung beitragen. „Man hat geübt, miteinander an einem Gesprächstisch zu sitzen und damit auch zu verhandeln“, sagte sie mit Blick etwa auf die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).