Die Linde AG mit Sitz in München möchte durch eine Fusion weiter wachsen. (Bild: The Linde Group)
Linde AG

Per Fusion zurück an die Weltspitze

Die Linde AG will wieder die weltweite Nummer 1 werden: Der Münchner Gas-und Engineering-Konzern bestätigte in dieser Woche Gespräche mit dem US-Rivalen Praxair über einen Zusammenschluss. Zunächst gilt es aber, die Kartellwächter zu überzeugen.

Air Liquide hatte den erfolgreichen Münchnern im Frühjahr gehörig die Laune verhagelt, als die Franzosen für gut 13 Milliarden Dollar das US-Unternehmen Airgas kauften und Linde von der Weltspitze verdrängten. Mit einem Schlag beherrschte Air Liquide auch den amerikanischen Markt für Industriegase, zu denen Sauerstoff, Stickstoff und Argon zählen. Beliefert werden damit vor allem die Öl- und Pharmabranche; ein Riesenmarkt: So machte allein die Linde Group, die mit 65.000 Mitarbeitern in mehr als 100 Ländern vertreten ist, im vergangenen Jahr einen Umsatz von 17,944 Milliarden Euro. In Europa spielen die Bayern nun mit einem Marktanteil von 30 Prozent aber nur noch die zweite Geige (Air Liquide 32 Prozent). In Amerika sind sie nach Angaben des Branchendienstes „Gasworld“ mit 15 Prozent nur noch Dritter – hinter Air Liquide (29 Prozent) und Amerikas Praxair (21 Prozent).

Gespräche mit dem US-Konzern

Jetzt holt Linde zum Gegenschlag aus: „Die Linde AG bestätigt, dass sie sich in vorläufigen Gesprächen über einen möglichen Zusammenschluss mit Praxair, Inc. befindet“, teilte die Konzernzentrale in dieser Woche mit. Die Gespräche würden noch laufen, sie hätten noch zu keinen konkreten Ergebnissen geführt. Sollten sie „erfolgreich fortgesetzt werden, wird Linde den Kapitalmarkt und die Öffentlichkeit entsprechend den rechtlichen Anforderungen informieren“, hieß es.

Strenge Aufsichtsbehörden

Durch die vagen Zeilen klingt hindurch, vor welcher Herkulesaufgabe Linde und Praxair stehen: Eine der härtesten Nüsse, die es zu knacken gilt, dürfte Medienberichten zufolge in der amerikanische Wettbewerbsaufsicht FTC liegen. So zitiert die Wirtschaftswoche Experten, die davon ausgehen, dass die Megafusion nicht bei den Behörden durchgehen werde, sollten Linde und Praxair nicht Teile ihres Geschäfts abgeben. Das hatte dem Bericht zufolge auch Air Liquide bei der Übernahme von Airgas zu spüren bekommen. FTC bestand darauf, einen Firmenteil abzuspalten, um den Wettbewerb beim Handel mit Trockeneis in der Region San Francisco zu wahren.

Obwohl noch lange nichts in trockenen Tüchern ist, feierte die Börse in Frankfurt die Münchner in dieser Woche schon einmal euphorisch. Der Kurs der Linde-Aktie kletterte von 139 auf mehr als 150 Euro. Und die Analysten gehen davon aus, dass es noch deutlich weiter nach oben gehen wird, sollten die Verhandlungen zu konkreten Ergebnissen führen. Von seinem Höchststand im vergangenen Jahr (knapp 200 Euro) ist das Papier derzeit weit entfernt. Im November war es sehr steil nach unten gegangen, nachdem der Konzern seine Mittelfristziele für 2017 anpassen musste. Das angestrebte Ergebnis von 4,5 bis 4,7 Milliarden Euro korrigierte Linde auf 4,2 bis 4,5 Milliarden nach unten. Einer von mehreren genannten Gründen war der anhaltend niedrige Ölpreis.

Einsparungen in Milliardenhöhe

Zusammen mit den Amerikanern dürften die Münchner die sich abschwächende Industrieproduktion besser abfedern können. Nach einem Bericht der Zeitung Die Welt rechnen Analysten der Schweizer Großbank UBS mit Kosteneinsparungen von rund fünf Prozent. Völlig offen ist dagegen noch, ob nach einem Zusammenschluss die Amerikaner oder die Bayern den Ton angeben werden. Beim Börsenwert haben die Amerikaner mit 29,9 Milliarden Euro die Nase vorn (Linde 25,9 Milliarden). Und das obwohl die Deutschen mehr Umsatz generieren. Dass sich die Münchner von ihrem US-Rivalen über den Tischen ziehen lassen werden, gilt jedoch als sehr unwahrscheinlich. Schließlich haben sie reichlich Erfahrung gesammelt, als sie vor zehn Jahren für 15,6 Milliarden Dollar den britische Gaskonzern BOC kauften. Den hätte sich auch gerne Praxair einverleibt. Die Kartellbehörden machten den Amerikanern damals allerdings einen Strich durch die Rechnung.